Welt-Psoriasis-Tag

Schuppenflechte: Kampf gegen die eigene Haut Cynthia Möthrath, 29.10.2021 09:47 Uhr

Die Schuppenflechte ist weitaus mehr als eine Hautkrankheit – es handelt sich um eine autoimmune Systemerkrankung. Foto: Prostock-studio/shutterstock.com
Berlin - 

Jedes Jahr findet am 29. Oktober der Welt-Psoriasis-Tag statt. Im Volksmund wird die Erkrankung aufgrund ihres typischen Erscheinungsbildes auch als Schuppenflechte bezeichnet. Noch immer gibt es zahlreiche Vorurteile, mit denen Betroffene konfrontiert werden. Außerdem müssen durch die Erkrankung einige Hürden im Alltag gemeistert werden.

Rund zwei Millionen Deutsche leiden unter den Symptomen der Schuppenflechte: Stark schuppende, rötlich-entzündete Hautstellen, die von silbrig-glänzenden Schuppen bedeckt und leicht erhaben sind. Meist sind sie rundlich und klar von der umliegenden Haut abgegrenzt. Besonders oft sind Ellbogen, Knie, der behaarte Kopf und die Haut hinter den Ohren befallen.

Mehr als nur raue Haut

Doch die Betroffenen leiden nicht nur unter dem äußeren Erscheinungsbild, welches häufig zu Ausgrenzung und Stigmatisierung führt. Denn die trockenen Stellen können vor allem an den Gelenken bei Bewegung aufplatzen und einreißen. Dies führt zu starken Schmerzen und öffnet zudem die Pforten für Krankheitserreger. Neben den Schmerzen lässt vor allem auch der starke Juckreiz die Psyche leiden. An Schlaf ist im Schub oftmals nicht zu denken: Jede Bewegung schmerzt und lässt neue Stellen jucken.

Köbner Phänomen: Trigger für neue Plaques

Oft kommt es bei Psoriatiker:innen durch kleinste Verletzungen im Alltag oder „Druckstellen“ und Reibung zur Entstehung von neuen Plaques: Schon das Aufliegen des Brillenbügels oder der Kontakt zum Hosenbund kann ebenso neue Stellen triggern wie das Tragen von Schmuck oder Hautschäden durch Sonnenbrand. Auch nach einem Schnitt oder einer Schürfwunde können neue Plaques entstehen. Die Rede ist dabei vom sogenannten „Köbner Phänomen“.

Camouflage: Tarnung für besondere Anlässe

Betroffene meiden oft auch im Sommer das Tragen von kurzer Kleidung. Zu besonderen Anlässen wie einer Hochzeit oder einem Vorstellungsgespräch möchten die meisten jedoch nicht auf das perfekte Outfit verzichten. Um die geröteten Stellen bestmöglich abzudecken, reichen einfache Make-ups oft nicht aus. Besser geeignet ist hier sogenanntes Camouflage-Make-up. Grundsätzlich muss auch hier zwischen verschiedenen Produkten ausprobiert werden, denn nicht jeder verträgt sie. Das Auftragen von Make-up kann die betroffenen Stellen zusätzlich reizen und zu Juckreiz führen. Daher sollte nur in Ausnahmefällen auf das Abdecken gesetzt werden.

Zum Abdecken müssen die betroffenen Stellen glatt und schuppenfrei sein – ansonsten hält das Make-up nicht und macht die tiefen Furchen unter Umständen nur noch sichtbarer. Es gilt also die Stellen bereits einige Tage zuvor intensiv zu pflegen, damit keine Schuppen aufliegen. Nach Auftragen des Camouflage-Make-ups sollte noch ein Fixierpuder darübergestäubt werden, damit die Textur möglichst lange hält und nicht glänzt. Viele Hersteller versprechen sogar, dass ihr Produkt wasserfest ist – somit steht auch dem Besuch im Schwimmbad oder der Sauna nichts im Wege.

