Leitlinien: Empfehlungen zur Therapie APOTHEKE ADHOC, 08.05.2020 14:11 Uhr
Ein wichtiges Werkzeug für Ärzte und Angehörige medizinischer Berufe sind die sogenannten Leitlinien. Die festgehaltenen Daten aus Studien und Untersuchungen geben Empfehlungen für Diagnose und Therapie. Doch wie entstehen diese Leitlinien und wer ist daran beteiligt?
In Deutschland ist die die Arbeitsgemeinschaft für medizinische Fachgesellschaften (AWMF) die wohl bekannteste Plattform für die Erstellung und Publikation von Leitlinien. International bietet das Guidelines International Network eine umfangreiche Leitlinien-Datenbank für den internationalen Raum. Die Erstellung von Leitlinien erfolgt immer von den jeweiligen Fachgesellschaften mit entsprechenden Vertretern aus den verschiedensten Gesundheitsberufen.
Leitlinien bieten nicht nur Ärzten wichtige Entscheidungshilfen, sondern auch den Apothekern und PTA bei der Beratung und Empfehlung in der Offizin: Sie geben den aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse und in der Praxis bewährter Verfahren wieder, und bieten eine Orientierung für die pharmazeutische Versorgung. Anders als Richtlinien sind Leitlinien nicht rechtlich verbindlich. Medizinisches Personal kann bei begründeten Bedenken von den Empfehlungen bei der Therapie abweichen. Oftmals enthalten die Leitlinien zu verschiedenen Indikationen eine Vielzahl möglicher Wirkstoffe, die bei der jeweiligen Indikation eingesetzt werden können.
Die Leitlinien der AWMF werden in vier Klassen eingeteilt:
- S1-Leitlinie: Handlungsempfehlungen von Expertengruppen: Konsensfindung in einem informellen Verfahren
- S2k-Leitlinie: Konsensbasierte Leitlinie: Erstellung durch eine für das Fachgebiet repräsentative Kommission. Die Empfehlungen werden nach einer strukturierten Konsensfindung gegeben.
- S2e-Leitlinie: Evidenzbasierte Leitlinie: Systematisches Zusammentragen und Bewerten der Informationen durch die Leitlinien-Kommission.
- S3-Leitlinie: Evidenz- und konsensbasierte Leitlinien: Die Kommission ist repräsentativ besetzt, das Wissen wird systematisch gesammelt und bewertet. Geregeltes Verfahren, um bei verschiedenen Einschätzungen innerhalb der Kommission zu einer einheitlichen Empfehlung zu kommen. Die Entwicklung kann mehrere Jahre dauern. Ergänzend zu S3-Leitlinien werden normalerweise auch Patienten-Leitlinien erstellt.
Wie entstehen Leitlinien?
Bis eine Leitlinie publiziert wird, sind bei der AWMF folgende sechs vorgreifende Schritte im Ablaufschema definiert:
- Planung und Organisation: Hierbei muss die Auswahl des Leitlinienthemas begründet sein und eine sogenannte Leitlinienkommission zusammengestellt werden. Ebenfalls erfolgt im ersten Schritt bereits die Stufenklassifikation.
- Anmeldung beim Leitlinienregister
- Leitlinienentwicklung: Recherche, Zusammenstellung und Aufbereitung von bereits vorhandenen Leitlinien; Auswahl und methodische Bewertung sowie Graduierung der Empfehlungen
- Redaktion: Externe Begutachtung, Erstellung von Lang-, Kurz- und Patientenversionen sowie Leitlinien-Report
- Vorbereitung der Implementierung und Evaluierung
- Fortschreibung und Aktualisierung bereits vorhandener Leitlinien
- Publikation: Einreichung bei der AWMF
Die publizierte Literatur wird gemäß ihrer Aussagekraft in Evidenzklassen eingeteilt. Hierbei werden verschiedene Klassifizierungssysteme verwendet – es gibt keinen internationalen oder europäischen Standard. Bekannte Vertreter sind hierbei das Klassifikationssystem von Cochrane Deutschland, die von der höchsten Evidenzstufe Ia, bis zur niedrigsten Evidenzstufe IV.
- Grad A, „Soll“-Empfehlung: zumindest eine randomisierte kontrollierte Studie von insgesamt guter Qualität und Konsistenz, die sich direkt auf die jeweilige Empfehlung bezieht und nicht extrapoliert wurde (Evidenzstufen Ia und Ib)
- Grad B, „Sollte“-Empfehlung: gut durchgeführte, aber nicht randomisierte klinische Studien mit direktem Bezug zur Empfehlung (Evidenzstufen II oder III) oder Extrapolation von Evidenzebene I, falls der Bezug zur spezifischen Fragestellung fehlt
- Grad C, „Kann“-Empfehlung: Berichte von Expertenkreisen oder Expertenmeinung und/oder klinische Erfahrung anerkannter Autoritäten (Evidenzkategorie IV) oder Extrapolation von Evidenzebene IIa, IIb oder III, wenn keine direkt anwendbaren klinischen Studien von guter Qualität verfügbar waren
Neben der erneut bestätigten Empfehlung in der aktualisierten EPOS-Leitlinie 2020 wird ELOM-080, der Wirkstoff in GeloMyrtol forte, auch in den nationalen Leitlinien der relevanten Fachgesellschaften, der S2k-Leitlinie Rhinosinusitis, der S3-Husten-Leitlinie der DEGAM, der S2k-Husten-Leitlinie der DGP sowie in der Nationalen Versorgungsleitlinie COPD empfohlen.