Die Hansestadt Hamburg hat ihre erste Cannabis-Anbauvereinigung. Das Bezirksamt Altona habe dem „High End Social Club“ mit einer geplanten Mitgliederzahl von rund 500 Personen die notwendige Erlaubnis erteilt, sagte ein Sprecher des Bezirksamts der Deutschen Presse-Agentur. Die Vereinigung habe ihren Antrag Anfang Juli eingereicht – und die sieben Jahre gültige Genehmigung nach einer umfassenden Prüfung sowie Nachforderungen von Unterlagen am 10. Oktober auch erhalten.
„Dass nun die erste Erlaubnis für eine Cannabis-Anbauvereinigung vorliegt, ist das Ergebnis hervorragender Zusammenarbeit“, sagte Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg. Auf städtischer Seite sei es gelungen, in kurzer Zeit funktionierende Strukturen für das neue Gesetz aufzubauen. Das sei ein großer Kraftakt gewesen. Die Senatskanzlei habe wiederum dafür gesorgt, dass ein entsprechender Online-Dienst schnell an den Start gegangen sei. „Denn als Verwaltung ist uns wichtig, dass bei dieser neuen Thematik direkt die Chance ergriffen wird, Digitalisierung im Bereich des Antragsverfahrens mitzudenken.“
Seit dem 1. April dürfen Volljährige unter Auflagen legal kiffen. Seitdem erlaubt ist auch der Anbau von bis zu drei Pflanzen gleichzeitig in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Mit einer Erlaubnis in der Tasche können seit dem 1. Juli zudem nichtkommerzielle Anbauvereinigungen mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen. In den Clubs können Erwachsene Cannabis gemeinsam anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben. Ein Anbau zu gewerblichen Zwecken ist – abgesehen von Medizinalcannabis – nicht erlaubt.
Die Genehmigungen für die Anbauvereinigungen werden nicht in jedem Bundesland erteilt. In Bayern müssen sich Interessenten weiter gedulden. Auch drei Monate nach den ersten Anträgen gibt es hier noch keine einzige Erlaubnis. Inzwischen lägen dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 26 Anträge vor, sagte ein Sprecher der Behörde. Genehmigt sei bislang keiner. Die bayerische Staatsregierung von CSU und Freien Wählern hatte aber schon vor der Teillegalisierung angekündigt, Anträge besonders genau und intensiv prüfen zu wollen und die Vorschriften maximal restriktiv auszulegen.
In anderen Ländern wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern wurden erste Genehmigungen dagegen schon erteilt.
Für eine Erlaubnis benötigen Betreiber der Anbauvereinigungen unter anderem spezielle Schulungen zum Präventionsbeauftragten. Die Schulungen, die aus zwei Online-Workshops und einem Präsenzseminar bestehen, bietet das LGL erst seit September an. Inzwischen haben laut der Behörde 27 Teilnehmer die erste Schulung absolviert. Die nächsten Termine sollen Ende Oktober und Anfang November stattfinden.
„Das ist eine reine Verzögerungstaktik“, kritisiert der Vorsitzende des „Chillout Clubs“ in Aschheim bei München, Wenzel Cerveny. Er ist der wohl bekannteste Club-Vorsitzende in Bayern, weil er mit viel Energie und auch ein bisschen Freude für sein Recht kämpft, für die Mitglieder seines Clubs Cannabis im größeren Stil anzubauen. An den bisherigen Schulungen hätten im Raum München 15 und im Raum Würzburg weitere 15 Teilnehmer dabei sein können. Das sei „natürlich eine Lachnummer“ im Vergleich beispielsweise zu Schulungen der Industrie- und Handelskammer. „Die einzigen Profiteure sind bislang Online-Apotheken – und der Schwarzmarkt.“
Bevor die Anbauvereinigungen grünes Licht bekommen, sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums auch unangekündigte Vor-Ort-Begehungen nötig. Bisher hat laut LGL aber noch keine dieser Kontrollen stattgefunden. Das Genehmigungsverfahren in Bayern sei „auf Prävention ausgerichtet“, hatte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) im Vorfeld betont. Auch nach einer Erlaubnis werde jede Anbauvereinigung einmal pro Quartal vor Ort kontrolliert, bei Bedarf auch häufiger.
Einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zufolge beobachten 31 Prozent der Deutschen seit der Legalisierung in ihrem Alltagsumfeld mehr Konsum von Cannabis. Eine knappe Mehrheit von 55 Prozent hält die Legalisierung rückblickend für falsch. 37 Prozent der erwachsenen Bundesbürger finden sie richtig. 8 Prozent der mehr als 2100 Befragten waren in dieser Frage unschlüssig oder machten keine Angaben.
APOTHEKE ADHOC Debatte