Abgabehilfe

Retaxfalle Medizinprodukt APOTHEKE ADHOC, 08.11.2017 07:57 Uhr

Berlin - 

Medizinprodukte verfolgen keine pharmakologische Wirkung sondern eine physikalische. Daher sind sie eigentlich von der Erstattung ausgeschlossen. Es gibt allerdings Ausnahmen – bei deren Belieferung wiederum verschiedene Retaxfallen lauern.

Erstattungsfähigkeit prüfen: Medizinprodukte sind grundsätzlich von der Erstattung ausgeschlossen und somit nicht verordnungsfähig. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist jedoch berechtigt, eine Positivliste festzulegen. In medizinisch notwendigen Fällen können dann Medizinprodukte in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Der Hersteller kann dazu beim G-BA eine Aufnahme beantragen. Medizinprodukte mit Arzneicharakter sind dann in Ausnahmefällen erstattungsfähig – wenn sie in der Anlage V der Arzneimittelrichtlinie aufgenommen sind.

Anlage V listet namentlich sowohl verschreibungspflichtige als auch nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte. Alle Produkte, die nicht in der Anlage aufgeführt sind sind auch nicht zu Lasten der GKV abrechenbar. Apotheker müssen bei der Abgabe auf die genaue Bezeichnung der Medizinprodukte achten, denn nur die Produkte, die namentlich aufgeführt sind, sind auch erstattungsfähig. Vor allem bei den Läusemitteln haben die Hersteller unterschiedliche Produkte am Markt, die nicht alle zu Lasten der GKV abrechenbar sind. Beispiele sind Hedrin One Liquid Gel (Stada) und Nyda (Pohl Boskamp) als erstattungsfähige Medizinprodukte – unter den aufgeführten Voraussetzugen. Hedrin One Spray Gel und Nyda Express sind hingegen nicht erstattungsfähig. Gleiches gilt für Kinderlax (Infectopharm) – die elektrolytfreie Formulierung wird von den Kassen für Kinder zwischen sechs und 11 Jahren zur Behandlung einer Obstipation übernommen, Kinderlax mit Zitrusgeschmack jedoch nicht.

Befristung prüfen: Apotheker müssen nicht nur auf die genaue Produktbezeichnung achten, sondern auch auf die Befristung der Erstattungsfähigkeit. Im Januar 2018 endet beispielsweise die Frist für BD PosiFlush XS und SP – der Hersteller kann jedoch eine Verlängerung beantragen. Einige Medizinprodukte sind auch unbefristet gelistet, dazu zahlen beispielsweise Dimet 20, Etopril, Hedrin Once Liquid Gel, Mosquito Med Läuseshampoo und Läuseshampoo 10 sowie Paranix ohne Nissenkamm zur physikalischen Therapie bei Kopflausbefall für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.

Kein Austausch gegen ein Arzneimittel: Ist ein Medizinprodukt rezeptiert, darf nicht gegen ein Arzneimittel ausgetauscht werden – auch nicht, wenn für dieses ein Rabattvertrag vorliegt. Gleiches gilt natürlich auch für rabattierte Importarzneimittel, auch in diesem Fall darf das verordnete Medizinprodukt nicht durch den Import ausgetauscht werden. Andersherum verhält es sich genauso. Dies ist beispielsweise bei Movicol Junior der Fall. Das Original von Norgine ist als Medizinprodukt und die Reimporte als Arzneimittel gelistet.

Bei Medizinprodukten gelten weder Rahmen- noch Rabattverträge. Auch die Packungsgrößenverordnung muss nicht beachtete werden. Für Medizinprodukte gilt jedoch das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V; „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen“.

Zusammenfassend sollten Apotheker vor der Lieferung eines Medizinproduktes zwei wichtige Fragen stellen und beantworten. Ist ein arzneimittelähnliches Medizinprodukt verordnet, das wortwörtlich in der Anlage V der Arzneimittelrichtlinie gelistet ist? Wird die laut Anlage festgelegte Frist eingehalten? Im Gegensatz zu Arzneimitteln besitzen Medizinprodukte keine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften sondern wirken physikalisch.