Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hat bereits angekündigt, gegen Cannabis-Plattformen, die ohne angemessenen Arzt-Patienten-Kontakt Rezepte für Medizinalcannabis ausstellen, vorgehen zu wollen. Im Prozess gegen eine der Plattformen – DrAnsay – fand am Landgericht Hamburg (LG) nun der erste Termin statt.
Seit der Teillegalisierung von Cannabis läuft Medizinalcannabis nicht mehr als Betäubungsmittel (BtM), entsprechende Rezepte sind somit einfacher zu bekommen. Einige Plattformen haben daraus ein regelrechtes Business entwickelt, wo teils offen mit dem „Kick auf Rezept“ geworben werde – die AKNR will das nicht hinnehmen. Zumal das gesamte Konstrukt sich seit der Maßnahme von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verändert habe. Patient:innen würden in Verruf gebracht und mit Freizeitnutzern gleichgesetzt und bestimmte Sorten fehlten, da immer mehr Freizeitnutzer auf Medizinalcannabis zurückgreifen. Auch dem Bund Deutscher Cannabis-Patienten sei das ein Dorn im Auge.
„Bei manchen Plattformen verleiten die dort tätigen Ärzte nach unserer Ansicht aus kommerziellen Gründen zum Medikamentenmissbrauch – und nehmen dabei teils erhebliche Nebenwirkungen offenbar billigend in Kauf. Es fehlt meist die sorgfältige Anamnese, die Untersuchung und die Therapiebegleitung. Diesen Plattformen scheint es einzig und allein um den Umsatz zu gehen, nicht um das Patientenwohl“, vermutet Dr. Michael Kambeck, Sprecher des Bundes Deutscher Cannabis-Patienten.
Die AKNR ist hiergegen bereits mithilfe mehrerer Abmahnungen und Unterlassungserklärungen vorgegangen, nun startete am LG ein Prozess als Zivilverfahren gegen die Plattform DrAnsay. Geschäftsführerin und Justiziarin Dr. Bettina Mecking und Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas vertraten die AKNR und meinen, dass das Bewerben von „Kiffen auf Rezept“ gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoße. Der von der Plattform genutzte einfache Fragebogen auf dem Weg zum Rezept genüge nicht den medizinischen Standards einer telemedizinischen Konsultation. Eine Entscheidung soll am 11. März fallen.
„Normalerweise bin ich mit Einschätzungen vorsichtig, aber hier deuten einige Aussagen des Gerichts darauf hin, dass dieses die erheblichen Gefahren des Geschäftsmodells der Beklagten erkannt hat und daher in unsere Richtung tendiert“, so Douglas nach der Verhandlung, bei der beide Seiten angehört wurden.
Der Patientenbund unterstützt das Vorgehen: „Wir begrüßen sehr, dass die Apothekerkammer Nordrhein gegen solche Fehlentwicklungen vorgeht“, so Kambeck. „Von Beginn an haben wir beklagt, dass einige Anbieter mit Rappern werben, mit einfachen Online-Fragebögen, Sonderangeboten und Sortennamen, die eher an Cheesecake erinnern. Nur wenn Medizin und Freizeitnutzen klar getrennt bleiben, kann Cannabis als seriöse Medizin eine Chance haben und vielen Menschen geholfen werden.“
„Einige Plattformen bewerben sich als vermeintlich legale Alternative zum Dealer – das ist besorgniserregend und definitiv ein Fall für die Aufsichtsbehörden. Die werden das Urteil sicher mit genauso großer Spannung erwarten wie wir. Abzuwarten bleibt außerdem, ob die Politik zeitnah für klarere Regeln sorgen wird“, ergänzt Mecking.
Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Plattform Bloomwell ist die AKNR zuletzt gescheitert.