Cannabis-Neuverordnung: Hinweise für die Beratung Cynthia Wegner, 23.03.2023 13:00 Uhr
Das Thema Cannabis rückt immer mehr in den Fokus – nicht zuletzt, wenn es um die Versorgung von chronisch kranken Patient:innen geht. Die Apotheke sollte die wichtigsten Indikationsgebiete von Cannabinoiden kennen, außerdem sollten bei Neuverordnung wichtige Hinweise zur Einnahme und möglichen Nebenwirkungen gegeben werden.
Cannabis-haltige Arzneimittel und Rezepturen werden immer häufiger verordnet. Das Einsatzgebiet umfasst dabei verschiedenste Indikationen. Manchmal dient die Apotheke als erste Anlaufstelle, wenn Patient:innen Informationen rund um das Thema haben wollen. Im Fokus steht bei chronisch Kranken dabei oft, ob sie für eine Therapie mit Cannabinoiden in Frage kommen.
Gemäß Leitlinie kann Cannabis bei verschiedenen Erkrankungen und Erkrankungsbildern zum Einsatz kommen. Bei allen macht man sich die Effekte der Cannabisverbindungen zu Nutze: Sie können sowohl schmerzstillend wie auch appetitanregend, entspannend oder auf neurologischer und psychischer Ebene wirken.
Das Behandlungsspektrum umfasst damit unter anderem:
- chronische Schmerzen
- Tumorschmerzen
- muskuläre Schmerzen
- rheumatische Schmerzen
- neuropathische Schmerzen
- viszerale Schmerzen
- Spastiken bei Multipler Sklerose
- Fibromyalgie
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit/Kachexie
- Übelkeit durch Chemotherapie
- Tourette-Syndrom
Wann können Patient:innen mit Cannabinoiden behandelt werden?
Gemäß § 31 Abs. 6 SGB V ist ein Heilversuch mit Cannabinoiden indiziert, wenn:
- der/die Versicherte an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet
- eine dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, diese mangelhaft wirksam ist oder nicht vertragen wird
- eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht
Die Verordnung von Cannabinoiden erfolgt über ein BtM-Rezept. Grundsätzlich ist auch eine Privatverordnung möglich, falls die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die Kostenerstattung nicht übernehmen. Dann müssen die gesamten Kosten jedoch vom Patienten/von der Patientin übernommen werden.
Therapiebeginn: Finden der richtigen Dosierung
Kommen Patient:innen mit einer Neuverordnung in die Apotheke, so sollte im Beratungsgespräch auf mögliche Nebenwirkungen – vor allem zu Beginn der Behandlung – hingewiesen werden. Dadurch kann in vielen Fällen die Compliance verbessert werden.
Die Nebenwirkungen können durch eine sogenannte Eintitrationsphase so gering wie möglich gehalten werden. Dabei gilt das Prinzip „start low – go slow“: Es soll also mit geringen Dosierungen gestartet und bis zur notwendigen Dosis auftitriert werden. So kann sich der Körper langsam an die Behandlung gewöhnen.
Meist findet eine Dosisanpassung zu Beginn alle paar Tage unter engmaschiger Kontrolle statt, bis der gewünschte Effekt eintritt oder Nebenwirkungen die weitere Dosissteigerung begrenzen. Ist letzteres der Fall, sollte die Dosierung wieder einen Schritt heruntergesetzt werden. Die Einnahmefrequenz ist ebenfalls individuell festzulegen, jedoch sollte ein stabiler Wirkspiegel über den gesamten Tag erreicht werden.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Nicht immer kommen ausschließlich die gewünschten Effekte der Cannabinoide zum Tragen – manchmal empfinden Patient:innen die Wirkungen auch als unangenehm oder gar störend. Zu den häufigsten unerwünschten Effekten gehören:
- Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit, Reaktionsfähigkeit, Feinmotorik und Bewegungskoordination
- Müdigkeit
- Mundtrockenheit
- Tachykardie
- Schwindel
- Blutdruckabfall
- Kopf- und Muskelschmerzen
- Übelkeit, Diarrhoe, Bauchschmerzen
Oft treten die Beschwerden vor allem zu Beginn der Behandlung auf. In den meisten Fällen sind sie nur vorübergehend. Ursächlich für die Nebenwirkungen ist das enthaltene THC. Erfolgt die Ersteinnahme von Cannabinoiden zur Nacht, können unerwünschte Effekte gemindert werden. Auch eine gleichzeitige Einnahme von CBD mit THC kann die Nebenwirkungen reduzieren.