Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) hat Bloomwell untersagt, medizinisches Cannabis gegenüber Laien zu bewerben und eine verdeckte Provision für die Vermittlung von Patientinnen und Patienten zu zahlen. Die Plattform gibt sich kämpferisch.
Auf der Plattform können die Interessenten mit verschiedenen Ärzten einen Behandlungstermin vereinbaren kann. Die Wettbewerbszentrale hält die Werbung und weitere Aspekte für wettbewerbswidrig. So wurden die Raumnutzungs- und Serviceverträge mit den Ärzten für unzulässig erklärt. Denn darüber sicherte sich die Betreibergesellschaft einen prozentualen Anteil am ärztlichen Honorar für die Behandlung. Da dieser Vergütungsanteil zumindest teilweise als Entgelt für die Zuweisung von Patienten zu den Ärzten über das Portal der Beklagten anzusehen sei, liege ein von Bloomwell unterstützter Verstoß gegen ärztliches Berufsrecht vor.
Bloomwell weist darauf hin, dass die Verträge seit fast zwei Jahren nicht mehr verwendet werden. Sämtliche aktuellen Vereinbarungen mit den Ärztinnen und Ärzten entsprächen der geltenden Rechtslage. Insbesondere hinsichtlich der ärztlichen Unabhängigkeit, dem Weisungsverbot und der Empfehlung beziehungsweise Verweisung an Apotheken habe das OLG keine Verstöße festgestellt, nicht einmal im Hinblick auf die alten Verträge. Eine präjudizielle Wirkung sei damit ausgeschlossen, was auch die Ärzte- oder Apothekerkammern zu beachten hätten, so die Plattform in einer Stellungnahme.
Auch die angegriffene Werbung werden seit Langem nicht mehr geschaltet. Hier ging es etwa um den Slogan „Ärztliches Erstgespräch vor Ort oder digital“. Diese Werbung verstieß laut Landgericht gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen. Verbrauchern werde der Eindruck vermittelt, die Erstbehandlung mit medizinischem Cannabis könne alternativ beziehungsweise gleichwertig digital erfolgen. Dies sei zum Zeitpunkt der Werbung nach dem seinerzeit noch geltenden Betäubungsmittelrecht nicht zulässig gewesen.
Das OLG ging noch weiter. Zwar liege seit April 2024 kein Verstoß mehr gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Teile der Werbung verstießen aber gegen das sogenannte Laienwerbeverbot. Eine „Werbung für Arzneimittel“ stellten nämlich auch Maßnahmen dar, die die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder Verbrauch von unbestimmten Arzneimitteln fördern sollten. Die Werbung von Bloomwell sei insofern keine bloße Information zu Cannabis oder reine Unternehmenswerbung, sondern produktbezogene Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel.
Dass Bloomwell medizinisches Cannabis dabei nicht selbst anbiete, sei unerheblich. Der Werbende müsse kein unmittelbares Eigeninteresse am Vertrieb des beworbenen Arzneimittels haben. Als Betreiber der Plattform habe Bloomwell ersichtlich die Absicht gehabt, durch die Werbung die Verschreibung und den Absatz von medizinischem Cannabis zu fördern. Dass die Entscheidung, Cannabis zu verschreiben, ausschließlich bei den Kooperationsärzten der Beklagten liege, stehe der Annahme unzulässiger Arzneimittelwerbung nicht entgegen.
Die Mitgliedstaaten der EU seien grundsätzlich kraft Richtlinie verpflichtet, Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel schlechthin zu verbieten. Außerdem ziele die streitgegenständliche Werbung gerade darauf ab, die Nachfrageentscheidung von Verbrauchern nach medizinischem Cannabis zu beeinflussen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, das OLG hat hinsichtlich des Verstoßes gegen das Laienwerbeverbot die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Was die Verträge angeht, besteht die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Bloomwell will den Prozess weiterführen. „Was bringt die beste Therapie, wenn keiner weiß, dass es sie gibt“, so Geschäftsführer Dr. Julian Wichmann. Ohne ausreichend Information und Aufklärung werde es Jahrzehnte dauern, bis medizinisches Cannabis die Beachtung erhalte, die es auch verdiene. „Wir werden für die Rechte von Cannabis-Patienten vor dem BGH kämpfen, wenn nötig auch vor dem EuGH!“
Die Plattform hat immer wieder Ärger vor Gericht. Die Apothekenkammer Nordrhein (AKNR) wollte die Werbung mit Rabatten und Gewinnen im Zusammenhang mit Rezeptanfragen stoppen. Das LG teilte die Argumentation der Kammer jedoch nicht und entschied zunächst zugunsten der Plattform. Bereits im Dezember 2023 hatte das OLG in einem anderen Verfahren zugunsten der Bloomwell-Tochter Algea entschieden. Die Plattform dürfe mit Rabatten werben, solange diese Rabatte von Algea selbst getragen werden und die ärztlichen Leistungen vollständig auf Basis der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) honoriert werden.