Die geplante Cannabis-Legalisierung in Deutschland kann kommen. Das Bundeskabinett in Berlin beschloss am Mittwoch den entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Nach dem Beschluss im Kabinett muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat. In der Länderkammer ist es nach Angaben des Gesundheitsministeriums aber nicht zustimmungspflichtig. Mit einem Inkrafttreten rechnet das Ministerium bis zum Jahresende.
Die Pläne sehen vor, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Ab 18 Jahren soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden. Privat sollen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden dürfen. In speziellen Vereinen, sogenannten Cannabis-Clubs, sollen Mitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen. Lauterbach rechnet damit, dass der Preis leicht unter dem des Schwarzmarktes liegen wird. Vor diesem Hintergrund und zu Kontrollzwecken soll auch die Größe der Clubs reglementiert sein. Das Gesetz soll nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen evaluiert werden.
„Das Cannabisgesetz markiert einen Wendepunkt einer leider gescheiterten Cannabisdrogenpolitik“, so Lauterbach. Er sprach von der „besten Legalisierung, die weltweit je gemacht wurde“. Cannabiskonsum sei heute nicht mehr dasselbe wie vor 30 Jahren, es gebe mehr Konsum, höhere Dosen und gefährliche Beimengungen. „Ziel ist, den Schwarzmarkt und die Drogenkriminalität zurückzudrängen, das Dealen mit gestreckten oder toxischen Substanzen einzudämmen und die Konsumentenzahlen zu drücken. Für Jugendliche bleibt der Konsum verboten, für junge Erwachsene soll er nur bedingt möglich sein. „Niemand darf das Gesetz missverstehen. Cannabiskonsum wird legalisiert. Gefährlich bleibt er trotzdem.“
Dass das Gesetz von beiden Seiten angegriffen werde, sei ein gutes Zeichen. Eine komplette Freigabe hätte aus seiner Sicht zu einer Ausdehnung des Konsums geführt. So sei die komplette Freigabe etwa in den Niederlanden ein Fehler gewesen. Insofern begrüße er auch die kontroverse Diskussion um das Gesetz ausdrücklich, weil sie ein Bewusstsein für die Risiken schaffe.
Schon jetzt soll aber die Aufklärungskampagne starten. Den ganzen Herbst über werde man in den sozialen Medien und in Printmagazinen werben, außerdem werde es eine Landingpage geben, auf der man alle Informationen finden werden. Die Mittel werde man aus dem eigenen Haushalt nehmen, sagt Lauterbach, weitere Details verriet er nicht: „Das Geld wird da sein, und mehr ist dazu nicht zu sagen.“
Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken wird in ein eigenes Gesetz überführt. Das Gesetz lehnt sich laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Wesentlichen an die bewährten Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes an. Es bleibe bei der Verschreibungspflicht von Medizinalcannabis. Die Versorgung mit Medizinal-Cannabis für diejenigen Patientinnen und Patienten, die aus gesundheitlichen Gründen darauf angewiesen sind, werde weiterhin sichergestellt.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sprach von einem „bedeutenden Schritt für eine fortschrittliche, realitätsnahe Drogenpolitik“. Das Gesetz sorge für die überfällige Entkriminalisierung der zahlreichen Menschen, die Cannabis lediglich zum Eigenbedarf nutzten, und stärke gleichzeitig endlich den Jugendschutz. „So entziehen wir dem Dealer an der Straßenecke die Geschäftsgrundlage und schaffen mit den Cannabis-Clubs sichere, kontrollierte und legale Zugangsmöglichkeiten zu Cannabis für Volljährige.“ Mit dem Gesetz schaffe man eine Balance zwischen individueller Freiheit und öffentlicher Vorsorge.
Bereits vor der Verabschiedung hatte es erneute Kritik aus der Union und von Verbänden aus Justiz, Polizei und Gesundheitswesen gegeben. Sie warnen vor Gesundheitsgefahren für junge Menschen und vor Mehrbelastungen für Ermittler und Gerichte. Die Bundesregierung verteidigt das Vorhaben mit dem Argument, dass damit der Schwarzmarkt und die organisierte Kriminalität eingedämmt und Gesundheitsgefahren durch mögliche giftige Beimischungen reduziert werden könnten. Außerdem habe trotz des bisherigen Verbots der Konsum zugenommen.
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