Retax-Falle: Falsche Verordnungen beim BtM-Rezept Sandra Piontek, 28.10.2022 08:03 Uhr
Die Bundesopiumstelle hat im Jahr 2021 mehr als 15,1 Millionen Betäubungsmittel-Rezepte an Ärzt:innen in ganz Deutschland versendet. Schon ein kleiner Fehler bei der Rezeptbearbeitung kann Apotheken viel Geld kosten. Gerade Retaxationen auf Null sorgen immer wieder für Ärger. Diese Fehler seien oft nicht der Apotheke zuzuschreiben, sondern der Arztpraxis, kritisieren Apotheker:innen. Die Heilung oder Neubeschaffung ist gerade bei Betäubungsmittel-Rezepten kompliziert. Was dürfen Apotheker:innen selbstständig ergänzen und sind solche Rezepte heilbar oder eine Neuausstellung zwingend notwendig?
Es gibt einige wenige Ausnahmen, in denen die Apotheke fehlende Angaben auf dem BtM-Rezept ergänzen darf. Diese Korrekturen dürfen immer erst nach Rücksprache mit der/dem verordnenden Ärztin/Arzt erfolgen. Dieser muss die vorgenommenen Änderungen auch auf Teil drei des Rezeptes übernehmen. Beide müssen abschließend die Änderungen mit Datum und Unterschrift abzeichnen.
Ausnahmen zur Änderung sind:
- Fehlende Dosierung: Apotheker:innen können Einnahmehinweise und Dosierung handschriftlich ergänzen – nach Rücksprache mit dem Arzt muss dazu geschrieben werden
- Fehlende Höchstmenge oder anderes Kennzeichen: handschriftliche Ergänzung – nach Rücksprache mit dem Arzt Höchstmengenüberschreitung notwendig „A“
- Das gilt auch für Kennzeichen wie „S“ (Verschreibung von Substitutionsmitteln) und „SZ“ (Verschreibung von Substitutionsmitteln für Überbrückung weniger Tage)
- Fehlende Beladungsmenge: Diese muss angegeben werden, wenn sie nicht aus der herstellerspezifischen Verordnung hervorgeht – nach Rücksprache mit dem Arzt Beladungsmenge XY pro abgeteilter Arzneiform (Gesamtmenge Wirkstoff)
Achtung! In folgenden Fällen darf die Apotheke das Rezept nicht korrigieren. Hier dürfen nur Ärzt:innen Änderungen vornehmen:
- Gültigkeitsdauer des Rezeptes ist überschritten (Btm-Rezept ist sieben Tage nach der Ausstellung gültig)
- Fehlende Arztunterschrift
Übrigens: Gehen BtM-Verschreibungen auf dem Weg zu Patient:innen verloren, ist anders als bei unbenutzten, gestohlenen BtM-Rezepten keine Verlustmeldung an die Bundesopiumstelle erforderlich. Die behandelnde ärztliche Person dokumentiert den Verlust auf Teil III ihrer Verschreibung und kann betroffenen Patient:innen in eigener Verantwortung ein neues BtM-Rezept ausstellen.
Angaben die auf einem BtM-Rezept nicht fehlen dürfen:
- Name, Vorname und Anschrift des Patienten
- Ausstellungsdatum
- Arzneimittelbezeichnung, jeweils zusätzlich Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit, bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form, Darreichungsform
- Menge in Gramm oder Milliliter, Stückzahl der abgeteilten Form
- Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe oder ein Hinweis auf schriftliche Gebrauchsanweisung
- Bei Überschreitung der Höchstmenge in 30 Tagen „A“
- Name des verschreibenden Arztes, Zahnarztes oder Tierarztes, seine Berufsbezeichnung, Anschrift und Telefonnummer
- Unterschrift des Verschreibenden
- im Vertretungsfall der Vermerk „i.V.“
Übrigens: Bei Privatrezepten müssen LANR und BSNR nicht angegeben werden. Name und Berufsbezeichnung des Arztes gehören aber auch bei Privatrezepten unbedingt auf die Verschreibung.
In Ausnahmefällen ist eine Verschreibung von Betäubungsmitteln auf einem Kassen- oder Privatrezept möglich. Dieses muss mit dem Vermerk „Notfall-Verschreibung“ gekennzeichnet sein. Apotheker:innen sollten vor Abgabe des Arzneimittels möglichst Rücksprache mit dem Arzt halten, dieser hat folglich die Pflicht, unverzüglich ein gültiges BtM-Rezept nachzureichen. Dieses muss mit dem Buchstaben „N“ gekennzeichnet werden, so dass die Notfall-Verschreibung ersichtlich ist. Substitutionsmittel dürfen mit einer Notfall-Verschreibung nicht verordnet werden.
Achtung! Bislang galt die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) für die Höchstmengen wie oben beschrieben. Das Bundesgesundheitsministerium will die Höchstmengen bei Betäubungsmitteln streichen. Das geht aus einem Entwurf zur Änderung der BtMVV hervor. Für Apotheken würde das weniger Prüfaufwand und ein geringeres Retaxrisiko bedeuten. Damit entfällt laut BMG auch die Ausnahmeregelung, nach der eine Überschreitung der Höchstverschreibungsmenge für den Zeitraum von 30 Tagen im Einzelfall begründet, dokumentiert und die Verschreibung mit einem „A“ gekennzeichnet werden muss.