Apotheken werden abhängig vom Internet Alexander Müller, 14.10.2016 15:03 Uhr
Die Apotheker dürfen den Medikationsplan vorerst nur ergänzen. Laut Gesetz ist auch ein handschriftlicher Eintrag möglich, was das Konzept mit dem aufgedruckten Data-Matrix-Code aber ad absurdum führt. Die Softwarehäuser haben daher allesamt technische Lösungen entwickelt, wie der Plan bequem eingelesen, befüllt und aktualisiert ausgedruckt werden kann. Der Bundesverband Deutscher Apotheken-Softwarehäuser (ADAS) bereitet sich derweil schon auf die nächsten Zündstufen des Medikationsplans vor. Überhaupt leben die EDV-Anbieter der Apotheker in spannenden Zeiten.
Patienten, die dauerhaft drei oder mehr Arzneimittel gleichzeitig einnehmen müssen, haben seit Oktober Anspruch auf einen Medikationsplan. Dieser wird vom Arzt erstellt und regelmäßig aktualisiert. Die Daten können über den 2D-Code eingelesen werden. Ab 2018 sollen die Informationen dann auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden.
Bis dahin haben die Softwarehäuser eigene Lösungen entwickelt. Allerdings gibt es viele Vorgaben, die jeder Anbieter erfüllen muss. Bei der Umsetzung dieser Spezifikation unterscheiden sich die Angebote daher eher im Detail.
Zu den zentralen Funktionen zählt der Import der Medikation, die schon in der Apotheken-EDV hinterlegt ist – inklusive Wechselwirkungscheck. Auch eine etwaige Umstellung des Rabattpartners wird angezeigt und kann übernommen werden.
Es gibt Standardfelder wie Einheit des Arzneimittel, den Grund der Einnahme oder sonstige Hinweise zu dieser. Die Softwarehäuser bieten hier meist eine Vorauswahl sowie zusätzlich die Möglichkeit einer Freitexteingabe.
Bei der Gestaltung des Plans können Apotheker etwa bei Awinta oder ADG Zwischenüberschriften einfügen. Vorgegeben sind Dauer- und Selbstmedikation, aber zur besseren Orientierung des Patienten können die Medikamente zum Beispiel in Indikationsgruppen sortiert werden.
Der aktualisierte Plan wird ausgedruckt und dem Kunden mitgegeben. Zum Teil ist die Bearbeitung auch im Backoffice möglich. Wenn es in der Apotheke besonders voll ist, kann der Patient seinen Plan dann ausnahmsweise bei seinem nächsten Besuch abholen.
Der ADAS war auf den Medikationsplan gut vorbereitet: Schon zur Expopharm vor einem Jahr wurde eine AMTS-Schnittstelle vorgestellt, deren Funktionen sogar weit über das derzeitige Angebot des Medikationsplans hinausgehen, etwa für Pflegedienste oder die Heimversorgung. Durch das E-Health-Gesetz habe die Entwicklung einen weiteren Schub bekommen, berichtet der ADAS-Vorsitzende Lars Polap (Pharmatechnik).
Für das Pilotprojekt ARMIN gab es schon vorher eine Spezifikation. Diese soll laut Gerhard Haas von ADG möglichst schnell an die Spezifikation für den Medikationsplan herangeführt werden, so dass vielleicht im Frühjahr ein gemeinsames Konzept zur Verfügung steht. Im ARMIN-Gebiet Sachsen und Thüringen müssen die teilnehmenden Apotheken heute damit leben, zwei verschiedene Pläne zu handhaben.
Die Softwarehäuser behalten die Entwicklung im Auge. Denn schon 2018 könnte der Medikationsplan auf die elektronische Gesundheitskarte (eGK) umziehen. Unklar ist laut ADAS noch, welche Rolle dabei die Telematik-Infrastruktur spielen soll. Je nachdem wird der Aufwand für die Softwarehäuser erheblich sein und der scheinbar weite Zeitkorridor kann eng werden. Die Softwarehäuser sprechen sich daher für eine mobile Lösung aus, bei der sich Patient und Heilberufler jeweils identifizieren und die Daten auf der Karte gespeichert werden.
Der ADAS hat zudem großes Interesse daran, dass die Apotheker ein eigenes sicheres Netzwerk etablieren, was nun auch geschehen soll. Für ARMIN wird derzeit nämlich noch das Ärztenetz KV-Safenet genutzt, was aber aufgrund der Besonderheiten der Apotheken auf Dauer keine ideale Lösung ist.
Denn die Software in den Apotheken muss immer mehr verschiedene Bereiche vernetzen – sei es der Kommissionierautomat oder die Preisaktualisierung in der digitalen Sichtwahl. Auch für diese Anforderungen wurden ADAS-seitig gemeinsame Schnittstellen entwickelt. Das ist vor allem für Apotheker wichtig, die eine Filiale mit einem anderen EDV-System oder Kommissionierer übernehmen. Der ADAS spricht von einem „Investitionsschutz für die Apotheker“.
Im Februar 2019 kommt mit Securpharm die nächste Mammutaufgabe: „Das ist für uns keine kleine Änderung, sondern ein Paradigmenwechsel in der Warenwirtschaft“, sagt Stephan Haux von Lauer-Fischer. Denn erstmals wird der Abgabeprozess in der Apotheke von externen technischen Vorgängen abhängen. Das Gesetz sieht eine Lösung mit zwei Servern vor, damit die Industrie nicht an die Daten der Apotheker kommt.
Das Pilotprojekt zu Securpharm läuft zwar gut, ein „industrierobuster Regelbetrieb“ ist aber laut Polap eine ganz andere Herausforderung. „Die Vernetzung der Apotheken wird stärker und die Abhängigkeit vom Internet immer größer“, so Polap.