Achtung: Medikamente als Trigger

Die Ursachen der Schuppenflechte sind bis heute nicht vollständig geklärt. Ein wesentlicher Aspekt ist die genetische Veranlagung, die aber nicht zwingend zum Ausbruch der Krankheit führen muss. Neben Infektionen durch Streptokokken können auch Hormonschwankungen in Schwangerschaft und Pubertät oder psychische Faktoren als Auslöser in Frage kommen. Aber auch verschiedene Medikamente stehen im Verdacht den Ausbruch triggern oder den Verlauf verschlimmern und einen Schub auslösen zu können. Im Zweifelsfall sollte Rücksprache mit dem Arzt/der Ärztin gehalten werden. Nicht alle Wirkstoffe sind bei Komorbiditäten geeignet:

  • Blutdrucksenker (z.B. ACE-Hemmer, Betablocker und Calciumkanalblocker)
  • Antidepressiva (z.B. Lithiumsalze)
  • Schmerzmittel (z.B. ASS, Ibuprofen oder Diclofenac)
  • Cholesterinsenker (Statine)
  • Malaria- und Rheumamedikamente (z.B. Chloroquin)
  • Bestimmte Antibiotika (z.B Makrolide oder Tetrazykline)

Hürden bei der Familienplanung

Die Diagnose Psoriasis ist nicht zwingend ein Hindernis für die Familienplanung. Dennoch sollte sie gut überlegt sein und geplant werden. Denn unter manchen Therapien sollten Frauen nicht schwanger werden – vor allem, weil keine ausreichenden Daten vorliegen. Neben einer topischen Behandlung kommt bei schweren Fällen auch eine systemische Therapie in Frage beispielsweise mit Fumarsäureestern, Methotrexat (MTX), Ciclosporin oder Biologicals. Rund die Hälfte aller Psoriatikerinnen wird ungeplant schwanger.

Plant die Betroffene schwanger zu werden, sollte dies frühzeitig mit dem Arzt/der Ärztin besprochen werden. Denn oftmals muss nach Absetzen eines Medikamentes noch ein zeitlicher Abstand zur Schwangerschaft eingehalten werden. Hierbei müssen unterschiedlich lange Auswaschungsphasen der einzelnen Wirkstoffe beachtet werden – diese können mehrere Monate betragen. Mittlerweile gibt es relativ gute Erkenntnisse darüber, welche Wirkstoffe in der Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden können und welche nicht. Frühzeitig angesprochen kann gemeinsam mit dem Arzt/der Ärztin eine Therapieumstellung erfolgen.

Kampf um innovative Therapien

Die Versorgungssituation von Psoriatiker:innen ist noch immer schwierig, wie eine Analyse von GKV-Daten der Techniker Krankenkasse zeigt: Demnach erhalten inzwischen über 150.000 Betroffene mit Psoriasis in Deutschland eine leitliniengerechte Systemtherapie – darunter 55.000 Personen ein Biologikum. Und auch die Mehrheit der Patient:innen mit Bedarf nach einer topischen Behandlung erhält eine leitliniengerechte Therapie.

Doch es gibt noch Luft nach oben: Mit einem Versorgungsanteil von über 100.000 Patienten ist die innerliche Kortison-Behandlung weiterhin die häufigste Systemtherapie in Deutschland – von der Leitlinie wird diese jedoch nicht empfohlen. Eine solche Fehlversorgung finde vor allem durch Hausärzte und Internisten statt, aber auch unter Dermatolog:innen würden weniger als 50 Prozent die Arzneimittelinnovationen und damit das notwendige Spektrum der leitliniengerechten Systemtherapien einsetzen, erklärt der Berufsverband der Deutschen Dermatologen. Denn die neuen Wirkstoffe sind extrem teuer. Häufig werden Patient:innen daher trotz massiver Beschwerden noch immer mit lokalen Therapien behandelt – obwohl sie nicht den gewünschten Erfolg bringen.