Cannabis-Verordnungen gehören nicht in allen Apotheken zu den Lieblingsrezepturen. Das hängt mitunter auch mit der Angst vor einer Retaxierung zusammen. Durch die neue Anlage 10 kommen neue Taxierungen und Preisänderungen hinzu. Die Fehlerquellen scheinen hoch. Doch die Bedenken können bei der Beachtung einiger Punkte weichen. Bei einer strukturierten Bearbeitung muss kein Retax drohen.
Apotheker klagen immer wieder über Retaxierungen, das ist bei Cannabis nicht anders. Anfang des Jahres schien es seitens der Krankenkassen vermehrt zu Beanstandungen zu kommen. Teilweise, so berichteten die Inhaber, unangebracht. Es scheint, als würden sich die Krankenkassen ebenfalls schwertun mit der Preisbildung von Blüten, Extrakten und Kapseln. Insbesondere die rückwirkende Inkraftsetzung der neuen Anlage 10 zur Preisbildung von cannabishaltigen Rezepturen könnte in den kommenden Monaten noch für Überraschungen sorgen. Zum 1. März dieses Jahres ist die neue Preisberechnung für Cannabis und entsprechende Zubereitungen in Kraft getreten. Mitgeteilt wurde sie erst vier Wochen später. „Zu kompliziert“, „Zu aufwendig“ und „Nicht mehr rentabel“ waren die ersten Reaktionen seitens der Apotheker.
Um das Taxierungen in den ersten Wochen zu erleichtern, haben die Verbände teilweise mittels Excel-Tabellen eine Übergangslösung geschaffen. Eins bleibt jedoch stehen: Am Ende steht ein niedrigerer Betrag auf der Verordnung, als vor dem Inkrafttreten der neuen Preisberechnung. Doch wer die Berechnung unter zu Hilfenahme der Tabelle durchführt, ist auf der sicheren Seite. In die einzelnen Rezepturprogramme sollte die Preisbildung auch eingepflegt werden.
Auf einem Rezept darf generell nur eine Rezeptur verordnet werden. Das gilt für Muster-16 Rezepte genauso wie für BtM-Verordnungen. In den Erläuterungen zur Vereinbarung über die Vordrucke ist seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) festgelegt, dass pro Rezeptur ein Muster-16-Arzneiverordnungsblatt benutzt werden muss. Die einzige Ausnahme bilden hier Arzneimittel zur parenteralen Anwendung, diese dürfen für einen Bedarf von bis zu sieben Tagen verordnet werden. Der GKV-Spitzenverband teilt zu dieser Fragestellung mit: „Tatsächlich kann beziehungsweise darf der Arzt/die Ärztin je Arzneiverordnungsblatt nur eine ‚Rezeptur‘ verordnen (siehe „Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung“ zu Anlage 2 des Bundesmantelvertrag-Ärzte). Dies gilt auch für die Verordnung von unveränderten Cannabisblüten, Cannabisblüten in Zubereitungen, Extrakten und Dronabinol.“ Diese Vorgabe richtet sich jedoch ausschließlich an die Ärzte, sodass Apotheken bei der versehentlichen Belieferung eines solchen Rezeptes keine Retaxierung nach aktuell geltendem Rahmenvertrag hinnehmen müssen. Generell können Mischungen von Blüten als eine Rezeptur verordnet werden. In der Praxis kommt dies eher selten vor.
Wer das Bedrucken der Sonder-PZN versäumt, dem könnte eine Beanstandung seitens der Krankenkasse drohen. Die Sonder-PZN richtet sich nach der Art der Rezeptur, je nachdem, was verordnet ist, muss eine andere Ziffernfolge aufgedruckt werden. Hier der Überblick:
Auch für Cannabis und Cannabis-haltige Zubereitungen gelten Höchstmengen. Diese sind in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) in § 2 Abs. 1 aufgelistet und beziehen sich auf den Zeitraum von 30 Tagen. Interessant: Bei den Blüten richtet sich die Höchstmenge nicht nach dem eigentlichen THC-Gehalt, sondern nach der Grammzahl. So dürfen Ärzte pro Monat 100 g Blüten – ungeachtet der Sorte – verordnen. Bei Cannabisextrakten zählt der THC-Gehalt: Eine Gesamtmenge von 1000 mg THC darf innerhalb der 30 Tage nicht überschritten werden. Benötigt der Patient eine höhere Dosierung, so kann der Arzt die Verordnung mit einem „A“ kenntlich machen und eine Überschreitung der Höchstmenge tätigen. Legt der Patient mehrere Rezepte gleichzeitig vor, so muss die Apotheke addieren. Denn auch bei mehreren Rezepten oder unterschiedlichen Blüten gelten die Höchstmengen. Auch hier ist die Kennzeichnung zwingend erforderlich.
Immer mal wieder kommt es zu Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Dies kann auch bei Cannabispräparaten vorkommen. Häufig lässt sich der Patient nicht einfach auf eine gerade verfügbare Blüte umstellen, sodass die Apotheker und PTA bemüht sind, den Patienten alsbald zu versorgen. Dann zieht sich der Bestellprozess, egal ob über den Großhandel oder direkt, länger hin als eine Woche. Rechtlich muss das BtM-Rezept innerhalb einer Woche vorgelegt werden. Danach verliert es nicht seine Gültigkeit. Dennoch kann es zur Vermeidung einer Retaxierung sinnvoll sein, eine lückenlose Dokumentation niederzuschreiben. So kann der Apotheker belegen, dass er nicht fähig war das Rezept zügiger zu beliefern. Der Kontrahierungszwang beauftragt den Apotheker unabhängig von der Lieferfähigkeit zu bestellen. Die zur Seite gelegten BtM-Rezepte sollte bereits vor Erhalt der Ware und vor der eigentlichen Bedruckung mit einem Hinweis versehen werden. Auch ein regelmäßiger Austausch mit dem Verordner kann hilfreich sein.
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