Aufklärung und Tipps

Beratung von Cannabispatienten

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Berlin -

Patienten, die zum ersten Mal Medizinalcannabis verordnet bekommen, können unter Umständen verunsichert reagieren. Nicht selten unterliegt die Pflanze immer noch dem Stigma „high machen“. Dabei kann eine schrittweise und langsame Eindosierung solche möglichen unerwünschten Nebeneffekte in der Regel verhindern. Zudem können die enthaltenden Inhaltsstoffe von Medizinalcannabis bei vielen Indikationen echte Linderung bringen, wenn sie richtig eingesetzt werden. Auch davon müssen einige Patienten zunächst überzeugt werden. Steht der Patient mit dem Rezept in der Apotheke, können Apotheker:innen und PTA einen entscheidenden Beitrag zur Therapietreue leisten.

Zunächst einmal sollte dem Patienten der Grundsatz einer Therapie mit medizinischen Cannabinoiden erklärt werden. Das heißt, der Anwender muss wissen, dass jede Cannabis-Therapie hochindividuell ist und meist nicht auf Anhieb die richtige Darreichungsform und Dosierung gefunden wird. Es bedarf also eines gemeinsamen Herantastens von Arzt und Patient. Auch Apotheker:innen und PTA können bei diesem Schritt unterstützen. Sie können den Patienten nach Erfahrungen mit seinem Arzneimittel fragen, nach möglichen unerwünschten Ereignissen und der Stärke der Symptomlinderung. Viele Cannabis-spezialisierte Apotheken stehen im engen Austausch mit den behandelnden Ärzten. Auch hier können Informationen und Erkenntnisse übermittelt werden, sodass der Arzt die Therapie unter Umständen anpassen kann. Ein anfängliches „Scheitern“ in der Dosisfindung ist also normal und gehört oftmals dazu.

Sollte der Patient über einen zu mäßigen Erfolg berichten, so kann die Therapie optimiert werden. Innerhalb der Cannabistherapie stehen hier grundsätzlich zwei Optionen zu Verfügung: Zum einen kann der THC- oder CBD-Anteil erhöht werden, zum anderen kann die Darreichungsform gewechselt werden. Für die Apotheken bedeutet das Aufklärung. Beispielsweise über die verschiedenen Wirkeintritte der verschiedenen Darreichungsformen und die damit verbundenen Effekte. So verfügen Cannabisblüten über einen schnellen Wirkeintritt. Binnen fünf bis zehn Minuten erfährt der Patient eine Symptomlinderung. Doch die Wirkung hält nur kurz an. Nach zwei bis vier Stunden lässt der Effekt nach. Gut geeignet sind Blüten zur Akuttherapie von Schmerzspitzen.

Vollspektrumextrakte dagegen wirken langsamer. Hier setzt der Effekt erst nach 60 bis 180 Minuten ein. Dafür kann eine Wirkdauer von bis zu acht Stunden erzielt werden. Extrakte werden meist besser vertragen und eignen sich gut für die Langzeittherapie. Der genaue Wirkeintritt hängt auch von der vorhandenen Nahrung im Magen ab. Je mehr das Organ gefüllt ist, desto langsamer der Wirkeintritt. Ein weiterer wichtiger Hinweis für den Patienten: Therapeutische Cannabis-Dosen liegen deutlich unter den beim Gebrauch von Cannabis als Genussmittel üblichen Mengen.

Je nachdem welche Darreichungsform der Patient erhält, sollte die korrekte Anwendung erklärt werden. Dabei ist die Einnahme von Extrakten wohl einfacher als die korrekte Anwendung von Blüten. Denn die flüssigen Zubereitungen werden zumeist nur auf einen Löffel getropft und oral eingenommen. Bei der Inhalation von Blüten muss der Patient mit der Bedienung eines Vaporisators vertraut gemacht werden.

Gerade zu Beginn der Therapie können wie bei allen Medikamenten Nebenwirkungen auftreten. Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen zählen Benommenheit/Müdigkeit, Schwindel, Mundtrockenheit und Übelkeit. Die Stärke der Nebenwirkungen hängt unter anderem von der Initialdosis ab. Doch die Ausprägung kann generell von Patient zu Patient variieren. Die Nebenwirkungen sollten i.d.R. nicht zum Therapieabbruch führen. Beklagt der Anwender unerwünschte Ereignisse, so sollte zunächst eine Dosisanpassung erfolgen. Auch kann gemeinsam mit dem behandelnden Arzt überlegt werden, auf ein anderes Präparat mit unterschiedlicher THC und/oder CBD-Stärke zu wechseln. Wer nach dem Motto „start low, go slow, stay low“ therapiert, der kann die unerwünschten Ereignisse meist gut in Grenzen halten.

Cannabinoide können mit einigen Arzneimittel-Wechselwirkungen einhergehen. Dazu gehören unter anderem Sedativa, Anticholinergika, ZNS-wirksame Antidepressiva und hochgradig proteingebundene Arzneistoffe. Gleichzeitig gibt es einige Kontraindikationen für eine Cannabistherapie. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sollte keine Therapie mit Cannabis erfolgen. Auch während Schwangerschaft und Stillzeit sollte keine Therapie stattfinden. Für Patienten mit einer schweren psychischen Erkrankung in der Vorgeschichte, wie beispielsweise Schizophrenie oder Psychosen, ist Cannabis ebenfalls nicht geeignet.

Mit Cannabis auf Reisen

Mit Cannabis verreisen? Geht das? Oder bekommen die Patient:innen dann Probleme am Flughafen oder gar im Reiseland? Innerhalb der Beratung können Apotheker:innen und PTA ihre Kunden beruhigen. Medizinisch verordnetes Cannabis kann auf Reisen mitgenommen werden. Die Menge, die befördert werden darf, richtet sich nach der Dosierung und der Reisedauer. Denn nur tatsächlich benötigtes Cannabis darf mitgenommen werden. Je nachdem, wohin der Patient reist, gelten andere Regeln. Innerhalb des Schengen-Raumes benötigen die Patient:innen eine durch die oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr beauftragten Stelle beglaubigte Bescheinigung. Für Länder außerhalb des Schengen-Raumes sollen sich Patienten an den Leitfaden für Reisende des Internationalen Suchtstoffkontrollamtes (INCB) orientieren.

 

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