Die Atopische Dermatitis (AD) und Prurigo nodularis (PN) sind chronisch-entzündliche Hauterkrankungen, die mit einem hohen Leidensdruck für die Betroffenen verbunden sind und sich noch immer schwer behandeln lassen. Nach der EMA-Zulassung im Februar 2025 ist Nemluvio (Nemolizumab, Galderma) jetzt auf dem Markt.
Der monoklonale Antikörper ist zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis bei Jugendlichen ab 12 Jahren und Erwachsenen sowie von mittelschwerer bis schwerer Prurigo nodularis bei Erwachsenen zugelassen. Der Wirkstoff ermöglicht erstmals eine gezielte Behandlung zur Kontrolle der durch Interleukin (IL)-31 vermittelten Symptome. Nemolizumab bindet dabei an den Interleukin-31(IL-31)-Rezeptor alpha und blockiert so die zugehörige Signalübertragung.
IL-31 ist ein körpereigener Botenstoff, der an Reaktionen wie Juckreiz, Entzündung und epidermaler Fehlregulation beteiligt ist. Durch die Anwendung können diese Prozesse unterbrochen und die zentralen Symptome der atopischen Dermatitis und Prurigo nodularis gelindert werden.
Nemolizumab wird subkutan per Fertigpen oder Fertigspritze verabreicht. Bei atopischer Dermatitis beträgt die Anfangsdosis 60 Milligramm, gefolgt von 30 Milligramm alle vier Wochen. Nach 16 Wochen kann die Erhaltungsdosis bei klinischem Ansprechen auf 30 Milligramm alle acht Wochen reduziert werden. Bei Prurigo nodularis erhalten Patienten unter 90 Kilogramm ebenfalls eine Anfangsdosis von 60 Milligramm, gefolgt von 30 Milligramm alle vier Wochen. Patienten mit 90 Kilogramm oder mehr erhalten weiterhin 60 Milligramm alle vier Wochen. Bei unzureichender Juckreizlinderung nach 16 Wochen sollte ein Abbruch der Behandlung erwogen werden.
Die AD ist eine häufige, chronische Hauterkrankung, die meist im Kindesalter beginnt und oft mit Asthma oder allergischer Rhinitis verbunden ist. Sie äußert sich klassich durch starken Juckreiz, trockene, schuppende Haut und ekzemartige Veränderungen wie Rötung, Nässen und Krustenbildung. Typische Stellen sind die Ellenbogen- und Kniebeugen sowie das Gesicht und der Hals. Die Ursachen sind eine gestörte Hautbarriere und eine übermäßige Immunreaktion. Eine Basispflege als Grundbehandlung ist essenziell.
Die Prurigo nodularis hingegen ist eine weniger bekannte, ebenfalls chronische Hauterkrankung, die durch extrem starken Juckreiz und die Bildung harter, prall erhabener Knoten – die Prurigo-Knoten genannt werden – gekennzeichnet ist. Diese Knötchen treten häufig symmetrisch an Armen, Beinen und dem Rücken auf und verkrusten durch ständiges Kratzen. Der ständige Juckreiz führt zu einem „Juckreiz-Kratz-Zirkel“, der die Hautveränderungen weiter verschärft. Das geht mit einem hohen Leidensdruck der Betroffenen einher.
Die genaue Ursache von Prurigo nodularis ist noch nicht vollständig geklärt, aber neuroimmunologische Mechanismen spielen eine zentrale Rolle. Besonders wichtig ist die Überexpression von Nervenwachstumsfaktoren (NGF), die die Juckreizwahrnehmung verstärken und die Erkrankung aufrechterhalten. Prurigo nodularis tritt häufig als Begleiterkrankung bei systemischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen oder neurologischen Störungen auf und beginnt oft erst im Erwachsenenalter.
Die Zulassung von Nemluvio basiert auf den klinischen Studienprogrammen Arcadia und Olympia. Das Arcadia-Programm mit über 1700 Teilnehmenden untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Nemolizumab bei atopischer Dermatitis in Kombination mit topischen Corticosteroiden und Calcineurin-Inhibitoren. Nach 16 Wochen zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Hautläsionen, des Juckreizes und der Schlafstörungen.
Das Olympia-Programm mit 560 Teilnehmenden ist die bisher größte klinische Untersuchung zu Prurigo nodularis. In den Studien wurde die Nemolizumab-Monotherapie über 16 bis 24 Wochen mit Placebo verglichen. Die Behandlung führte zu einer deutlichen und raschen Linderung von Juckreiz und Hautausschlag. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Reaktionen an der Injektionsstelle und allergische Reaktionen. Bei Prurigo nodularis traten zudem Kopfschmerzen, Ekzeme und eine mögliche Verschlechterung von bestehendem Asthma auf.
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