Hochpreisige Arzneimittel verursachen trotz geringem Anteil an Verordnungen einen Großteil der Kosten im Gesundheitssystem. Für Apotheken sind sie einerseits lukrativ durch hohe Stückerträge und niedrige Betriebskosten, stellen jedoch andrerseits durch Vorfinanzierung und sinkende Margen auch wirtschaftliche Herausforderungen dar. Apotheker:innen warnen vor zusätzlichen Belastungen durch geplante Reformen, die die Versorgungssicherheit gefährden könnten.
Als Hochpreiser gelten Arzneimittel, deren Herstellerabgabepreis (ApU) über 1200 Euro liegt und deren Apothekeneinkaufspreis entsprechend mehr als 1238,53 Euro beträgt. Diese Grenze wurde eingeführt, um einen einheitlichen Großhandelsaufschlag von 38,53 Euro für alle Hochpreiser sicherzustellen.
Laut einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) erreichten die Nettoausgaben für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 2023 einen Rekordwert von 54 Milliarden Euro, was laut Studie vor allem auf patentgeschützte und hochpreisige Medikamente zurückzuführen ist. Obwohl diese Präparate mehr als die Hälfte der Ausgaben verursachen, tragen sie nur 6,7 Prozent zur Versorgung bei. Ihr Anteil an den Kosten ist in den letzten zehn Jahren drastisch gestiegen: Eine Packung patentgeschützter Medikamente kostete 2023 durchschnittlich 587,72 Euro, dreimal so viel wie 2014. Hochpreiser mit einem Packungspreis von über 1000 Euro machen mittlerweile knapp 48 Prozent des Umsatzes aus, decken jedoch nur 1,5 Prozent der Verordnungen ab.
Da die Apothekenspanne nicht gedeckelt ist, gelten Hochpreiser trotz der geringen Spanne auf den ersten Blick als rentabel. Das liegt daran, dass sie hohe absolute Stückerträge generieren. Beispielsweise erzielt eine Apotheke bei einem Arzneimittel mit einem ApU von etwa 40 Euro einen Rohertrag von etwa 12 Euro. Im Vergleich dazu erzielt ein Hochpreiser mit einem ApU von 2000 Euro einen Rohertrag von etwa 108 Euro. Das bedeutet, dass ein einziger Hochpreiser ähnliche oder höhere Erträge erzielt als mehrere Packungen preisgünstigerer Medikamente.
Ein wesentlicher Vorteil von Hochpreisern ist, dass sie mit geringeren Betriebskosten verbunden sind, insbesondere im Hinblick auf den Personalaufwand. Dieser beträgt nur etwa 0,5 Prozent der Abgabevorgänge, was im Vergleich zu preisgünstigeren Medikamenten deutlich niedriger ist. Dies führt dazu, dass Apotheken mit Hochpreisern eine höhere Rentabilität pro Packung erzielen, auch wenn die Marge geringer ist.
Allerdings stellt die zunehmende Anzahl hochpreisiger Arzneimittel Apotheken vor Herausforderungen. Der Umsatz steigt zwar, jedoch kann der Rohertrag in Relation zum Umsatz sinken. Zudem müssen Apotheken die steigenden Wareneinsätze durch die größere Anzahl hochpreisiger Medikamente berücksichtigen. Dies erfordert eine regelmäßige Anpassung der Kennzahlen und eine präzise Überwachung der Umsatzstrukturen, um den Rohertrag langfristig zu sichern.
Ein weiteres Problem sind die Liquiditätsanforderungen. Apotheken müssen teure Medikamente oft vorfinanzieren, da sie die Einkaufsrechnungen sofort begleichen müssen, während die Rückzahlung durch den Rezeptabrechner erst später erfolgt. Deshalb ist eine solide Liquiditätsplanung unerlässlich. Um Risiken wie Retaxationen und hohe Retourenkosten zu vermeiden, sollten Apotheken klare Prozesse für die Bestellung und Abgabe von Hochpreisern etablieren. Insbesondere sollten teure Medikamente nur bei Vorliegen eines Rezepts bestellt werden, um unnötige Lagerhaltung und Retouren zu vermeiden.
Das sieht allerdings nicht jeder so. Apotheker Andreas Binninger erklärte unlängst, dass der Fixzuschlag von 8,35 Euro im Vergleich zum 3-prozentigen Aufschlag mit steigendem Preis zunehmend irrelevant werde. Bei sehr teuren Arzneimitteln falle dieser Zuschlag somit quasi nicht mehr ins Gewicht. Die Marge der Apotheken sei bei solchen Medikamenten sehr gering, während der Staat durch die Mehrwertsteuer deutlich höhere Einnahmen erziele. Beispielsweise liege die Marge der Apotheke bei nur 3 Cent pro Euro Netto-Verkaufspreis, während der Staat 19 Cent pro Euro des Verkaufspreises in Form der Mehrwertsteuer einnehme. Ab einem Verkaufspreis von etwa 61 Euro übersteige der Mehrwertsteueranteil bereits die Apothekenmarge.
Auch Merle Looschen, Inhaberin der Franziskus Apotheke, sieht in hochpreisigen Medikamenten eine immense Herausforderung. Die Vorfinanzierung und Zinskosten ließen oft nur minimale oder sogar negative Roherträge zu, was sich durch die zuletzt geplante Kürzung der Apothekenspanne von 3 auf 2 Prozent weiter verschärfen würde.
Looschen warnte, dass Apotheken mit vielen Hochpreisern unter hohem wirtschaftlichem Druck stehen, was die Patientenversorgung gefährdet. Hochpreisige Medikamente machen nur einen kleinen Teil der abgegebenen Packungen aus, tragen jedoch erheblich zum Umsatz bei.
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