Obstipation: Trinken und Bewegung oft nicht ausreichend Benedikt Richter, 13.05.2019 14:41 Uhr
Zu wenig, zu selten, zu hart: So lässt sich das Volksleiden Verstopfung kurz erklären. Für viele ein Tabuthema, doch in der Apotheke finden Betroffene nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch diskrete und kompetente Beratung. Warum wird der Darm träge? Ein Überblick.
Besorgte Mütter mit kleinen Kindern, ältere Kunden mit wenig Bewegung und multimorbide Patienten mit umfangreicher Medikation: Sie alle gehören zu den typischen Beratungsfällen zum Thema Verstopfung. Der medizinische Ausdruck Obstipation leitet sich vom lateinischen „obstipatio“ ab und bedeutet so viel wie „die Aufhäufung“. Dies erklärt malerisch die Wurzel des Problems: eine Anhäufung von Stuhl ohne Abgang.
Normalerweise reguliert unser Darm die Defäkation genial einfach: Das Stuhlvolumen erhöht sich mit aufgenommener Nahrung im Laufe des Tages und übt Druck auf die Darmwände aus. Diese Dehnung ist für den Darm das Signal, rhythmisch Kontraktionswellen auszulösen, die den Stuhl in Richtung Rektum bewegen und die Defäkation auslösen. Ein ausgewogenes Frühstück kombiniert mit ausreichend Flüssigkeit ist übrigens schon der erste Anreiz des Tages für die Peristaltik, um in Schwung zu kommen.
Unter bestimmten Umständen funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr einwandfrei. Patienten klagen dann über die zu lange Verweildauer des Stuhls im Darm oder Hartleibigkeit. Auch zu geringe Mengen an Stuhl oder Probleme beim Absetzen wie Schmerzen oder Anstrengung verunsichern und führen die Leidgeplagten zur Apotheke des Vertrauens. Sofern keine weiteren Beschwerden oder Erkrankungen vorliegen, ist der erste Schritt die Hinterfragung der Lebensgewohnheiten.
Neben einer intakten Darmflora und ausreichend Bewegung sind Ballaststoffe unerlässlich für die normale Darmtätigkeit. Entgegen gängiger Meinung sind Obst und grüner Salat dafür eher wenig geeignet, da sie Ballaststoffe nur in geringer Menge enthalten. Viele Gemüsesorten hingegen wirken positiv auf die Verdauung. Dazu gehören beispielsweise Auberginen und Karotten, aber auch Chicorée, der nicht nur Ballaststoffe, sondern auch sekretionsfördernde Bitterstoffe enthält.
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist sowohl für das Stuhlvolumen als auch für die Quellung der Ballaststoffe unerlässlich. Empfohlen werden ein bis zwei Liter reines Wasser über den Tag verteilt. Fruchtsaft, Tee oder Kaffee zählen nicht zur täglichen Flüssigkeitsmenge. Limonaden sollten gänzlich gemieden werden, da sie dem Darm Wasser entziehen. Lebensmittel, die stopfend wirken, sollten immer mit ausreichend Wasser konsumiert werden. Dazu gehören Schokolade und Nüsse, aber auch Rotwein. Auch auf das Verhalten beim Stuhlabgang sollte geachtet werden. Zu starkes oder zu langes Pressen muss unbedingt vermieden werden, da es dem Darm mehr schadet als nützt. Die Defäkation muss weder täglich noch vollständig erfolgen und kann idealerweise im Hocken statt im Sitzen durchgeführt werden. Dadurch wirkt die Schwerkraft zusätzlich mit.
Natürlich lässt sich nicht jede Verstopfung mit Wasser, Ballaststoffen und Spaziergängen therapieren. Zwar zählt Obstipation zu den Wohlstandserkrankungen, die durch einen ungesunden Lebensstil begünstigt wird, dennoch können auch ernsthafte Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus die Ursache sein. Außerdem leiden Patienten mit Analfissuren oder nach Operationen unter schmerzbedingtem Stuhlverhalt. Auch die Therapie mit Opiaten kann Nebenwirkungen wie eine Verlangsamung der Peristaltik mit sich bringen. Daher umfasst die Beratung zu Obstipation nicht nur Tipps zur Ernährung, sondern auch das Hinterfragen von Medikation und eventuellen Erkrankungen.