Anatomische Erkältungsreise: Ohren Alexandra Negt, 18.12.2019 14:32 Uhr
Die Ohren dienen dem Hören – Schallwellen werden von der Hörmuschel eingefangen und im Inneren über die Hörschnecke weitergeleitet. Durch den Hörnerv werden Signale aus dem Ohr zentral ans Gehirn weitergeleitet: Schall wird als Ton wahrgenommen. Durch äußere Verletzungen kann das Organ beschädigt und die Hörleistung gemindert werden. Gleiches ist bei Tinnitus oder einer Mittelohentzündung der Fall – der Betroffene empfindet subjektiv ein verschlechtertes Hörvermögen. Bei einer Entzündung können Beschwerden medikamentös gelindert werden.
Anatomie
Die Hauptaufgabe der Ohren ist es, akustische Signale in Schallform wahrzunehmen und diese dann in elektrische Signale umzuwandeln. Der äußere Teil des Ohrs dient als Schalltrichter. Dieser leitet die Schallwellen bis zum Trommelfellweiter. Das Mittelohr dient als Verstärker: Die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel sind an der Weiterleitung der Schwingungen bis zum Innenohr beteiligt. Im Innenohr liegt die Hörschnecke (Cochlea), ein mit Flüssigkeit gefülltes Gangsystem, in dem auch das Organ für die Hörwahrnehmung sitzt. Im mit Haarzellen ausgekleideten Sinnesepithel erfolgt schließlich die Umwandlung des akustischen Reizes in ein elektrisches Signal, das dann weiter nach zentral geleitet wird.
Physiologie
Ohrmuschel (Auricula auris)
Die Ohrmuschel erleichtert das Richtungshören und besteht aus sechs unterschiedlichen Knorpelstrukturen, zu den Bekanntesten gehören der Tragus und die Helix.
Äußerer Gehörgang (Meatus acusticus externus)
Dieses Areal dient der resonanzildung bei der Schallweiterleitung. Der äußere Teil ist zunächst knorpelig, im weiteren Verlauf verknöchern sich die Strukturen.
Trommelfell (Membrana tympani)
Das Trommelfell dient der Schallübertragung auf die Gehörknöchelchen und schützt gleichzeitig das Mittelohr.
Mittelohr (Auris media)
Dieser Teil des Organs hat eine Verstärker-Funktion für Gehör- und Gleichgewichtssinn. Er besteht unter anderem aus der Paukenhöhle und der Ohrtrompete. Innerhalb der Paukenhöhle finden sich Leitungsbahnen über die Schallwellen an das Innenohr geleitet werden.
Ohrtrompete (Eustachi-Röhre)
Die Röhre verbindet die Paukenhöhle mit dem Nasenrachenraum. Bei jedem Schlucken öffnet sich die Ohrtrompete für einen kurzen Moment und sorgt für eine ausreichende Belüftung der Paukenhöhle.
Hörschnecke (Cochlea)
Das knöcherne, schneckenförmige Kanalsystem beinhaltet drei mit Flüssigkeit gefüllte Gänge, die für die Hörwahrnehmung wichtig sind. Innerhalb der Schnecke liegt das mit Haarzellen ausgekleidete Sinnesepithel – diese Zellen sind für die eigentliche Schallwahrnehmung zuständig.
Pathophysiologie
Boxerohr (Othämatom)
Hierbei handelt es sich um einen serösen oder blutigen Erguss zwischen Knorpelhaut und Knorpel der Ohrmuschel. Die Bezeichnung Boxerohr rührt daher, dass der Erguss durch äußere Gewalteinwirkung entsteht. Behandelt wird die Flüssigkeitsansammlung mittels Drainage.
Mittelohrentzündung (Otitis media)
Bei dieser Erkrankung ist die Schleimhaut der Paukenhöhle entzündet. Auslöser ist meist eine Belüftungsstörung, die zur Einwanderung von Keimen aus dem Nasenrachenraum ins Mittelohr führt. Diagnostisch unterscheidet man die seröse und die eitrige Otitis media. Neben der akuten Form gibt es auch chronische Formen – hier ist das Trommelfell meist dauerhaft defekt. Unbehandelt kann sich die Entzündung bis zum Gehirn ausbreiten und dort eine Meningitis auslösen.
