Besser als Probiotika? Kombucha, Kimchi & Co. Alexandra Negt, 11.12.2019 13:31 Uhr
Fermentation dient dazu, Lebensmittel haltbar zu machen. Die enthaltenen Nährstoffe sind so über das ganze Jahr verfügbar. Ernährungsbewusste Menschen versprechen sich einen Gesundheitsnutzen durch das Essen fermentierter Lebensmittel, da die Produkte viele lebende Bakterien enthalten. Industriell hergestellte Ware beinhaltet mitunter keine Lebendorganismen mehr. Wie gesund ist der Trend?
Fermentierte Lebensmittel sollen das Immunsystem stärken, Allergien vorbeugen, Verstopfungen lindern oder sogar eine präventive Wirkung gegen bestimmte Arten von Krebs haben.
Was sagt die Wissenschaft?
Forscher gehen davon aus, dass diese Nahrungsmittel die Gesundheit auf eine Weise fördern können, die über die grundlegende Ernährung hinausgeht. Möglicherweise tragen fermentierte Molkereiprodukte dazu bei, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Milchprodukte mit Lebendkulturen werden auch mit einem gesunden Körpergewicht und Schutz vor Typ-II-Diabetes in Verbindung gebracht. Fermentieren kann die Verdaubarkeit von Eiweiß verbessern und die Bioverfügbarkeit von Mineralien wie pflanzlichem Eisen und Zink erhöhen. Abschließende wissenschaftliche Beurteilungen stehen noch aus.
Wie funktioniert Fermentation?
Bei der industriellen Herstellung fermentierter Lebensmittel wird der Großteil der Mikroorganismen auf den Grundzutaten abgetötet, um Hygienestandards einzuhalten. Erst anschließend werden ausgewählte Bakterien und Hefen hinzugefügt. Bei der „natürlichen” Fermentation werden die Grundzutaten nicht erhitzt – die ursprünglichen Mikroorganismen bleiben erhalten. Bei dieser Art des Fermentierens trägt eine Vielfalt an Bakterien, Pilzen oder Hefen zur Gärung bei.
Das Verfahren des Fermentierens wurde früher vor allem zum Konservieren von Gemüse genutzt – so konnte die Nährstoffversorgung auch in den Wintermonaten weitestgehend sichergestellt werden. In der Biologie versteht man unter dem Begriff Fermentation die enzymatische Umwandlung organischer Stoffe in Säure, Gase oder Alkohol. Diese Reaktion wird durch die Zugabe von Bakterien-, Pilz- oder anderen biologischen Zellkulturen oder durch den Zusatz von Enzymen ausgelöst.
Welche Lebensmittel sind fermentiert?
Die Einsatzgebiete der Fermentation in der Lebensmittelindustrie sind zahlreich. Kefir und Buttermilch sind wohl die bekanntesten Sauermilchprodukte. Viele Kohlarten werden mit Hilfe von Milchsäurebakterien haltbar gemacht. In den asiatischen Ländern wird die Fermentation darüber hinaus auch bei der Herstellung von Sojasoße und Tempeh eingesetzt. Auch Tee erhält seinen charakteristischen Geschmack erst durch diesen Gärungsprozess: Durch das Kneten der Teeblätter werden Enzyme freigesetzt, die zusammen mit dem Sauerstoff reagieren. Während dieses Vorganges färben sich die Pflanzenteile schwarz. Im asiatischen Raum finden sich viele Beispiele für fermentierte Lebensmittel.
Kombucha
Die Basis wird aus grünem oder schwarzem Tee und Zucker gebildet. Durch Zugabe eines Teepilzes wird die Fermentation in Gang gesetzt. Der Kombuchapilz ist ein gallertartiges Gemisch aus Bakterien und Hefen. Durch die Gärung entsteht unter anderem Kohlensäure im Getränk. Bei dem Prozess entstehen weitere Säuren, vor allem Essigsäure, Milchsäure und Gluconsäure. Die lebenden Mikroorganismen sind vorwiegend in selbst gemachtem Kombucha enthalten. Industriell gefertigte Getränke enthalten kaum lebende Organsimen. Die Limonade ist ein Vitamin-B12 Lieferant und kann durch die enthaltene Milchsäure die Darmflora unterstützen. Der Umfang dieser Wirkung ist nicht wissenschaftlich belegt. Tatsächlich nachgewiesen sind lediglich leicht abführende und schwach antibakterielle Wirkungen.
Kimchi
Kimchi ist das koreanische Pendant zum deutschen Sauerkraut. Es wird aus Chinakohl hergestellt. Durch das Einweichen des Kohls in einer Salzlake wird die spätere Milchsäurebildung begünstigt. Die eingelegten Blätter kommen zusammen mit Chilli, Knoblauch und Ingwer für einige Tage in einen Tontopf. Kimchi ist, genau wie Sauerkraut, ein guter Vitamin-C Lieferant. Darüber hinaus enthält das Lebensmittel Vitamin A und Allicin (Knoblauch). Die entstehende Milchsäure kann die Darmflora stärken.
Miso
Bei Miso handelt es sich um eine Würzpaste bestehend aus Gerste, Sojabohnen und Salz. Zur Herstellung der Paste werden diese Zutaten bis zu drei Jahre lang fermentiert. Die enthaltenen Enzyme und Bakterien können das Mikrobiom des menschlichen Darms unterstützen. Durch den Verzehr von Miso-Paste in Form von Suppe können die enthaltenen Bakterien in den Darm gelangen und sich dort ansiedeln.
Tempeh
Das Fleischersatzprodukt besteht ebenfalls aus fermentierten Sojabohnen. Verkauft werden sie zusammengepresst in Rollen oder Blöcken. Die Pilze, die beim Fermentieren der Bohnen zum Einsatz kommen, sorgen dafür, dass das Sojaprodukt leicht bekömmlich wird – es ist sozusagen vorverdaut. Diese pflanzliche Proteinquelle liefert dem Körper gleichzeitig weitere Nährstoffe wie Magnesium, Eisen, Kalium und Phospor.
Je vielfältiger die Kulturen im Endprodukt sind, desto besser soll die Wirkung sein. Wissenschaftlich ist der Effekt der Nahrungsmittel auf das Mikrobiom des Darms schwer nachweisbar. Da die Bakterien nicht hoch dosiert sind und auch nicht verkapselt vorliegen, bleibt es fragwürdig, wie viele Bakterienstämme in den Darm gelangen. Der Verzehr dieser Lebensmittel ist trotzdem gesund: Der hohe Gehalt an Ballaststoffen kann die Verdauung regulieren. Der hohe Vitamingehalt kann das allgemeine Immunsystem unterstützen. Wer selbst fermentieren möchte, der sollte auf eine ausreichende Hygiene achten: Gelangen weitere Keime während der Herstellung in das Produkt, so vermehren sich auch diese. Bei Verzehr kann es zu Übelkeit und Durchfällen kommen.