Auf antibakterielle Wirkstoffe besser verzichten

Hautcremes können dem Mikrobiom schaden Cynthia Möthrath, 08.02.2022 14:41 Uhr

Das Mikrobiom ist elementar für eine gesunde Haut: Langfristig können durch Störungen des Mikrobioms Allergien oder Krankheiten wie Neurodermitis entstehen. Foto: ART-ur/shutterstock.com
Berlin - 

Eigentlich soll Hautpflege dazu führen, dass die Haut gesund und geschmeidig bleibt. Manchmal können die Inhaltsstoffe jedoch das Gegenteil bewirken, wie eine Untersuchung des Unternehmens Belano medical zeigt: Demnach schädigen viele Hautcremes das Mikrobiom der Haut und beeinträchtigen so ihre Gesundheit.

Die Bedeutung des Mikrobioms wird sowohl in Bezug auf den Darm wie auch die Haut immer deutlicher. Durch eine Verschiebung des natürlichen Bakterien-Gleichgewichts können verschiedenste Erkrankungen entstehen. „Auch auf das allgemeine Wohlbefinden und den Gesundheitszustand eines Menschen könnte das negative Auswirkungen haben“, erklärt Belano medical.

Insgesamt hat das Unternehmen mehr als 30 Hautcremes und Hautpflege-Produkte auf mikrobiologische Wirkweisen getestet. Dabei wurde festgestellt, dass viele der Produkte das Wachstum von gesunden Bakterien wie Staphylococcus epidermidis hemmen oder es sogar gänzlich abtöten. „Diese guten Bakterien sind aber enorm wichtig für gesunde Haut“, erklärt Dr. Christine Lang, Professorin für Mikrobiologie an der TU Berlin und Vorstand Forschung und Entwicklung bei Belano medical. „In solchen Fällen können Hautcremes das Mikrobiom und damit die gesunde Hautflora aus dem Gleichgewicht bringen.“

Keine antibakteriellen Produkte verwenden

Oftmals werden – vor allem bei unreiner Haut – desinfizierende oder antibakterielle Wirkstoffe verwendet. Diese sollen dazu dienen, schädliche Keime zu eliminieren und so das Hautbild zu verbessern. Die Sorge vor Infektionen während der Corona-Pandemie habe nochmals zu einer verstärkten Nachfrage derartiger Produkte geführt – beispielsweise bei der Hautreinigung und Handpflege. „Das ist aber ein falscher Ansatz, der mehr schaden als nützen kann“, erklärt Lang.

Denn langfristig können durch die Schädigung des Mikrobioms Allergien oder Krankheiten wie Neurodermitis entstehen oder bestehende Symptome verschlimmert werden. Das gesunde Mikrobiom sei elementar für eine gesunde Haut. „Daher gibt es Bemühungen, in Zukunft viel stärker darauf zu achten, dass eine Hautpflege oder Kosmetik das Mikrobiom, also die Bakterienvielfalt auf der Haut schützt und stärkt.“

Das Mikrobiom schützt sich selbst

Denn die meisten Mikroorganismen auf der Haut seien harmlos und ihre Vielfalt essentiell für eine gesunde Haut. Denn die „guten“ Bakterien würden wie eine Art Schutzschild fungieren und sich gegen pathogene Keime richten. Dadurch kann es beispielsweise bei Verletzungen zu einer verbesserten Wundheilung kommen. Bei verschiedensten Erkrankungen wurde in den vergangenen Jahren beobachtet, dass die Vielfalt der Bakterien reduziert oder gestört ist. „Das beobachten wir bei Hauterkrankungen ebenso wie bei Magen-Darm-Krankheiten oder Verdauungsproblemen“, so Lang. Studien konnten bereits darlegen, dass die Einnahme von Probiotika oder die Verwendung von mikrobiotischen medizinischen Hautpflegeprodukten die Krankheitssymptome reduzieren und zu einer Verbesserung führen kann.

Studie belegt Wirkung von Probiotika-Spray

Als Ursache für die Ekzeme wird häufig eine bakterielle Besiedlung auf der Hautoberfläche angeführt. Die typischen betroffenen Hautstellen sind bei gesunden Menschen meist mit gramnegativen Bakterien besiedelt, diese Bakterien fehlen Kindern mit Neurodermitis, ebenso wie die sogenannten „Sphingolipide“, die von ihnen gebildet werden und einen Schutz vor anderen Bakterien bieten.

Eine Studie des National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda konnte 2020 zeigen, dass die Behandlung mit einem äußerlich angewendeten Probiotika-Spray bei Kindern mit Neurodermitis Linderung bringen konnte. Die Wirkung war zudem langanhaltend – sie hielt bis zu acht Monate nach Ende der Therapie noch an.