Sind die Rezeptangaben geprüft und vollständig, kann die Herstellung der Cannabisrezeptur erfolgen. Doch auch hier gibt es einiges zu beachten: Das passende Abgabegefäß, die Lagerung in der Apotheke bis zur Abholung und der Umgang mit missglückten Rezepturen sind nur einige der Punkte.
Generell können Cannabisrezepturen nur auf einem BtM-Rezept verordnet werden. Neben unverarbeiteten Blüten können verarbeitete Blüten, Extrakte in unverändertem Zustand oder in Zubereitungen sowie Dronabinol-Tropfen oder -Kapseln rezeptiert werden. Je nachdem, was gefordert ist, kann die Rezeptur aufgrund der Herstell-, Prüf- und Dokumentationsschritte zeitaufwendiger sein.
Wie auch bei Teedrogen muss auch bei Cannabis die mögliche Staubentwicklung beachtet werden. Dennoch gilt: Cannabis wird nicht in der Teerezeptur verarbeitet. Apotheken, die häufig Medizinalcannabis verarbeiten haben sich eine „zweite Rezeptur“ geschaffen, wenn der Platz es hergibt, ist dies sicherlich die beste Lösung. Ansonsten gilt: Cannabis sollte im größtmöglichen Abstand zu anderen Rezepturen hergestellt werden. Um Verunreinigungen zu vermeiden, sollte auf die gleichzeitige Herstellung von pädiatrischen Rezepturen verzichtet werden. Auch wichtig: Cannabis kann potentiell allergisierend wirken. Leidet die PTA unter gewissen Pollenallergien oder Asthma empfiehlt sich das Tragen einer FFP3-Maske.
Cannabis muss als Ausgangssubstanz analog zu allen anderen Rohstoffen in der Apotheke vor der Verarbeitung geprüft werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Substanz getrennt und eindeutig gekennzeichnet zu lagern – im Tresor, da es sich bei allen THC-haltigen Substanzen um Betäubungsmittel handelt. Für die Identitätsprüfung von Cannabis gilt seit dem 1. Juni offiziell das Deutsche Arzneibuch (DAB). Darin enthalten ist erstmals auch eine Monographie für eingestellten Cannabisextrakt. Die Blüten werden einerseits makroskopisch geprüft. Hierbei gilt: Die Droge hat die typischen Merkmale einer Vergleichsdroge nachgewiesener Identität. Charakteristisch sind die Haare und das Harz zu erkennen. Olfaktorisch besitzt Cannabis einen charakteristischen Geruch. Darüber hinaus muss die Blüte mittels Dünnschichtchromatographie geprüft werden. Eine genaue Anweisung hierfür findet sich im DAC.
Die Dünnschichtchromatographie bei der Identitätsprüfung der Extrakte erfolgt analog der bei den Blüten: Sowohl Fließmittel wie auch Anforderungen an die DC-Platte sind gleich, lediglich die Referenzlösung unterscheidet sich hinsichtlich der Konzentration. Diese Referenzsubstanzen sind meist teuer und müssen im Gefrierfach gelagert werden. Trotz der kalten Lagerung sind sie nur einen Monat haltbar. Jedoch existieren alternative Identifizierungsmethoden im DAC: Die teuren Referenzsubstanzen werden durch die kostengünstigeren Laufweitenmarker Bornylacetat und Menthol ersetzt. Den Extrakten liegt entweder ein THC-Schnelltest bei (Tilray, Caelo) oder ein Testkit kann zusätzlich bestellt werden.
In vielen Apotheken hält sich das Gerücht, dass gleiche Ausgangsstoffe derselben Charge auch nur einmal geprüft werden müssten. Diese Annahme ist nicht ganz richtig, denn während des Verpackungsprozesses könnte es dennoch zu Etikettierungsfehlern kommen. Schlussendlich ist jeder Ausgangsstoff unabhängig von der Charge zu prüfen.
Was tun, wenn es zu Rezepturfehlern kommt?
Generell gilt: Bei der Verarbeitung von Cannabis darf es herstellbedingt zu Verlusten von bis zu 10 Prozent der eingesetzten Wirkstoffmenge kommen. Um Cannabisblüten ausreichend genau dosieren zu können, müssen sie in der Apotheke nämlich zuvor gemahlen, gesiebt und konfektioniert werden. Bei diesen Herstellschritten kommt es zwangsläufig zu größeren Verlusten. Bei zehn Gramm Medizinalcannabis muss also der Verlust von einem Gramm nicht dokumentiert werden.
Die Dokumentation der herstellbedingten Verluste sollte generell unabhängig von der Größe fortlaufend geführt werden und folgende Punkte enthalten:
Meistens wird pro Cannabisrezeptur ein komplettes Ausgangsstoff-Gefäß verarbeitet, sodass es, anders als bei Methadon & Co., zu keinen Anbrüchen kommt. Demnach kann das oben genannte Verfahren zur Dokumentation entfallen.
Anders sieht es aus, wenn sich herausstellt, dass die Rezeptur aufgrund eines Herstellfehlers nicht abgegeben werden kann. Hier ist der Verlust größer. Viele Apotheken dokumentieren solche „Fehlherstellungen“ zusätzlich im Rahmen ihrer QMS-Tätigkeit. Am Jahresende kann die Gesamtzahl an fehlerhaft hergestellten Rezepturen ermittelt werden. Je nachdem wie hoch der Dokumentationsgrad gehalten wurde, können die Fehlerquellen leicht bestimmt und risikominimierende Maßnahmen eingeleitet werden.
Ausgangsstoffe mit BtM-Status müssen innerhalb der Rezeptur anders behandelt werden. Neben der Lagerung im Tresor ist auch daran zu denken, dass die fertige Rezeptur unter Verschluss gehört. Bei verfallenen Ausgangsstoffen muss auf die korrekte Vernichtung geachtet werden. Im Vernichtungsprotokoll sind mindestens folgende Angaben zu machen: Datum der Vernichtung, Bezeichnung und Menge des Stoffes, Namen der an der Vernichtung beteiligten Personen und deren Unterschriften. Die Vernichtung muss im Sechs-Augen-Prinzip erfolgen. Bei der Abgabe von Dronabinol-Kapseln muss auf das Abgabegefäß geachtet werden. Vorgeschrieben sind Gefäße mit kindergesicherter Schraubkappe mit Druck-Dreh-Mechanismus.
Hergestellt werden die Kapseln aus Dronabinol und palmitoylascorbinsäurehaltigem Hartfett in Kapselgröße eins. Der Ansatz an geschmolzenem Hartfett wird unter Rühren mit palmitoylascorbinsäurehaltigem Hartfett ergänzt und weiterhin erwärmt. Wichtig: Es darf kein Wasser in die Rührmasse gelangen – bei Verwendung eines Wasserbades ist der Ansatz vor Kondenswasser zu schützen. Die Masse wird in eine Spritze aufgezogen, die Kapseln werden zügig ohne lange Unterbrechungen plan gefüllt. Die konkaven Ausbuchtungen nach dem Erkalten dürfen nicht erneut befüllt werden. Ganz genau wäre eine gravimetrische Herstellung. Ein handelsübliches Kapselbrett passt jedoch nicht auf eine Analysenwage – es wäre eine Eigenanfertigung notwendig. Für eine massenbasierte Herstellung auf der Rezepturwaage ist das Füllgewicht zu gering. Nach der Herstellung können die Kapseln erst nach vollständigem Erkalten verschlossen werden, ansonsten zerdrücken die Kapselhälften und die Rezeptur ist nicht abgabefähig.
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