Seit einigen Jahren erst darf Cannabis auf Rezepten verordnet werden. Zwar steigen die Verordnungszahlen, doch Blüten, Extrakte & Co. gehören nur in wenigen Apotheken bisher zum Rezepturalltag. Tetrahydrocannabinol fällt unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sodass viele Vorgaben beachtet werden müssen. Darüber hinaus dürfen auch nicht alle Ärzte Medizinalcannabis verschreiben. Auch beim Umgang mit den Substanzen muss einiges beachtet werden. Hier ein Überblick:
Wer darf wann verschreiben?
Generell darf jeder niedergelassene Arzt, unabhängig seiner Fachrichtung, Medizinalcannabis verschreiben. Ausgenommen sind Zahn- und Tierärzte. Humanmediziner dürfen auch unabhängig davon, ob sie eine Kassenzulassung besitzen oder nicht cannabishaltige Rezepturen verordnen. Zu Lasten der GKV kann das Rezept jedoch nur bei Vertrags- und Krankenhausärzten abgerechnet werden. Strenge Indikationsrichtlinien existieren aktuell nicht. Insofern der Arzt in der Therapie mit THC und CBD einen Behandlungserfolg vermutet, dürfen Cannabis-Rezepturen bei jeder schwerwiegenden Erkrankung verordnet werden. Liegt dieser Fall vor und existieren keine anderen Therapieoptionen, so hat der Patient einen gesetzlichen Anspruch auf eine Cannabistherapie. So heißt es in § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung:
„Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon […].“
Bei der Erstverordnung muss die Apotheke den Patienten darauf hinweisen, dass die Therapie von der Krankenkasse zunächst genehmigt werden muss. Für eine Antwort hat die jeweilige Kasse mitunter nur drei Tage Zeit. So heißt es zur Kostenübernahme weiter:
„Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet […] der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b […] ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden.“
Wieviel darf verschrieben werden?
Da es sich bei cannabishaltigen Substanzen um Betäubungsmittel handelt, darf der verschreibende Arzt nur definierte Höchstmengen pro Verordnungszeitraum abgeben. Die Höchstmengen sind im §2 der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) festgelegt. So heißt es im Gesetzestext:
„Für einen Patienten darf der Arzt bis zu zwei der folgenden Betäubungsmittel unter Einhaltung der nachstehend festgesetzten Höchstmengen: innerhalb von 30 Tagen verschreiben: Cannabis in Form von getrockneten Blüten: 100.000mg; Cannabisextrakt (bezogen auf den ∆9-Tetrahydrocannabinol-Gehalt): 1.000 mg, Dronabinol 500 mg.“
Benötigt der Patient eine höhere Dosierung, so kann der Arzt die Verordnung mit einem „A“ kenntlich machen und eine Überschreitung der Höchstmenge tätigen. Legt der Patient mehrere Rezepte gleichzeitig vor, so muss die Apotheke addieren. Denn auch bei mehreren Rezepten oder unterschiedlichen Blüten gelten die Höchstmengen.
Was muss bei der Prüfung und Herstellung beachtet werden?
Generell müssen Betäubungsmittel unter Verschluss gelagert werden. Auch die fertigen Rezepturen und Referenzlösungen müssen nach § 15 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) gesondert und gesichert gegen eine unbefugte Entnahme gelagert werden. Neben abschließbaren Schränken kommen auch abschließbare Räume in Frage.
Bei der Prüfung des Rezeptes ist es nur einmalig notwendig die Therapie pro Produktgruppe bewilligen zu lassen. Bis zur optimalen Dosierung kann es notwendig sein, dass der Patient verschiedene Blüten oder THC-CBD-Verhältnisse ausprobieren muss. So besagt § 31 Abs. 6 SGB V Satz 3, dass ein [...] „Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität, […] keiner erneuten Genehmigung“ [...] bedarf“. Somit darf innerhalb der jeweiligen Produktgruppen „Blüten“ und „Extrakte in standardisierter Qualität“ ohne Einholung einer neuen Genehmigung zwischen den Produkten gewechselt werden. Zu Extrakten in standardisierter Qualität gehören neben den Vollspektrumextrakten auch Dronabinol.
Sonder-PZN
Bei Cannabisrezepturen muss die entsprechende Sonder-PZN der Anlage 1 der Technischen Anlage gemäß § 300 SGB V verwendet werden. Ohne Sonder-PZN droht ein Retax. In der Anlage wird auch die Sonder-PZN für die BtM-Gebühr aufgeführt. Diese wird im Anschluss an die verordneten Mittel das in das Feld „Arzneimittelkennzeichen“ eingetragen. Sie lautet: 02567001. Im Feld „Gesamt-Brutto“ wird die BTM-Gebühr hinzuaddiert.
Ausgangsstoffprüfung
Cannabis, Vollspektrumextrakte und Dronabinol sind Rezeptursubstanzen, die vor der Herstellung auf Identität geprüft werden müssen. Zum Nachweis von THC und CBD wird eine Dünnschichtchromatografie (DC) durchgeführt. Die Prüfvorschrift findet sich im DAC. Wer die vergleichsweise teuren Referenzsubstanzen nicht benutzen möchte, kann auf Menthol und Bornylacetat R umschwenken. Diese alternative Referenzlösung sollte nur benutzt werden, wenn der zuständige Pharmazierat die Erlaubnis erteilt hat. Bei Nutzung von Immunassay Teststreifen oder anderen Schnelltests dürfen nur zugelassene und validierte Produkte verwendet werden.
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