Cannabis-Plattform

Bloomwell: „Apothekenunkraut ist doch viel zu teuer“ Katharina Brand, 03.08.2024 08:37 Uhr

Rapper Xatar ist das prominenteste Werbegesicht von Bloomwell. Collage: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Bloomwell verspricht: In fünf Minuten kann man Cannabispatient werden. Beworben wird dieses Konzept insbesondere von Rappern in den Sozialen Medien. Allen voran: der umstrittene Künstler Xatar. Nicht nur für diese Kooperation wird Bloomwell kritisiert.

„ANSAGE!!“, appelliert Xatar – bürgerlich Giwar Hajabi – unter seinem neusten Kurzvideo auf Instagram. Populär wurde er nicht nur durch seine Musik, sondern auch durch eine Verurteilung wegen Goldraubs im Jahr 2009. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 2015 setzte Xatar seine Musikkarriere bis heute erfolgreich fort.

Auf seinem Account „Goldmann“ folgen ihm rund eine Millionen Follower:innen. Hier wirbt er auch für Bloomwell. „Ich glaube selber nicht, was ich gerade erzähle“, erklärt er. „Paranoia“, im Urlaub mit Cannabis erwischt zu werden oder beim ansässigen Dealer minderwertige Ware zu kaufen, gehöre der Vergangenheit an. Als Bloomwell-Patient:in könne man Cannabis in alle Schengenstaaten einführen und „problemlos am Strand einen rauchen.“ Xatar betont: „Werd‘ Patient, es ist komplett legal.“ Einen Link zu Bloomwell finden seine Follower:innen auf seinem Profil.

Bloomwell

Niklas Kouparanis vertreibt mit drei weiteren Gesellschaftenden der 2020 gegründeten Bloomwell-Gruppe medizinisches Cannabis. Seit Mitte Juni sind die Dienste „Algea Care“ und „Grüne Brise“ unter dem gemeinsamen Namen Bloomwell miteinander vereint. Neben dem Verkauf wird über die Webseite auch Kontakt zu Ärzten der Telemedizin-Tochter „Algea Care“ vermittelt, über die entsprechende Verordnungen ausgestellt werden. Partnerapotheken versenden das vom Bloomwell-Großhändler Ilios Santé bezogene Cannabis dann direkt an die Patienten – via Cannabis-Apotheken-Plattform „Grüne Brise“.

Mit diesem Konzept umgeht Bloomwell die herkömmliche Struktur, die einen Arzt- und Apothekenbesuch beinhaltet. Immerhin darf laut § 10 Heilmittelwerbegesetz nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden. Für Arzneimittel, die psychotrope Wirkstoffe wie Cannabis mit der Gefahr der Abhängigkeit enthalten und bei Schlaflosigkeit, psychische Störungen oder zur Veränderung der Stimmungslage eingesetzt werden, darf außerhalb der Fachkreise eigentlich nicht geworben werden.

Redaktionell nicht verantwortlich

„Dieses Apothekenunkraut da, das ist doch viel zu teuer“, heißt es in einem Bloomwell-Werbeclip des Rappers „fgunshaki“, der auf Instagram kursiert. Anders als beim Dealer komme man schnell und zuverlässig an sein Cannabis. Hierbei sieht sich Bloomwell selbst nicht als moderner Dealer. „Das Video zeigt unserer Ansicht nach, dass Patient:innen mit chronischen Beschwerden eben nicht auf den illegalen Markt ausweichen müssen und sollten“, erklärt Moritz Förster, zuständig für Public Relations bei Bloomwell. „Ein Großteil der Menschen, die illegal Cannabis erwerben und konsumieren, macht dies aus gesundheitlichen Gründen. Wir plädieren dafür, dass diesen Menschen der Zugang zur ärztlich begleiteten Therapie ermöglicht wird“, stellt Förster klar. Ungeachtet dessen sei Bloomwell für den Inhalt des Reels redaktionell nicht verantwortlich.

Schlechter Support?

Alleine im April 2024 habe sich laut Förster die Zahl der neuen Patient:innen auf Bloomwell verglichen mit dem Durchschnitt der vorherigen Monate verzehnfacht. Seit 2020 haben kooperierende Ärztinnen über Bloomwell mehr als 60.000 Patient:innen behandelt. Die Kommentare bei Bloomwell und Xatar auf Instagram zeichnen hierbei ein durchaus kritisches Bild. Unter einem Post auf Bloomwells eigenem Profil warnen User:innen vor der Cannabisplattform, betiteln sie als „Abzocke“. Kritik hagelt es vorrangig wegen des Supports: „Aktuell warten ich und viele andere Patienten von euch auf ihre Rezepte, euer Kundensupport reagiert seit Wochen nicht“, beklagt ein User. „Es kann nicht sein, dass man Geld bezahlt und dann keine Leistung von euch erbracht wird. Bin mittlerweile sehr enttäuscht von euch, ich hoffe die Situation bessert sich bald, sonst werden ich und viele andere eurer Patienten zur Konkurrenz wechseln müssen.“

Zu diesem Kommentar befragt entgegnet Förster: „Aufgrund eines einzelnen Social-Media-Posts ohne Klarnamen können wir nicht nachvollziehen, was in dem angesprochenen Fall Ursache für die Kritik ist.“ Der Kundenservice müsse seit dem ersten April fast rund um die Uhr arbeiten, um dem rasanten Anstieg der Patient:innenzahl gerecht zu werden, beklagt Förster. „Alle, die etwas Geduld haben, werden zeitnah eine Antwort unsererseits erhalten. Wir verbessern unseren Service konstant.“

„Ich dachte ihr seid seriös“

Auch die Kooperation mit Xatar wird kritisiert: „Aber warum Xatar? Ich dachte ihr seid seriös“, fragt eine Userin in den Kommentaren. „Giwar hat im Laufe seines Lebens mehrere Stigmata erfolgreich überwinden können – genau dies soll uns nun auch gemeinsam mit Cannabis gelingen“, entgegnet Bloomwell unter dem Instagram-Reel. Die Userin entgegnet, dass es noch viele weitere Menschen, die viel in ihrem Leben geleistet haben und das ohne das Gesetz zu brechen, gebe. „Einen ehemaligen Dealer, dem damals Gesundheitsschutz sowie Jugendschutz wahrscheinlich egal waren, mit ins Boot zu holen, finde ich abwertend. Natürlich bei der passenden Zielgruppe ein Volltreffer.“

Laut Förster hat Bloomwell ein „überwältigendes positives Feedback zur Kooperation erhalten.“ Hajabi sei eine von vielen mutigen prominenten Persönlichkeiten, die sich offen zu medizinischem Cannabis bekennen um jahrzehntelange Vorurteile aufzubrechen.