Die meisten Medikamente sind orale Darreichungsformen, doch Wirkstoffe können auch mittel eines Pflasters in den Körper gelangen und einen therapeutischen Effekt hervorrufen. Erwünscht ist dies beispielsweise bei Patienten, bei denen eine Umgehung des Magen-Darm-Trakts indiziert ist, die beispielsweise Schluckbeschwerden haben oder bei denen ein gleichbleibender Wirkstoffspiegel im Blut für die Therapie notwendig ist.
Während früher das Stichwort Pflaster Assoziationen zur Wundversorgung hervorrief, können die transdermalen therapeutischen Systeme (TTS) viel mehr. Mit ihrer Hilfe werden Arzneistoffe durch die Haut in den Blutkreislauf gebracht. Sie sind ein fester Bestandteil der evidenzbasierten Arzneimitteltherapie und stellen eine Alternative zu Tabletten, Kapseln und Lösungen dar. Außerdem gewährleisten Pflaster keinen schnellen Wirkeintritt, bei akuten Schmerzen beispielsweise wäre der Einsatz daher kontraproduktiv.
Die epithelialen Schichten der Haut bilden semipermeable Membranen, die für bestimmte Substanzen durchlässig sind. Nicht jeder Wirkstoff ist zum Transport über die Haut geeignet. Vielmehr spielen physiko-chemische Eigenschaften der Substanz eine besondere Rolle. Relativ kleine Wirkstoffmoleküle können die Haut durchdringen. Diese Möglichkeit nutzen transdermale Pflaster aus. Die Applikation von transdermale Darreichungformen geht zudem mit der Vermeidung des First-Pass-Effekts einher; die Substanz liegt am Wirkort unverändert vor.
Aus dem Apothekenalltag dürften bestimmte Präparate bekannter sein als andere. Prominente Vertreter dieser Gruppe sind zweifelsohne die verschreibungspflichtigen Schmerzpflaster, die bei chronischen Schmerzen eingesetzt werden. Bei mittelstarken bis starken Schmerzen ist Buprenorphin indiziert, als Fertigarzneimittel sind beispielsweise Transtec (Grünenthal) und diverse Generika auf dem Markt. Patienten mit starken Schmerzen können dagegen Fentanyl-Pflaster verschrieben bekommen. Der Wirkstoff in dieser Darreichungsform wird konstant und gleichmäßig über einen bestimmten Zeitraum freigesetzt. Dadurch können Schmerzspitzen vermieden und eine schmerzlindernde Wirkung während der Nacht erreicht werden. Aus dem OTC-Bereich sind wirkstoffhaltige Schmerzpflaster mit Diclofenac bekannt.
Weiterhin werden Pflaster bei neurodegenerativen Erkrankungen eingesetzt. Therapeutisch findet beispielsweise der Wirkstoff Rotigotin (Neupro, UCB) bei Patienten mit Morbus Parkinson Anwendung. Alzheimer-erkrankte Personen können mit Rivastigmin über ein Pflaster (Exelon, Novartis) therapiert werden. Auch aus der Hormontherapie (Wechseljahre) ist der Einsatz von Estradiol-haltigen Pflastern gängig. Da in der Menopause generell die Konzentration des Hormons im weiblichen Körper erniedrigt und ein schneller Wirkeintritt nicht von zentraler Bedeutung ist, kann eine Resorption über die Haut sinnvoll sein.
Weitere Anwendungsgebiete der transdermalen Darreichungsform ist die Prophylaxe und Langzeitbehandlung der Angina pectoris mittels Nitroglycerin (Minitrans, Meda) und auch Nicotin-haltige Mittel zur Raucherentwöhnung (Nicotinell, Nicorette). Durch die konstante Wirkstoffzufuhr kann ein gleichmäßiger Nicotin-Wirkstoffspiegel im Blut erreicht werden, der sich dann in einem verminderten Rauchverlangen niederschlagen kann. Pflaster können auch die tägliche Einnahme von Tabletten vermeiden. Das spielt bei der Kontrazeption eine Rolle: Das Verhütungspflaster von Evra (Norelgestromin/Ethinylestradiol) muss dadurch nicht täglich, sondern wöchentlich appliziert werden.
Die Dosierung von transdermalen Pflaster variiert je nach Indikation (einmal oder mehrmals täglich, wöchentlich). Bei Rivastigmin wird nicht empfohlen, das transdermale Pflaster auf den Oberschenkel oder Bauchbereich aufzukleben, da dort die Bioverfügbarkeit von Rivastigmin vermindert ist. In jedem Fall sollte es auf saubere, trockene, unbehaarte und intakte gesunde Haut aufgeklebt und der Klebeort regelmäßig gewechselt werden, um das Risiko von Hautreizungen zu minimieren. Eine Applikation auf gerötete, gereizte oder verletzte Haut sollte vermieden werden. Der Kunde sollte darauf hingewiesen werden, dass zu heißes Duschen, Saunabesuche und intensive Sonnenstrahlung zu einer Überdosierung führen können (Dose-dumping). Das Gleiche gilt beim Zerschneiden von Membran-Pflastern. Wegen mangelnder Dokumentation von Nutzen und Sicherheit kann ein Zerschneiden von allen wirkstoffhaltigen Pflastern in der Regel nicht empfohlen werden.
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