Kefir – kaukasischer Zaubertrank Benedikt Richter, 05.08.2019 14:06 Uhr
Seit Jahrhunderten bekannt und geliebt sind Zubereitungen aus Kefir. Das Internet ist voller Empfehlungen und Versprechungen. Gerade Patienten mit Magen-Darm-Beschwerden sollen von ihm profitieren. Was ist dran am Mythos Kefir?
Fermentation lautet der Ernährungstrend des Jahres 2019. Foodblogger fermentieren mittlerweile alles. Kein Wunder, dass Kefir wieder im Kommen ist. Das fermentierte Produkt aus Kuhmilch ist nicht nur bei sommerlichen Temperaturen erfrischend, sondern bietet auch viele wichtige Inhaltsstoffe für eine gesunde Darmflora. Eine Studie nannte ihn sogar den „Joghurt des 21. Jahrhunderts“.
Eine Kefirknolle ist eine ideale Symbiose aus Bakterien und Hefepilzen. In Zusammenarbeit begünstigen die Lactobazillen das Hefewachstum. Die Mikroorganismen zersetzen den Milchzucker durch Gärung. In der Folge enthält ein Glas Kefir nicht nur Milchsäure und Calcium, sondern auch Kohlenstoffdioxid, Probiotika und geringe Mengen Alkohol. Daher vertragen auch viele laktoseintolerante Menschen Kefir.
Schon ein Glas Kefir am Tag kann die Darmflora positiv beeinflussen und Beschwerden wie Sodbrennen, Durchfall oder Verstopfung lindern. Auch bei antibiotikainduzierten Durchfällen, kann eine Nachbehandlung mit Kefir funktionieren. Mikroorganismen, wie Lactobacillus lactis und L. acidophilus, stimulieren das darmeigene Immunsystem und senken den pH-Wert.
In diesem sauren Milieu haben pathogene Bakterien schlechtere Lebensbedingungen und können sich nicht weiter ausbreiten. Da es sich um körperfremde Bakterien handelt, werden die Laktobazillen aber relativ schnell wieder vom Körper ausgeschieden. Um einen spürbar postitiven Effekt auf die Darmflora zu haben, müssen sie daher über einen längeren Zeitraum zugeführt werden.
Einen Kefirtrank anzusetzen ist gar nicht schwer. Alles was man dafür braucht ist ein Gärgefäß wie ein fest verschließbares Glas, 500 ml Milch und 8 g Kefirknollen. Kenner unterscheiden hier zwischen den verschiedenen Sorten und empfehlen oft den kaukasischen Kefir. Dieser ist besonders langlebig und kann mehrere Jahre verwendet werden. Der brasilianische Kefir kann nicht käuflich erworben werden, sondern wird von Person zu Person weitergegeben. Zuerst werden die Knollen in das Gefäß gegeben. Dann wird die Milch bei Zimmertemperatur hinzugegeben. Die Sorte oder der Fettgehalt der Milch ist dabei völlig egal, da der Kefir überall gleich gut gedeiht. Aus hygienischen Gründen sollte aber H-Milch verwendet werden. Die Herkunft der Milch ist ebenfalls unerheblich und hat nur Einfluss auf den späteren Geschmack. Es kann also sowohl die Milch von Kühen, als auch von Schafen oder Ziegen zum Einsatz kommen.
Anschließend wird das Gefäß verschlossen. Die Gärung findet anaerob statt, also ohne Sauerstoff, dennoch müssen die Fermentationsgase entweichen können. Ein locker aufgesetzter Schraubdeckel löst das Problem. Das Glas wird lichtgeschützt bei Raumtemperatur oder im Kühlschrank für 24 bis 48 Stunden aufbewahrt. Anschließend können die Knollen entfernt werden und der Ansatz im Kühlschrank gelagert werden – auf keinen Fall Metallgegenstände verwenden. Diese begünstigen das Verderben der Knollen.
So kann auch das kaukasische Hausmittel Kefir zu einer interessanten Zusatzempfehlung in der Apotheke werden. Ein Allheilmittel ist es aber nicht. Dafür fehlen Studien, die eine Wirkung der Probiotika garantieren. Vorsichtig sollten immunsupprimierte Patienten sein, da es zu einem unkontrollierten Wachstum der Hefepilze im Darm kommen kann. Diese Patienten sollten die Anwendung mit ihrem Arzt absprechen.