Was wird von der Kasse erstattet

Retaxgefahr: Sprechstundenbedarf auf Rezept

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Berlin -

Rezepte über Verordnungen von Sprechstundenbedarf (SSB) bergen einige Stolperfallen und führen des Öfteren zu Retaxierungen. Welche Artikel beziehungsweise Produkte sind erstattungsfähig und auf welche Besonderheiten muss bei der Verordnung geachtet werden?

Sprechstundenbedarf bezeichnet Verband- und Nahtmaterial, Mittel zur Narkose und örtlichen Betäubung, sowie Desinfektionsmittel und Arzneimittel und Materialien, die zur unmittelbaren Behandlung beziehungsweise zur Akut- und Notfallbehandlung eingesetzt werden. Behandelt werden alle Patient:innen mit dem Sprechstundenbedarf – er darf folglich nicht speziell nur für eine/n Patient/in bestimmt sein. Der Bedarf wird kalendervierteljährlich bezogen und ist ausschließlich für gesetzlich krankenversicherte Patient:innen gedacht. Der Sprechstundenbedarf ist nicht für die Versorgung von Privatpatienten sowie Unfallverletzten bei Arbeits- und Wegeunfällen vorgesehen und auch die Verwendung von SSB bei stationärer Behandlung – auch bei belegärztlicher Behandlung – ist nicht zulässig.

Impfstoffe

Impfstoffe gemäß Schutzimpfungsrichtlinie (im Sinne einer Primärprävention) werden auf Muster 16 als Sprechstundenbedarf (Kennzeichnung „8“ und „9“) ohne Namensnennung rezeptiert. Der jeweilige Kostenträger ist in der geltenden Vereinbarung festgelegt. Impfstoffe, mit Ausnahme von Grippeimpfstoffen, können im laufenden Monat nach Bedarf bestellt werden.

Wirtschaftliche Verordnungen

In der Sprechstundenbedarfsvereinbarung wird geregelt, welche Materialien eine Arztpraxis vorhalten muss. Nur die in dieser Vereinbarung aufgelisteten Materialien dürfen auch verordnet werden. Die Verordnung von Sprechstundenbedarf sollte stets unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots erfolgen. SSB-Artikel müssen nach den Vorgaben der Arzneimittel-Richtlinie verordnet werden, insbesondere der Anlage V „Verordnungsfähige Medizinprodukte und der Anlage 3 „Übersicht über Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse“. Sind von einem Mittel größere Mengen zu ersetzen, sind preisgünstige Groß-, Klinik- oder Bündelpackungen zu verordnen. Ärzt:innen sind angehalten, bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf einen günstigen Bezugsweg zu wählen und – soweit verfügbar – Generika zu verordnen.

Keine einheitlichen Vereinbarungen

Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung wird auch der Sprechstundenbedarf geprüft. Die Prüfung des SSB ist in den Sprechstundenbedarfsvereinbarungen beziehungsweise anderen KV-spezifischen Vereinbarungen geregelt. Die Vereinbarungen werden zwischen jeder kassenärztlichen Vereinigung und den Landesverbänden der Kassen separat geschlossen. Daraus ergeben sich in Deutschland aktuell 17 verschiedene Vereinbarungen. Eine einheitliche Aussage über die Erstattungsfähigkeit von Produkten ist daher nicht möglich.

Auch bei Verordnungen von SSB sind Festbetragsregelungen zu beachten. Falls der Arzt/die Ärztin dennoch ein Arzneimittel verordnet, dessen Apothekenverkaufspreis über dem Festbetrag liegt, bezahlt die Krankenkasse ausschließlich die Kosten für den Festbetrag.

Unterschied zwischen Sprechstundenbedarf (SSB) und Praxisbedarf

  • Arztpraxis kann für Sprechstundenbedarf Rezept ausstellen
  • Sprechstundenbedarf muss nicht von Arztpraxis bezahlt werden
  • Praxisbedarf muss hingegen bezahlt werden, gehört zur Grundausstattung einer Arztpraxis und ist mit den Gebühren der ärztlichen Tätigkeit abgegolten.
  • Praxisbedarf sind Produkte für den Arbeitsalltag in der Arztpraxis
  • Typische Produkte für Praxisbedarf: Spritzen, Kanülen, Hand- und Flächendesinfektionsmittel (für Praxismitarbeiter ebenso wie für Patient:innen), Einmalhandschuhe, Holzspatel, diverse verschreibungspflichtige Arzneimittel und Schutzkittel

Ein Rezeptmuster 16 über Sprechstundenbedarf muss folgende Informationen enthalten:

  • Krankenkasse und Krankenkassennummer
  • Kreuz bei 9 für Sprechstundenbedarf und 7 für Hilfsmittel
  • IK-Nummer
  • Betriebsstättennummer (BSNR)
  • Lebenslange Arztnummer (LANR)
  • Datum des abzurechnenden Quartals
  • Artikelbezeichnung pro Position mit Abmaßen und Mengeneinheiten
  • Bestellmenge
  • Praxisstempel, Berufsbezeichnung, Vorname der Ärztin/des Arztes, Telefonnummer
  • Unterschrift der Ärztin/des Arztes

Übrigens: Der Umfang des Sprechstundenbedarfs muss den Bedürfnissen der Praxis entsprechen und in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Behandlungsfälle stehen. Andernfalls kann es in Ausnahmefällen zu Schadenersatzansprüchen kommen.

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