Zum 1. April wird das Rauchen eines Joints legal – aber viele Fragen sind offen. Das sollten Menschen in Niedersachsen und Bremen zur Legalisierung wissen.
Die einen freuen sich, die anderen erwarten Chaos: Ab Ostermontag wird Cannabis kontrolliert freigeben. Mit dem neuen Gesetz sind vom 1. April an Besitz und Anbau bestimmter Mengen für den privaten Konsum erlaubt. Möglich ist für Erwachsene auch das öffentliche Rauchen von Marihuana in bestimmten Bereichen. Vorgesehen ist, dass Vereinsmitglieder von sogenannten Cannabis-Clubs (Social Clubs) vom 1. Juli an die Droge gemeinschaftlich anbauen dürfen. Das ist der aktuelle Stand in Niedersachsen und Bremen:
Cannabis verschwindet von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz. Wer 18 Jahre und älter ist, darf zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren und draußen maximal 25 Gramm mit sich führen. Es geht explizit um den Eigengebrauch. Weitergabe und Verkauf bleiben verboten. Zu Hause – nicht im Kleingarten – dürfen außerdem drei Pflanzen angebaut werden. Wo es nicht explizit verboten ist, darf gekifft werden. Bundesweit soll es jedoch in einigen Bereichen nicht gestattet sein, einen Joint zu rauchen. Das gilt etwa an Schulen, Spielplätzen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen. Auch im Umkreis von 100 Metern um den Eingangsbereich ist der Konsum tabu. Von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr soll Cannabis zudem in Fußgängerzonen verboten sein.
Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums muss noch abschließend geklärt werden, welche Ordnungsbehörde für die vorgesehenen Kontrollen zuständig ist. Ob es mehr Kontroll- und Überwachungstätigkeiten durch die Polizei gibt, werde sich demnach erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zeigen.
Nach dem Gesetz gibt es dafür nur zwei Möglichkeiten: Man baut selber Cannabis mit bis zu drei Pflanzen an. Oder man wird Mitglied in einem Anbauverein, wo Cannabis vom 1. Juli an in größeren Mengen angepflanzt werden darf. Aber bis die Pflanzen Blüten treiben, ob zu Hause oder im Verein, vergeht Zeit. Das heißt: Auch mit der Legalisierung zum 1. April blüht zunächst weiterhin der Schwarzmarkt.
Der Konsum von Cannabis wird in einigen Fällen auch in Gaststätten und anderen Einrichtungen erlaubt sein. Zwar gilt das Rauchverbot im Nichtraucherschutzgesetz des Landes laut Gesundheitsministerium auch für das Rauchen eines Joints mit Cannabis. Das Verdampfen von Cannabis, beispielsweise in einem sogenannten Vaporizer oder einer Wasserpfeife, fällt jedoch ebenso wenig darunter wie das Dampfen von E-Zigaretten. Restaurantbetreiber können in ihrer Gaststätte allerdings auch das Dampfen verbieten.
Anbauvereine sind Clubs für Erwachsene, in denen künftig bis zu 500 Mitglieder Cannabis anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben dürfen. Die Clubs dürfen nicht kommerziell sein und brauchen eine Erlaubnis. Werbung und Verkauf sind verboten, auch der Cannabis-Konsum direkt vor Ort.
Nach Angaben des Deutschen Hanfverbands gibt es derzeit noch keine konkreten Zahlen, wie viele Anbauvereine in Niedersachsen und Bremen existieren. So gebe es viele Initiativen in verschiedenen Stadien, von losen Netzwerken bis hin zu eingetragenen Vereinen.
Der Verband Mariana Cannabis Social Clubs Deutschland teilte mit, er betreue Clubs in Städten wie Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Wolfsburg. Nach eigenen Angaben gibt es in Niedersachsen knapp 3000 Mitglieder. Auch im kleinsten Bundesland Bremen gibt es Clubs.
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wird die Einrichtung von Modellprojekten zur Abgabe von Cannabis in lizenzierten Geschäften erwähnt. Diese zweite Säule hängt aber vorerst in der Warteschleife. Wegen europarechtlicher Hürden ist die Ampel von diesem ursprünglichen Ziel abgewichen und hatte angekündigt, Produktion, Vertrieb und Verkauf in speziellen Geschäften durch Unternehmen erst einmal nur regional und zeitlich begrenzt in Pilotprojekten zu erproben. Konkrete Pläne dafür liegen aber bis heute nicht vor.
Nach Angaben der Sprecherin der Landeshauptstadt hat Hannover Interesse, an den regionalen Modellprojekten teilzunehmen. Allerdings gebe es zurzeit keine Informationen, wann sich Großstädte dafür bewerben könnten und in welchem Zeitraum das Modellprojekt durchgeführt werden soll. In Braunschweig und Oldenburg hingegen ist eine Teilnahme vorerst nicht geplant.
Auch wenn das Gesetz den Bundesrat passiert hat, gibt es weiterhin Bedenken aus den Reihen der niedersächsischen Landespolitik. Nach Einschätzung des Innenministeriums wird die Freigabe die Polizei vor Herausforderungen stellen. Es sei zu erwarten, dass Unfälle mit Bezug zu Cannabis-Konsum im Straßenverkehr zunähmen, teilte das Ministerium mit. Es sei außerdem „unwahrscheinlich, dass der lizenzierte Verkauf von Cannabis zur Eindämmung des Schwarzmarktes führen wird“. Vielmehr werde das Gesetz den illegalen Handel mit der Droge massiv erleichtern und dessen Attraktivität kaum schwächen.
Bedenken äußerte nach wie vor auch das Justizministerium, insbesondere mit Blick auf die zusätzliche Belastung für die Strafjustiz durch die Prüfung bestehender Verfahren. „In Niedersachsen müssen etwa 16.000 Akten durch unsere Staatsanwaltschaften händisch ausgewertet werden“, teilte ein Sprecher mit. Diese Prüfung sei ein sehr aufwendiger Prozess.
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