Die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ist in vollem Gange, die Erleichterung des Zugangs für Patient:innen mit schweren Erkrankungen zu Medizinalcannabis allerdings nicht in Arbeit. Die Fachverbände fordern daher eine Novellierung der rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Therapie- und Versorgungssicherheit der Patient:innen zu gewährleisten.
Seit 2017 dürfen Ärzt:innen medizinisches Cannabis verordnen, damals trat das „Cannabis als Medizin”-Gesetz in Kraft. Damit wurde schwer erkrankten Patient:innen der Zugang zu medizinischem Cannabis und eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen ermöglicht. Wie in vielen anderen Bereichen auch ist der bürokratische Aufwand dabei nicht unerheblich, die Therapie muss zum Beispiel erst durch die jeweilige Krankenkasse genehmigt werden.
Insgesamt bestehe ein dringender Bedarf an Reformen und Entbürokratisierung, das haben die Erfahrungen aus sechs Jahren Medizinalcannabis in der Praxis gezeigt, so die Fachverbände. Sie haben daher auf der Grundlage des G-BA Beschlusses aus dem März und dem Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Cannabis-Legalisierung aus dem Oktober ein gemeinsames Positionspapier mit fünf Kernforderungen erstellt:
Unterzeichnet haben es diese Verbände:
„Solange der überwiegende Anteil bedürftiger Patientinnen und Patienten nicht über das Gesundheitssystem versorgt wird, begrüßen wir die Möglichkeit des Eigenanbaus. Dieser bietet einigen Patientinnen und Patienten eine Option, um aus der Illegalität herauszukommen,“ so Dr. Franjo Grotenhermen vom ACM zu den Legalisierungsplänen. „Allerdings sehen wir erhebliche Risiken, die mit einer Verdrängung von Patientinnen und Patienten in den Freizeitmarkt verbunden sind. Eine medizinische Therapie sollte durch Ärztinnen und Ärzte durchgeführt werden“, so Grotenhermen weiter.
Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit cannabisbasierten Arzneimitteln dürfe nicht gefährdet werden, so Antonia Menzel vom BPC. „Eine bedarfsorientierte Versorgung mit qualitätsgesichertem medizinischen Cannabis kann nur mit verlässlichen und wettbewerbsfähigen Anbau- und Importstrukturen gesichert werden", so Menzel weiter.
Der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA) setze sich zudem für die Festlegung einer bundesweit anerkannten Identitätsprüfung von Medizinalcannabis ein, so Dr. Christiane Neubaur, „sowie für eine klare und einheitliche Festlegung der mikrobiellen Qualitätsanforderungen von Medizinalcannabisblüten zum Schutze der Patientinnen und Patienten.“ Diese fehlt bislang.
Die Verschreibung von Medizinalcannabis müsse deutlich erleichtert werden, so Dr. Armin Prasch vom Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW). Sonst drohe eine Abwanderung in die unbetreute Selbstmedikation. „Ein großer Schritt in die richtige Richtung wäre die Etablierung einer antrags- und genehmigungsfreien, zeitlich definierten Test-Therapiephase“, so Prasch. „Wenn Deutschland als Standort für Medizinalcannabis wichtig bleiben möchte, brauchen wir Forschungsförderung, wie zum Beispiel die Etablierung eines nationalen, medizinischen Registers für Cannabis und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für nationalen Anbau und Import“, so sein Vorschlag.
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