Medizinal-Cannabis: Doch kein Facharztvorbehalt Hanna Meiertöns, 16.03.2023 14:39 Uhr
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute die Detailregelungen beschlossen, die zukünftig bei der ärztlichen Verordnung von medizinischem Cannabis als GKV-Leistung gelten. Zuvor hatten im Stellungnahmeverfahren viele Akteure Kritik an den geplanten Änderungen geäußert, unter anderem war die Verordnung ausschließlich durch Fachärzt:innen vorgesehen gewesen. Das ist vom Tisch.
„Wir haben heute Regelungen beschlossen, die keine zusätzlichen Anforderungen an die Verordnung von medizinischem Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten stellen, die über die gesetzlich zwingenden und für den G-BA verbindlichen gesetzlichen Verordnungsvoraussetzungen hinausgehen“, so Professor Dr. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA.
Damit wolle man die Patientenversorgung mit dieser zusätzlichen Therapieoption bei schweren Erkrankungen im Bedarfsfall sicherstellen. Die ursprünglich geplanten Änderungen hatten unter anderem den Facharztvorbehalt für Verordnungen und die Genehmigungspflicht für Folgeverordnungen vorgesehen.
Der G-BA ruderte dahingehend aber zurück, im Einzelnen gilt dann Folgendes:
- Genehmigung nur bei Erstverordnung von Cannabis oder grundlegendem Therapiewechsel (zum Beispiel von Extrakt zu Blüten). Folgeverordnungen, Dosisanpassungen oder der Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Form bedürfen keiner erneuten Genehmigung, Bestandsschutz für genehmigte Therapien
- Die Erstgenehmigung darf von den Krankenkassen nur in begründeten Ausnahmefällen versagt werden.
- Cannabis-Verordnungen im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) bedürfen grundsätzlich keiner Genehmigung.
- Im Rahmen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAPV) oder bei Beginn einer Cannabistherapie bereits während einer stationären Behandlung besteht zwar eine Genehmigungspflicht, die Prüffrist der Krankenkassen beträgt hier aber nur drei Tage.
- Kein Facharztvorbehalt für die Verordnung von medizinischem Cannabis, das heißt alle Ärztinnen und Ärzte sind verordnungsbefugt. Dies ist laut GBA vor allem für die Versorgung von Patientinnen und Patienten in der AAPV und der SAPV von erheblicher Bedeutung, weil hier Allgemeinmediziner:innen große Teile der Patient:innenversorgung sicherstellen.
Kritik im Gesundheitsausschuss
Das Stellungnahmeverfahren habe dabei die entscheidenden Erkenntnisse gebracht, gestern gab es auch noch eine Anhörung im Gesundheitsausschuss: Dort ging Johannes Horlemann von der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin ging erneut auf die fehlende Sachkenntnis unter Ärzten ein, aufgrund derer viele Patienten von einer Cannabistherapie ausgeschlossen blieben, weil ihr Arzt das nicht verordnen wolle oder sich damit nicht auskenne.
Auch der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (CVA) beteiligte sich an dem Ausschuss: Demnach würden nur etwa zwei Drittel der Genehmigungsanträge durch die Krankenkassen positiv beschieden, wobei hierfür in den meisten Fällen ein aufwendiges Widerspruchsverfahren durchlaufen werden müsse.
Die neuen Regelungen wurden dahingehend deshalb angepasst. Sie treten in Kraft, wenn das Bundesministerium für Gesundheit ihn rechtlich nicht beanstandet und der G-BA ihn im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.