Endlich nicht mehr auf einer Stufe mit Heroin

Cannabis: Medizinischer Nutzen führt zu Neueinstufung

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Berlin -

Seit fast vier Jahren kann Medizinalcannabis nun zulasten der GKV verordnet werden. Die medizinische Wirksamkeit ist bei einigen Erkrankungen gut belegt, in anderen Indikationsgebieten laufen Studien. Genau diese belegte medizinische Wirksamkeit führte dazu, dass die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (Commission on Narcotic Drugs, CND) Cannabis im Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel im vergangenen Dezember herabgestuft hat.

Im Klartext bedeutet das, dass Cannabis noch bis Dezember auf einer Stufe mit anderen Substanzen wie Heroin stand. In der Anlage 4 des UN-Betäubungsmittelabkommens ist Cannabis durch die Neueinstufung nun nicht mehr zu finden. Gerade für den internationalen Handel kann diese Neueinstufung zu mehr Spielraum führen. Doch auch für die Medizin bedeutet sie einen Schritt nach vorne. Denn oftmals haftet der Pflanze noch der alleinige Drogengedanke an. Die zahlreichen medizinischen Wirkungen müssen sich auch knapp vier Jahre nach der Verordnungsfreigabe erst rumsprechen. Der medizinische Gebrauch der Cannabispflanze wird durch die Herabstufung erleichtert werden, urteilen Wissenschaftler und Befürworter des Medizinalcannabis.

Die Herabstufung war seit längerer Zeit ein Projekt der WHO. Ende 2018 hatte eine wissenschaftliche WHO-Arbeitsgruppe der UN empfohlen, sowohl CBD als auch THC im Einheitsabkommen neu zu klassifizieren, gegebenenfalls auch getrennt voneinander. Man müsse beide Substanzen separat betrachten, da sie unterschiedlich wirken. CBD besitzt im Gegensatz zu THC keine (berauschende) psychoaktive Wirkung und sei auch deshalb ungefährlicher. Allgemein sei der medizinische Gebrauch der Cannabispflanze mittlerweile gut belegt, sodass die Versorgung der Patienten durch eine Herabstufung erleichtert werden müsste.

Für den Inhaltsstoff CBD gab es bereits im November vergangenen Jahres Neuigkeiten. Der rechtliche Status der Substanz ist immer noch weitestgehend ungeklärt. Laut Europäischem Gerichtshof kann CBD nicht als Suchtstoff angesehen werden. CBD kann auf zwei unterschiedliche Arten gewonnen werden. Zum einen kann es natürlich aus den Blüten und Fruchtständen der Pflanze gewonnen werden, zum anderen kann der Stoff synthetisch hergestellt werden. Egal nach welchem Verfahren die Verbindung hergestellt wurde – pflanzliches und auch im Labor synthetisiertes CBD fällt nicht unter das BtM-Gesetz.

CBD steht für Cannabidiol. Dieser Inhaltsstoff wird aus den Blüten der weiblichen Cannabispflanze gewonnen, hat jedoch keine psychoaktive Wirkung, da er nur mit geringer Rezeptoraktivität an bestimmte Cannabinoid-Rezeptoren bindet. Der Inhaltsstoff ist dann legal, wenn er aus Nutzhanf gewonnen wird und weniger als 0,2 Prozent THC enthält. Beispielhafte Produkte sind hier CBD-Öl, Gummibärchen und Kaugummis oder Cremes und Gele. Wird CBD nicht aus Nutzhanf, sondern aus Marihuana gewonnen und enthält mehr als 0,2 Prozent THC, muss zwingend eine Verordnung vom Arzt erfolgen.

Viele Mediziner setzen seit langem auf Cannabis. Die einzelnen Inhaltsstoffe haben unterschiedliche Wirkungen. Je nach Indikation ist manchen Patienten besser mit einer THC- oder einer CBD-reichen Sorte geholfen. Auch ausgeglichene Sorten sind am Markt. Bezüglich der Dosisfindung empfehlen die Experten das „Start low, go slow“-Prinzip. Langsames Aufdosieren kann beim Finden der richtigen Dosis helfen. Durch die Neueinstufung durch die UN erhoffen sich Mediziner einen weiteren Fortschritt bei der Verwendung von Cannabisblüten und -extrakten. Bestehende Ängste der Patienten könnten durch eine angemessene Einstufung der Droge abgebaut werden. Nicht selten würden Patienten ihren Arzt fragen, ob sie sich durch die regelmäßige Einnahme nicht in eine Abhängigkeit stürzen würden. Weitere Aufklärung sei ebenso wichtig, wie politische Entscheidungen und Anpassungen, um die Versorgung sicherzustellen, so Experten.

Indikationen für eine Therapie mit Medizinalcannabis gibt es viele. Gerade bei chronischen Schmerzzuständen können Erkrankte von Cannabis profitieren. Wenn starke Schmerzmittel wie Opioide versagen, erfahren Betroffene unter einer Cannabis-Therapie häufig eine erneute Schmerzreduktion. Auch bei Multipler Sklerose und Epilepsie wirkt sich Cannabis positiv auf die Symptomatik aus. Für diese drei Indikationen liegen mittlerweile zahlreiche Studien vor. Auch bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen nach einer Chemotherapie sowie zur Appetitsteigerung bei HIV zeigt die Heilpflanze gute Ergebnisse.

 

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