OTC-Verordnungen: Die Krux mit der Prüfpflicht Alexandra Negt, 04.04.2022 07:43 Uhr
Eigentlich sind die Regeln bekannt: Rx-Medikamente gehören auf ein rosa Rezept und OTC-Präparate auf ein grünes Rezept. Doch es gibt Ausnahmen: Eine Erstattung von verschreibungsfreien Arzneimitteln ist auch für über 18-Jährige möglich. Dann entscheidet allerdings die Diagnose. Die Apotheke hat hierbei nicht in allen Fällen eine Prüfpflicht.
Wird ein OTC-Arzneimittel für eine/n Patient:in über 18 Jahre verordnet, so übernimmt die Krankenkasse die entstehenden Kosten nur dann, wenn das Arzneimittel gewissen Kriterien entspricht. In der Arzneimittelrichtlinie Anlage 1 finden sich OTC-Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten und dementsprechend zu Lasten der GKV abgegeben werden dürfen.
Häufige OTC-Arzneimittel, die zu Lasten der GKV abgegeben werden, sind:
- Iodid- und Iod-Verbindungen
- Nasale Glukokortikoide
- Dermatika mit Urea über 5 Prozent
- Folsäure
- Eisen-(II)-Verbindungen
- Calcium-Verbindungen
- Antimykotika
Hierbei sind jedem Arzneistoff Indikationen zugeordnet. So können Calciumverbindungen ausschließlich zur Behandlung der manifesten Osteoporose, bei zeitgleicher Steroidtherapie oder ergänzend zu einer Bisphosphonat-Behandlung zu Lasten der GKV abgegeben werden. Eine generelle Versorgung mit dem Mineralstoff wird von der Krankenkasse nicht übernommen – hier muss der/die Kund:in selbst zahlen.
Prüfpflicht? Ja und nein!
Liegt nun ein Rezept über ein OTC-Arzneimittel vor, so muss die Apotheke prüfen, ob das sich verordnete Präparat in der Arzneimittelrichtlinie Anlage 1 findet. Ist dies der Fall muss der/die Apotheker:in oder PTA überprüfen, ob der Arzt/die Ärztin eine Diagnose angegeben hat. Fehlt die Diagnose, so hat die Apotheke keine Prüfpflicht. Eine Rücksprache mit dem/r Verordner:in muss nicht erfolgen. Das verschriebene Präparat kann abgegeben werden.
Anders sieht es aus, wenn der Arzt/die Ärztin eine Diagnose angegeben hat. Dann wird die Apotheke in die Pflicht genommen und muss prüfen, ob es sich bei der Angabe um eine in der Anlage aufgeführte Diagnose handelt. Stimmt diese mit der OTC-Übersicht des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) überein, so kann das Präparat abgegeben werden. Ist dies nicht der Fall, so muss Rücksprache mit dem/r Verordner:in gehalten werden. Unter Umständen muss lediglich der Wortlaut geändert werden, sodass die Apotheke keine Retax riskiert. Wird die Diagnose nicht in der Anlage aufgeführt, so sollte der Arzt/die Ärztin ebenfalls darüber informiert werden, sodass gemeinsam eine Lösung gefunden werden kann.
Achtung: Blick aufs Detail!
Bei einigen Stoffen muss der/die Apotheker:in und der/die PTA besonderes genau hinschauen. So kann eine Calciumverbindung nur dann zu Lasten der GKV abgegeben werden, wenn pro abgeteilter Einheit mindestens 300 mg Calcium-Ionen enthalten sind. Bei Urea-Salben muss ein Mindestgehalt von 5 Prozent erfüllt sein und auch bei Salicylsäure-haltigen Salben und Cremes muss der Gehalt mindestens 2 Prozent aufweisen. Bei Folsäure-Monopräparaten muss die Dosiseinheit von 5 mg erfüllt sein. Vorsicht gilt auch bei Kombinationsarzneimitteln. Oftmals ist nur die Verschreibung von Monopräparaten möglich.