Desinfektion: Bakterizid, viruzid & Co. APOTHEKE ADHOC, 27.08.2020 14:48 Uhr
Desinfektionsmittel ist nicht gleich Desinfektionsmittel – je nach Zusammensetzung können Eigenschaften variieren und die Wirkung auf verschiedene Erreger kann unterschiedlich stark sein. Bei der Desinfektion gilt es also unter anderem die Wirkspektren zu beachten, um die gewünschte Keimfreiheit zu erlangen.
Einen Überblick der verschiedenen Produkte mit deren Eigenschaften gibt es hier auch als Download.
Grundsätzlich wird bei Desinfektionsmitteln zwischen Hand- und Flächendesinfektion unterschieden – denn nicht alle Wirkstoffe dürfen auf die Haut. Je nach Zweck und Anwendung kommen daher verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz. Viele Desinfektionsmittel besitzen eine Alkoholbasis – doch auch hier gibt es Unterschiede: Sowohl rein ethanolhaltige wie auch rein isopropanolhaltige Lösungen und auch Mischungen sind erhältlich. Das Mischverhältnis von Ethanol und Isopropanol entscheidet dabei über das Wirkspektrum. Je nach Höhe der Konzentrationen sind manche Lösungen rein bakterizid, andere auch viruzid.
Auf das Wirkspektrum kommt es an
Eine Liste des Robert-Koch-Instituts (RKI), in der die Mittel nach ihren Wirkungsbereichen unterteilt sind, schafft Klarheit: Wirkungsbereich A umfasst Bakterien und Pilze, Wirkungsbereich B nur Viren. Viruzide Händedesinfektionsmittel wirken demnach gegen alle drei Keimarten. Je nach Zusammensetzung des Präparates tötet viruzides Desinfektionsmittel jedoch ausschließlich behüllte oder auch unbehüllte Viren ab.
Die Einteilung der Desinfektionsmittel erfolgt folgendermaßen:
- bakterizid
- tötet Bakterien ab, keine Sporen (Sporenbildner sind beispielsweise Bacillus- und Clostridium-Stämme)
- fungizid
- tötet Pilze, beispielsweise Hefepilze, ab
- viruzid
- tötet behüllte und unbehüllte Viren ab
- begrenzt viruzid
- tötet behüllte Viren ab
- begrenzt viruzid plus
- tötet behüllte Viren, sowie Adeno-, Noro- und Rotaviren ab
Die richtige Handdesinfektion
Für eine ordnungsgemäße Handdesinfektion muss das Desinfektionsmittel mindestens 30 Sekunden einwirken können. Außerdem ist eine ausreichende Menge notwendig, denn alle Bereiche der Hand müssen vollständig benetzt sein. Rund drei Milliliter Lösung sind demnach erforderlich – das entspricht etwa einer vollständig gefüllten Kuhle einer hohlen Hand. Für eine optimale Desinfektion der Hände sollte ein festes Schema befolgt werden, um alle Stellen zu erreichen: Fingerzwischenräume, Daumen, Fingerspitzen und Handgelenke sollten nicht vergessen werden.
Grundlagen für die Flächendesinfektion
Bestimmte Wirkstoffe dürfen nicht auf der Haut angewendet werden, da sie die Haut reizen können und zu Irritationen führen. Diese sind vor allem für die Reinigung und Desinfektion von Oberflächen geeignet. Oftmals werden potenzielle Infektionsquellen wie Oberflächen im Sanitärbereich, Fußböden, Handläufe, Türklinken und Lichtschalter mit Konzentraten desinfiziert, die vor dem Gebrauch verdünnt werden müssen, aber auch fertige Lösungen stehen zur Verfügung. Neben den für die Handdesinfektion verwendeten Alkoholen kommen hier auch quartäre Ammoniumverbindungen, Aldehyde und andere Detergentien zum Einsatz. Sollen auch Sporen abgetötet werden, müssen sporozide Wirkstoffe wie Peressigsäure, Wasserstoffperoxid, Essigsäure und Natriumhypochlorit verwendet werden.
Wird Ethanol als Basis für ein Flächendesinfektionsmittel verwendet, muss dieses mindestens 15 Minuten einwirken. Außerdem sollte eine ausreichende Benetzung stattfinden, da sich Ethanol schnell verflüchtigt. Keinesfalls sollte die Oberfläche mit einem Tuch trockengerieben werden – die Lösung trocknet von selbst. Je nach Material, sollte zunächst die Verträglichkeit getestet werden, denn Alkohol kann beispielsweise Acrylglas nach mehrmaligem Auftragen blind machen.
Bei der Verwendung einer Natriumhypochlorit-Lösung muss die Einwirkzeit rund 30 Minuten betragen, um eine ausreichende Wirkung zu erreichen. Auch hier muss die Lösung großflächig und in ausreichender Menge aufgetragen werden. Eine Natriumhypochlorit-Lösung 0,5 % (m/m) kann unverdünnt gegen behüllte Viren angewendet werden. Chloramin-T-Lösung 2,5 % (m/m) hat mit einer Dauer von zwei Stunden die längste Einwirkzeit. Nach der Anwendung müssen die Räumlichkeiten gut gelüftet werden, da es beim Einatmen zu Allergien und asthmaartigen Beschwerden kommen kann.
Die Nachfrage nach Flächendesinfektionsmitteln ist nach wie vor groß. Daher hat die Bundesstelle für Chemikalien eine weitere, bis zum 30. September 2020 gültige Allgemeinverfügung erlassen: Apotheken dürfen Ethanol-, Chloramin-T- und Natriumhypochlorit-haltige Biozidprodukte zur Flächendesinfektion zur Abgabe an berufsmäßige Verwender herstellen.
Tipps für die Desinfektion von Oberflächen
Für die Verwendung einer Flächendesinfektion sollten Einmaltücher benutzt werden, deren Seiten jeweils nur einmal auf die zu reinigende Fläche aufgesetzt werden. Die Reinigung sollte mit einer ausreichenden Menge unter leichtem Druck erfolgen. Grundsätzlich sollten die in Bahnen gereinigt werden und kreisende Bewegungen um verschmieren und frühzeitige Trocknung zu verringern. Sprühdesinfektion sollte aufgrund einer geringeren Wirkung und der möglichen Entstehung von gesundheitsschädlichen Aerosolen, nur dann verwendet werden, wenn eine Wischdesinfektion nicht möglich ist.