Preisbildung für parenterale Zubereitungen – Teil 1 Alexandra Negt, 08.10.2019 14:48 Uhr
Das Taxieren von Rezepturen ist nicht immer einfach. Vor allem wenn es um parenterale Zubereitungen geht, kann es noch aufwendiger werden. Viele herstellende Apotheken haben hierfür eine eigene Abteilung. Neben den verwendeten Inhaltsstoffen und Primärpackmitteln müssen auch Hilfsmittel und Verwürfe taxiert werden.
Für die Herstellung von parenteralen Zubereitungen müssen Apotheken nicht die größten Gebinde am Markt verwenden. Es kann die Packungsgröße verwendet werden, die dem tatsächlichen Tagesbedarf entspricht. Es dürfen nur Fertigarzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) in Deutschland zugelassen und verkehrsfähig sind (einschließlich Importarzneimittel nach § 129 Abs. 1 SGB V) verwendet werden.
Der Apothekenabgabepreis ergibt sich aus der Summe der Preise der in der Zubereitung enthaltenen Stoffe. Diese ergibt sich durch die Multiplikation der abrechnungsfähigen Menge mit dem Abrechnungspreis je mg, ml oder I. E. Am Ende wird der festgelegte Zuschlag („Arbeitspreis“) und die Umsatzsteuer addiert. Mit dem Zuschlag sind die Sach- und Verwaltungskosten (Verbrauchsmaterial, Entsorgung und Dokumentation) abgegolten.
Grundsätzlich soll das Primärpackmittel der Trägerlösung als Packmittel für die Zubereitung verwendet werden. Die zusätzliche Abrechnung eines weiteren Primärpackmittels ist nicht zulässig, wenn Abpackungen von Trägerlösungen verfügbar sind die dem Volumen der Verordnung entsprechen. Bei der Ermittlung des Preises für Trägerlösungen ist der „mg-Preis“ gesondert für jede Wirkstärke/Konzentration zu berechnen (Beispiel: getrennte Berechnung für Glucose 5 Prozent und Glucose 40 Prozent).
Primärpackmittel wie Leerbeutel, Pumpen, Kassetten und Spritzen sind nur zusammen mit einer Zubereitung, in der sie das Primärpackmittel stellen, abrechnungsfähig. Bei der Wahl von Leer- und Mischbeuteln ist das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Pumpen und Kassetten sind nur dann abrechnungsfähig, wenn sie ausdrücklich verordnet wurden. Die Abgabe und Abrechnung von Hilfsmitteln richten sich nach den in dem jeweiligen Bundesland geltenden vertraglichen Regelungen (§ 127 SGB V).
Es muss stets der zweitgünstigste Apothekeneinkaufspreis festgestellt werden. Dieser bezieht sich auf die Zahl der unterschiedlichen Anbieter, nicht auf die absoluten Beträge der einzelnen Packungspreise. Im ersten Schritt wird der günstigste mg-Preis des Wirkstoffes aus allen Fertigarzneimittelpackungen eines Herstellers ermittelt. Der nächstgünstige Preis ist dann der Berechnung zu Grunde zu legen. Kommt dieser mg-Preis bei mehr als einem Pharmaunternehmen vor, so ist dieser dem zweitgünstigsten Preis gleichzusetzen. Bei preisgünstigere Importarzneimitteln ist der mg-Preis dieses Importarzneimittels maßgeblich. Ein Abschlag von 1 Prozent erfolgt auf diesen Preis nicht. Liegt der Wirkstoff als Salz vor, so erfolgt die Berechnung der mg-Preise erfolgt auf der Grundlage der freien Base oder Säure des Wirkstoffes.
- Beispielberechnung 1: mg-Preis Unternehmen A = 12,00 Euro; mg-Preis Unternehmen B = 14,00 Euro; mg-Preis Unternehmen C = 16,00 Euro à maßgeblicher Preis: 14,00 Euro.
- Beispielrechnung 2: mg-Preis Unternehmen A = 14,00 Euro mg-Preis Unternehmen B = 14,00 Euro mg-Preis Unternehmen C = 16,00 Euro à maßgeblicher Preis: 14,00 Euro.