Da die Ohrtrompete bei Kleinkindern kürzer ist als bei Erwachsenen erkranken sie häufiger an einer Mittelohrentzündung. Es handelt sich um eine der häufigsten Erkrankungen im Kindesalter. Eine akute Entzündung führt zu pulsierenden Schmerzen und einem Druckgefühl im Ohr. Neben dem geschwächten Allgemeinzustand ist die Erkrankung häufig von Fieber begleitet.
Tubenkatarrh
Innerhalb einer Erkältung kann es nicht nur zu einer Entzündung der Nasen- und rachenschleimhaut kommen – die Schleimhaut der Tuba kann sich ebenfalls entzünden. Die Schwellung innerhalb der Röhre führt zu einer leichten Hörminderung, die komplett reversibel ist.
Tinnitus
Man unterscheidet den objektiven und den subjektiven Tinnitus. Bei der seltenen objektiven Form können andere Menschen die Geräusche ebenfalls hören, da sie durch Verwirbelungen in einem nahegelegenen Blutgefäß entstehen. Der Betroffene nimmt dauerhaft Störgeräusche wahr. Bei der subjektiven Form sind Lärm oder Stress häufige Auslöser. Tinnitus kann aber auch durch Schwerhörigkeit im Alter (Presbyakusis) oder durch die Innenohrerkrankung Morbus Meniere entstehen. Halten Ohgeräusche länger als drei Monate an, so spricht man von einem chronischen Verlauf.
Knalltrauma
Hierbei handelt es sich um eine Verletzung der Sinneszellen im Innenohr. Lautstärken, die ein solches Trauma hervorrufen können, belaufen sich auf mindestens 140 dB. Eine Lärmeinwirkung über ein bis drei Millisekunden reichen aus, um die Haarzellen im Corti-Organ im Innenohr zu schädigen. Der hohe Druck der Schallwelle löst eine Stoffwechselstörung der Haarzellen aus, die wiederum zu Sauerstoffmangel und der Bildung freier Radikaler führt. Es kann auch eine rein mechanische Störung auftreten. Dabei fühlt sich das Ohr wie „verstopft“ an, ein Knalltrauma kann Tinnitus, einen Hörverlust oder eine Geräuschüberempfindlichkeit zur Folge haben.
Beratung
Patienten die äußere Gewalteinwirkung als möglichen Auslöser für ihre Ohrenschmerzen ausmachen könen sollten direkt an einen Arzt verwiesen werden. Gleiches gilt für das erstmalige Auftreten von starken Ohrgeräuschen – zwar gibt es direktes Arzneimittel gegen Tinnitus, jedoch kann die zeitnahe Gabe von kortisonhaltigen Infusionen die Symptome lindern.
Im Rahmen einer akuten Mittelohrentzündung können nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) empfohlen werden: Wirkstoffe wie Ibuprofen lindern zum einen die Schmerzen und zum anderen können sie die Entzündung hemmen. Ein vorzeitiges Abschwellen der Paukenhöhlen-Schleimhaut kann durch die dreimal tägliche Einnahme eines NSAID unterstützt werden. Bei Kindern sollte die Dosis an das Gewicht angepasst werden. Bei Säuglingen ist Paracetamol der Arzneistoff der Wahl.
Um die Belüftung zu verbessern können abschwellende Nasensprays oder Tropfen genutzt werden. Um die Nasenschleimhaut nicht zu stark auszutrocknen empfiehlt sich die Anwendung von Pflegeölen. GeloSitin enthält beispielsweise pflegendes Sesamöl. Darüber hinaus sind Orangen- und Citronenöl enthalten – die Aromastoffe werden innerhalb eines Infektes als angenehm empfunden. Eine Anwendung kann mehrmals täglich erfolgen. Zugelassen ist das Spray ab drei Jahren.
Der Einsatz von Antibiotika sollte nur bei schweren Verläufen oder Säuglingen erfolgen. Eine unkomplizierte Otitis media heilt innerhalb von einer Woche aus. Zwiebelsäckchen können aufgrund der enthaltenen antibakteriellen Inhaltsstoffe und der Wärme die Beschwerden mindern.