Die Genehmigung der Krankenkasse ist bislang in der Regel bei der ersten Verordnung von Cannabisprodukten erforderlich; bei Folgeverordnungen nur bei einem Produktwechsel. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat nun festgelegt, unter welchen Qualifikationen der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes die Genehmigungspflicht der Krankenkasse entfällt. Auch Allgemeinmediziner wurden mit aufgenommen.
Im Januar hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den GBA beauftragt, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) anzupassen. Fachverbände hatten dies zwar grundsätzlich begrüßt, kritisierten jedoch, dass Allgemeinmediziner bei der geplanten Regelung nicht berücksichtigt wurden.
Das Ergebnis: Gelistet sind insgesamt 16 Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen sowie fünf Zusatzbezeichnungen – Palliativmedizin, Geriatrie, medikamentöse Tumortherapie, Schlafmedizin und spezielle Schmerztherapie. Neben zehn Fachärzt:innen für Innere Medizin plus Zusatzbezeichnung entfällt die Genehmigungspflicht für Fachärzte folgender Schwerpunkte:
Bei Ärztinnen und Ärzten, die diese Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung führen, geht der G-BA davon aus, dass sie die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung abschließend einschätzen können. Bestehen dennoch Unsicherheiten, können auch diese Vertragsärztinnen und Vertragsärzte eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen.
Der Beschluss tritt in Kraft, wenn das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ihn innerhalb von zwei Monaten rechtlich nicht beanstandet und der G-BA ihn im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.
„Wir haben uns die Umsetzung des gesetzlichen Auftrages nicht leicht gemacht: Also die Frage zu beantworten, bei welcher ärztlichen Qualifikation der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse für eine Cannabis-Verordnung gänzlich entfallen kann“, bestätigt Professor Josef Hecken. Er ist unparteiischer Vorsitender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel. Zum ursprünglichen Beschlussentwurf haben den Bundesausschuss „gute und wichtige Rückmeldungen“, die sich auch im jetztigen Beschluss wiederfinden.
„Um Unklarheiten zu vermeiden, werden keine bestimmten Krankheitsbilder genannt, da der Genehmigungsvorbehalt eben nicht nur dort entfällt. Zudem ist bei den nun gelisteten Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen eine Zusatzweiterbildung nicht zwingend notwendig. Aus meiner Sicht haben wir insgesamt eine ausgewogene Lösung gefunden. Ohne Einbußen bei der Patientensicherheit verringert sich der bürokratische Aufwand erheblich“, erklärt Hecken.
Grundsätzlich gilt: Medizinisches Cannabis kann nur dann verordnet werden, wenn andere verfügbare Behandlungen, die den Krankheitsverlauf oder schwerwiegende Symptome positiv beeinflussen könnten, nicht wirksam sind und eine positive Wirkung von Cannabisarzneimitteln zu erwarten ist. Im Einzelfall kann die Krankenkasse diese Voraussetzungen anders bewerten als die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Daher können auch ausreichend qualifizierte Ärztinnen und Ärzte eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen, um einem Regress vorzubeugen. Eine solche Genehmigung beinhaltet jedoch keine abschließende Prüfung, ob eine wirtschaftlichere Auswahl des Cannabisprodukts möglich gewesen wäre.
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