Cannabis als Add-On Alexandra Negt, 03.01.2022 10:53 Uhr
Medizinisches Cannabis wird häufig bei chronischen Erkrankungen wie anhaltenden Schmerzzuständen eingesetzt. Die betroffenen Patient:innen nehmen häufig eine Vielzahl von Medikamenten ein. Durch die zusätzliche Einnahme einer Cannabis-Rezeptur kann die Medikamentenlast deutlich gesenkt werden. In einer aktuellen Beobachtungsstudie zeigt der Cannabis-Hersteller Tilray auf, dass Blüten oder Extrakte als Add-On die sonstigen Arzneimitteleinnahmen signifikant reduzieren können.
Indikationen für eine Therapie mit Medizinalcannabis gibt es viele. So kommt Medizinalhanf beispielsweise bei Multipler Sklerose und Epilepsie zum Einsatz. Für diese zwei Indikationen liegen mittlerweile mehrere Studien vor. Auch bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen nach einer Chemotherapie sowie zur Appetitsteigerung bei HIV zeigt die Heilpflanze gute Ergebnisse. Haupteinsatzgebiet bleibt aber aktuell die Behandlung von chronischen Schmerzen. Wenn starke Schmerzmittel wie Opioide keinen ausreichenden Therapieerfolg mehr zeigen, erfahren Betroffene unter einer Cannabis-Therapie häufig eine erneute Schmerzreduktion. Doch auch zur Dosisreduktion der Analgetika trägt Cannabis bei.
Bei immer mehr Erkrankungen zeigt Cannabis eine Wirksamkeit – die Studienlage ist nicht bei allen Erkrankungen in großem Umfang gegeben, sodass die Behandlungserfolge oft auf Erfahrungen aus der Praxis beruhen. Weltweit laufen zahlreiche Studien in verschiedenen Indikationsgebieten, deren Ergebnisse mit Spannung erwartet werden.
Weniger Schmerzmittel bei Cannabis-Einnahme
Tilray als langjähriger Hersteller von Cannabisblüten und Vollspektrum-Cannabisextraktenkonnte in einer umfangreichen Beobachtungsstudie mit über 1100 Patient:innen bereits zeigen, dass die Einnahme von Cannabisrezepturen die Medikamentenlast bei vorerkrankten Patient:innen signifikant senken kann. Sowohl die Dosierung und Einnahme von Opioiden als auch von Nicht-Opioiden konnten deutlich reduziert werden. Auch die Einnahme von Antidepressiva, Antikonvulsiva und Benzodiazepinen konnte verringert werden. Während zu Studienbeginn beispielsweise 28,1 Prozent der Teilnehmer:innen angaben, Opioide einzunehmen, so waren es nach sechs Monaten unter medizinischer Cannabistherapie nur noch 11,3 Prozent. Im Mittel verringerte sich die täglich eingenommene Opioiddosis dabei von 152 mg auf 32,3 mg (Morphin-Milligramm-Äquivalent).
Bei den Nicht-Opioiden zeigte sich ein ähnliches Bild. Hier nahmen zu Beginn der Studie 21,6 Prozent der Patient:innen Ibuprofen & Co. ein. Nach sechs Behandlungsmonaten mit Cannabis waren es 7,7 Prozent, die noch NSAID einnahmen. Innerhalb der Gruppe der Antidepressiva sank die Zahl von 16,4 Prozent zu Beginn auf 10,1 Prozent in Monat sechs. Bei den Antikonvulsiva war ein Rückgang von 16 Prozent auf 10,6 Prozent zu verzeichnen und innerhalb der Gruppe der Benzodiazepine von 6,7 Prozent auf 3,1 Prozent.
Gesteigerte Lebensqualität durch Cannabis
Tilray konnte innerhalb der Beobachtungsstudie zudem zeigen, dass sich die Lebensqualität der Patient:innen statistisch signifikant verbesserte. Die Steigerung der Lebensqualität wurde in den Bereichen physische Gesundheit, psychische Gesundheit, soziale Beziehung und Lebensumstände vorgenommen. In allen vier Bereichen wurden innerhalb der ersten sechs Monate der Behandlung mit Cannabis signifikante Verbesserungen festgestellt.
Von den über 1100 Patient:innen waren 57,6 Prozent weiblich und 42,4 Prozent männlich. Im Mittel waren die Teilnehmer:innen 52 Jahre alt. Die Hauptsymptome waren chronischer Schmerz (915 Personen) und Schlaflosigkeit (384Personen).