Droht den Apotheken die nächste Retax-Welle? Die AOK Sachsen-Anhalt hat es aktuell auf Rezepturen abgesehen, andere Kassen wie die IKK Classic oder die DAK ziehen mit. Fehlt die Gebrauchsanweisung auf dem Rezept, wird auf „0“ gekürzt. Eine Heilung ist im Nachhinein ausgeschlossen.
Die Novellierung von § 3 Rahmenvertrag bietet den Apothekern zwar Heilungsmöglichkeiten und Retax-Schutz, aber dennoch schwebt über allem die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Laut § 2 AMVV muss bei Arzneimitteln, die in der Apotheke hergestellt werden, eine Gebrauchsanweisung auf der Verordnung angegeben werden. Hat der Arzt den Hinweis nicht aufgetragen, darf und muss der Apotheker heilen und die Angabe in Rücksprache mit dem Arzt nachtragen. Abgezeichnet wird mit Datum und Unterschrift.
Den formalen Anforderungen genügt beispielsweise die Angabe: „Bei Bedarf einmal täglich dünn auf die betroffenen Hautstellen auftragen“. Vorausgesetzt die Angabe ist plausibel und zum Wirkstoff passend. Fehlt die Gebrauchsanweisung oder ist diese fehlerhaft, kann gar nach § 12 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) von einer unklaren Verordnung gesprochen werden: „Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist.“
Das Fehlen der Gebrauchsanweisung fällt spätestens im Rahmen der Plausibilitätsprüfung auf. Diese muss nach § 7 ApBetrO durchgeführt werden. Fehlt die Angabe auf dem Rezept oder hat der Kunde vom Arzt schriftlich kein Dosierschema erhalten, muss Rücksprache gehalten werden. Aus Sicht der Kassen reicht es nicht, wenn Ärzte auf dem Rezept auf die allgemein vorgeschriebenen Dosierungen aus den Tabellen für die Rezeptur in DAC/NRF verweisen und beispielsweise eine NRF-Rezeptur verordnen. Denn in der Vorschrift sei eine konkrete Gebrauchsanweisung gefordert.
Die Gebrauchsanweisung zieht sich durch die Rezepturherstellung und -abgabe wie ein roter Faden. Nach § 14 ApBetrO muss neben den Angaben zu den Wirkstoffen nach Art und Menge und der sonstigen Bestandteile auch die Gebrauchsanweisung ihren Platz finden.
Apotheken kämpfen deutschlandweit mit den Fehlern der Ärzte. Eine Umfrage von APOTHEKE ADHOC im Sommer 2016 brachte die häufigsten Probleme ans Licht: Die Kompatibilität der Ausgangsstoffe bemängelten 64 Prozent der Teilnehmer. Ebenfalls schwer tun sich die verordnenden Ärzte anscheinend mit der Dosierung. Hier berichteten 42 Prozent von Problemen, 39 Prozent beklagten häufig eine falsche Grundlage. Es folgten die Fehler „falsche Anwendungshinweise“ und mit 16 Prozent und das weniger triviale „falsche Inhaltsstoffe“ mit 12 Prozent. Eine falsche Applikation bemängelten dagegen nur 2 Prozent der Teilnehmer.
Verordnungen über Betäubungsmittel müssen ebenfalls eine Gebrauchsanweisung enthalten. Der Arzt muss Einzel- und Tagesgabe vermerkt haben; ist dies nicht der Fall, muss der Vermerk „gemäß schriftlicher Anweisung“ auf dem Rezept zu finden sein. Fehlt dieser, wird auch hier auf „0“ retaxiert, da es sich nach § 3 Rahmenvertrag um ein nicht ordnungsgemäß ausgestelltes Rezept handelt.
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