Triptane: Nun sind drei in der Sichtwahl Alexandra Negt, 12.11.2020 14:15 Uhr
Sumatriptan hat den OTC-Switch vollzogen. Mit diesem Wirkstoff steht nun der dritte Vertreter innerhalb der Wirkstoffgruppe der Triptane ohne Rezept zu Verfügung. Zwar muss die Diagnose Migräne vorab durch einen Arzt gestellt worden sein, bei der Beratung haben Arzt und Apotheker dennoch freie Hand. Neben Sumatriptan stehen auch Nara- und Almotriptan zur Auswahl. Wann sollte die Wahl auf welches Triptan fallen?
Sumatriptan steht demnächst in der Sichtwahl. Der Bundesrat hat einer entsprechenden Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) zugestimmt. Der Wirkstoff ist seit 1993 in Deutschland zugelassen und somit der älteste Vertreter der Wirkstoffklasse. Der Arzneistoff wird zur akuten Behandlung von Migräne mit und ohne Aura eingesetzt. Einzelne Fertigarzneimittel haben zudem die Indikation Cluster-Kopfschmerzen. Der Wirkmechanismus beruht auf einer Verengung der zerebralen Gefäße, die während eines Migräneanfalles weit gestellt sind. Sumatriptan vermindert außerdem die Ausschüttung von schmerzauslösenden und gefäßdilatierenden Mediatoren, zu denen auch das Serotonin gehört. Somit wirkt das Präparat nur bei tatsächlicher Migräne.
Um Fehleinschätzungen aufgrund von Eigendiagnosen seitens der Kunden zu vermeiden, ist der Verkauf eines OTC-Triptans nur nach vorheriger Diagnose durch den Arzt angezeigt. Oftmals verwechseln Patienten Migräne mit starken Spannungskopfschmerzen. Nicht selten sind hierfür tatsächliche Verspannungen im Schultergürtel verantwortlich. Die rezeptfreie Verfügbarkeit von Triptanen soll den Patienten vor allem eine Möglichkeit an die Hand geben schnell und eigenständig auf die Krankheit zu reagieren. Doch was ist, wenn der Patient in der Apotheke ein weiterhin verschreibungspflichtiges Triptan wie Ele- oder Rizatriptan fordert? Bei der Abgabe eines alternativen Wirkstoffes gilt es einige Punkte zu beachten.
Sumatriptan gehört zu den stärker wirksamen Triptanen mit schnellerem Wirkeintritt. Nach ungefähr zwei 2 Stunden wird die maximale Plasmakonzentration erreicht. Unter der Einnahme wird eine höhere Rückfallrate als bei anderen Wirkstoffen innerhalb dieser Arzneistoffgruppe beobachtet. Die Eliminationshalbwertzeit beträgt ungefähr 2 Stunden. Tabletten sind zu 50 mg und 100 mg je abgeteilter Einheit auf dem Markt. Frei verkäuflich sind Tabletten mit 50 mg pro Einzeldosis. Die maximale Packungsdosis beträgt 100 mg – pro Packung sind also 2 Tabletten enthalten. Die maximale Tagesdosis beträgt 300 mg.
Almotriptan zeigt einen ähnlich schnellen Wirkeintritt wie Sumatriptan. Die maximale Plasmakonzentration tritt ungefähr 1,5 bis 3,0 Stunden nach Verabreichung auf. Die erste Schmerzreduktion wird von den meisten Patienten bereits nach 45 Minuten wahrgenommen. Die Plasmahalbwertszeit beträgt durchschnittlich 3,5 Stunden beträgt. Dieser Wirkstoff ist als Tablette zu 12,5 mg erhältlich. Seit 2007 ist der Arzneistoff auch als OTC-Variante erhältlich. Auch hier beschränkt sich die maximale Packungsgröße auf zwei Tabletten, also 25 mg Almotriptan. Die Tageshöchstdosis ist 25 mg. 12,5 mg Almotriptan sind äquivalent in der Wirkung zu 100 mg Sumatriptan. Innerhalb des OTC-Bereiches gibt es keine Möglichkeit Patienten, die bisher 50 mg Sumatriptan eingenommen haben, auch freiverkäufliches Almotriptan umzustellen. Die Teilung der Tablette bei einer so geringen Dosis ist nicht zuverlässig.
Als dritte Variante ist Naratriptan seit 2005 in der Sichtwahl. Auch hier sind in einer Packung maximal zwei Tabletten à 2,5 mg, also einer Gesamtdosis von 5 mg enthalten. Naratriptan hat einen langsameren Wirkeintritt als die anderen beiden Wirkstoffe. Die maximale Plasmakonzentration wird nach drei bis vier Stunden erreicht. Die Wirkung hält jedoch bei den meisten Migräne-Patienten länger an. Naratriptan kann zu einer anderen Unterklasse der Triptane gezählt werden. Gleichwertig anzusehen – und somit leichter austauschbar – ist nur der verschreibungspflichtige Arzneistoff Frovatriptan. Die Tageshöchstdosis von Naratriptan beträgt 5 mg.
Naratriptan kann die richtige Wahl für die Behandlung von Patienten mit lang andauernden Migräneattacken sein. Darüber hinaus ist die Rate wiederkehrender Kopfschmerzen niedrig. Sie liegt bei ungefähr 17 bis 28 Prozent. Damit ist sie deutlich geringer als bei anderen Triptanen. Zum Vergleich: Für Sumatriptan geben einige Studien Recurrence-Raten von bis zu 45 Prozent an. Ein weiterer Vorteil bei Naratriptan ist die Möglichkeit der Nachdosierung. Reicht die erste Tablette nicht aus, so kann der Patient nach vier Stunden die Zweite nehmen. Almotriptan wird initial mit 12,5 mg dosiert, hier können Patienten bereits nach zwei Stunden eine weitere Tablette einnehmen.
Innerhalb der Beratung von Frauen sollte nach einer oralen Kontrazeption gefragt werden –in Studien zeigte sich, dass die maximale Plasmakonzentration von Naratriptan bei Männern im Vergleich zu Frauen um circa 35 Prozent niedriger war, möglicherweise durch die gleichzeitige Einnahme von oralen Kontrazeptiva. Orale Kontrazeptiva können die Gesamtclearance von Naratriptan um 30 Prozent mindern. Rauchen hingegen kann die Gesamtclearance um 30 Prozent erhöhen. Dennoch empfehlen die Hersteller keine Dosisanpassung. Gebrauchsanweisungen weisen bei gleichzeitiger Einnahme von oralen Kontrazeptiva auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko hin. Auch bei Nieren- und Leberinsuffizienz ist Vorsicht geboten – hier ist Naratriptan kontraindiziert.