Wechselwirkungen

QT-Zeit: Was steckt dahinter? Benedikt Richter, 28.05.2019 15:05 Uhr

Viele Medikamente wirken kardiotoxisch und können bei kombinierter Gabe verstärkte Effekte auf die QT-Zeit haben. Foto: Science Photo Library
Berlin - 

Sie ist eine der meist gefürchteten Wechselwirkungen, ihre Folgen sind oft tödlich. Sie tritt bei unzähligen Arzneistoffen auf und stellt einen jeden Tag aufs Neue vor die Fragen: Wie verhält man sich richtig? Arzt konsultieren? Medikament absetzen? Ignorieren? Ein Überblick über die berühmt berüchtigte Verlängerung der QT-Zeit.

Bei der QT-Dauer (auch: QT-Intervall) handelt es sich um eine Messgröße im Elektrokardiogramm (EKG), die Aufschluss über die Gesamtdauer der Kammererregung im Herzen gibt. Pro Minute pumpt das Herz circa fünf Liter Blut, um die Organe zu versorgen. Jeder Kontraktion geht eine elektrische Erregung voraus, die vom Sinusknoten zu den Herzmuskelzellen geleitet wird. Ein EKG erfasst alle elektrischen Aktivitäten der Herzmuskelfasern und gibt sie in Form von Kurven in einem Bild wieder. Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf die Aktivität des Herzens ziehen.

Die QT-Dauer ist frequenzabhängig, ihre Risikowerte werden unterschiedlich angegeben. In der Regel dauert sie zwischen 470 mS bei Frauen und 450 mS bei Männern. Testosteron verkürzt die QT-Zeit um circa 20 mS, weshalb Frauen empfindlicher auf QT-Verlängerungen reagieren. Gleiches trifft auf Männer zu, die Antiandrogene einnehmen. Auch bei ihnen ist das QT-Risiko erhöht.

Viele Medikamente wirken kardiotoxisch und können bei kombinierter Gabe verstärkte Effekte auf die QT-Zeit haben. Eine Verlängerung des Intervalls führt zu Rhythmusstörungen und im weiteren Verlauf zu Kammerflimmern und damit zum Tod. Daher darf diese Wechselwirkung nicht unterschätzt werden und bedarf immer einer Klärung. Wie geht man dabei vor?

Natürlich obliegt letztlich dem Arzt die Therapiehoheit, dennoch können und müssen Apotheker und PTA ihr Fachwissen zur Aufklärung nutzen und dem Arzt helfen, eine Entscheidung zu treffen. Wichtige Fragen sind: Wer steht vor mir? Ist es ein Risikopatient (weiblich, höheres Lebensalter, Herzinsuffizienz, Schlaganfall)? Wann wurde das letzte EKG gemacht? Wie sind die Laborwerte bezüglich Magnesium, Calcium und Kalium? Werden mehrere Arzneistoffe kombiniert, die QT-verlängernd sind?

In vielen Fällen kann die Apotheke alternative Wirkstoffe vorschlagen. Hilfe dafür bietet der Interaktionscheck der Apothekensoftware. Sollte es keine Alternativen geben oder sollten diese vom Arzt nicht gewünscht sein, empfiehlt sich eine regelmäßige elektrokardiografische Überwachung und eine möglichst geringe Initialdosis. Sollte das Intervall länger als 500 bis 560 mS sein oder der Patient an Schwindel, Benommenheit, Ohnmacht, Übelkeit oder Erbrechen leiden, müssen die Medikamente sofort abgesetzt beziehungsweise der Arzt informiert werden.

Allgemein gilt: Nicht jede Interaktion verlangt das sofortige Absetzen von Medikamenten. Dennoch sollte das Apothekenteam besprechen, wie man im Falle von Wechselwirkungen verfährt. Zweifel an der Kombination von Arzneimitteln müssen vor der Abgabe an den Patienten ausgeräumt werden, Warnhinweise im Interaktionscheck sollten beachtet und wenn möglich ausgedruckt und dokumentiert werden. Die Klärung des Falls mit dem Arzt sollte ebenfalls dokumentiert werden, falls spätere Rückfragen auftauchen.