Für die Taxation muss die abrechnungsfähige Menge festgelegt werden. Bei der Abrechnung aller parenteraler Zubereitungen sind die Pharmazentralnummern der tatsächlich verwendeten Fertigarzneimittel anzugeben. Hierfür gelten folgende Bestimmungen:
- Abrechnungsfähig sind ärztliche Verordnungen über parenterale Zubereitungen, die maximal den Wochenbedarf umfassen. In Art und Menge muss es sich um identische Zubereitungen handeln (applikationsfertige Einheiten).
- Die eingesetzten Fertigarzneimittelpackungen können entweder aus einer Packungseinheit oder aus mehreren abgeteilten Packungseinheiten bestehen.
- Eine Charge ist die an einem Tag je Verordnung hergestellte Anzahl identischer applikationsfertiger Einheiten. Gleiche Zubereitungen für unterschiedliche Patienten bilden keine gemeinsame Charge.
- Eine Teilmenge ist die aus einer Packungseinheit oder aus mehreren abgeteilten Packungseinheiten entnommene Menge.
- Als Anbruch gilt die noch nicht weiterverarbeitete Teilmenge.
- Unvermeidbare Verwürfe sind nicht weiterverarbeitungsfähige Teilmengen. Hierzu zählen Anbrüche, deren Haltbarkeit überschritten ist oder die aus rechtlichen Gründen nicht in einer anderen Rezeptur verarbeitet werden dürfen. Nicht angebrochene abgeteilte Packungseinheiten sind kein unvermeidbarer Verwurf (Beispiel: Entnahme einer Ampulle aus einer Packungseinheit mit 10 Ampullen). Bei Zubereitungen, die nicht in der abrechnenden Apotheke selbst hergestellt werden, sind ausschließlich die im Anhang 1 zu Anlage 3, Teil 1 aufgeführten Stoffe als unvermeidbare Verwürfe abrechnungsfähig. Bei Zubereitungen, die in der abrechnenden Apotheke hergestellt werden, ist das Spektrum der abrechnungsfähigen unvermeidbaren Verwürfe größer: Die im Anhang 1 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführten Stoffe und auch die im Anhang 2 zu Anlage 3 Teil 1 aufgeführten Stoffe können als unvermeidbarer Verwurf taxiert werden. Darüber hinaus kann ein unvermeidbarer Verwurf für weitere nicht aufgeführte Stoffe abgerechnet werden, insofern ein Anbruch der entsprechenden Packung nicht innerhalb von 24 Stunden in einer weiteren Rezeptur verwendet werden konnte.
Unvermeidbare Verwürfe müssen, damit sie abrechnungsfähig werden, die in Anlage 3 definierte Haltbarkeitszeit überschreiten. Die Zeitspannen sind in der Anlage 3 Teil 1 Anhang 1 angegeben. Für die Prüfung durch die Krankenkasse werden folgende Daten benötigt: Herstellungstag und Zeitpunkt, die eindeutige Kennzeichnung des Herstellenden durch eine vom DAV vergebene Nummer des Herstellenden, die Anzahl der hergestellten applikationsfertigen Einheiten an einem Tag aufgrund einer Verordnung und die an einem Tag für eine Verordnung verarbeiteten Teilmengen der verwendeten Fertigarzneimittel. Pro Hersteller darf maximal ein unvermeidbarer Verwurf je Fertigarzneimittelgruppe anfallen. Dieser muss kleiner sein, als die kleinste im Handel befindliche abgeteilte Einheit aller einer Fertigarzneimittelgruppe zugeordneten Fertigarzneimittel.
Wenn diese Bedingungen (inklusive Überschreitung der Haltbarkeitszeit) erfüllt sind, wird der unvermeidbare Verwurf in den Abrechnungsdaten mit dem Merkmal „Verwurf geprüft“ gekennzeichnet. Zur Berechnung des Preises nach allgemeinen Bestimmungen kann die Apotheke ein Rechenzentrum beauftragen.
Eine Prüfung durch die Krankenkasse kann bei begründetem Verdacht auf missbräuchliche Verwendung von Verwürfen oder der missbräuchlichen Verwendung des Kennzeichens „Verwurf geprüft“ eingeleitet werden. Die Abrechnungspreise für unvermeidbare Verwürfe sind innerhalb der Zusatzdaten zu übermitteln und dort zu kennzeichnen.
Die spezifischen Zusatzregelungen parenteraler Lösungen je nach Wirkstoff folgen in Teil 2.