So wird off-label abgerechnet Nadine Tröbitscher, 24.02.2017 10:37 Uhr
Arzneimittel werden von den Krankenkassen für die Indikationsgebiete erstattet, für die sie zugelassen sind. Der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist jedoch stets im Wandel und so ergeben sich für bekannte Wirkstoffe neue Einsatzgebiete. In einigen Fällen übernehmen die Krankenkassen die Kosten auch im Off-Label-Use.
Wird ein Medikament außerhalb der zugelassenen Indikation angewendet, spricht man von einem Off-Label-Use. Eine Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses durch die zuständige Behörde – EMA, BfArM und PEI – hat meist nicht stattgefunden. Wirksamkeitsbelege können gänzlich fehlen oder nur unzureichend vorhanden sein.
Die Verschreibung ist dennoch arzneimittelrechtlich möglich und liegt in der Verantwortung des Arztes. Somit ist er in der haftungsrechtlichen Verantwortung. Der Hersteller übernimmt die Gefährdungshaftung nur, wenn er die nicht zugelassene Indikation als „bestimmungsmäßigen Gebrauch“ anerkannt hat.
Die Patienten müssen vom Arzt eine umfassende Aufklärung zum möglichen Nutzen und Risiko des Arzneimittels erhalten. Dieser muss dem Einsatz zustimmen. Die Behandlung ist dann vom Arzt lückenlos zu dokumentieren. Eine entsprechende Erweiterung der Zulassung kann nur durch den Hersteller beantragt werden, dazu müssen der zuständigen Behörde zusätzliche Ergebnisse aus klinischen Prüfungen vorgelegt werden.
Ein Off-Label-Use wird in einigen Fällen von der Krankenkasse erstattet. Möglich ist eine Kostenübernahme, wenn das Medikament in der Anlage VI im Teil A der Arzneimittel-Richtlinie gelistet ist. In diesem Fall sind Angaben zur Patientengruppe, der Indikation, der Dosierung, der Behandlungsdauer und der Hersteller, die die Gefährdungshaftung übernehmen, aufgeführt. Die entsprechende Haftungsübernahme ist in Paragraph 84 des Arzneimittelgesetzes (AMG) geregelt. Medikamente im Teil B sind grundsätzlich als „nicht verordnungsfähig“ eingestuft.
Welche Arzneimittel in die Arzneimittel-Richtlinie aufgenommen werden, obliegt der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) eingerichteten Expertengruppe, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beauftragt wird. Eine weitere Grundlage für die Erstattung sind vom G-BA nicht widersprochene klinische Studien. Ebenso werden die Kosten übernommen, wenn mit dem Off-Label-Use eine schwerwiegende lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachträglich beeinträchtigende Erkrankung behandelt wird. In diesem Fall darf jedoch keine andere Therapie zur Verfügung stehen.
Beispiele sind Lamotrigin gegen zentrale neuropathische Schmerzen nach einem Schlaganfall oder Verapamil zur Prophylaxe eines Clusterkopfschmerzes. Valproinsäure kann zur Migräneprophylaxe bei Erwachsenen ab 18 Jahren eingesetzt werden. Die Haftung übernehmen die Hersteller: ACA Müller, Betapharm, Dolorgiet und TAD. Alle anderen haben keine entsprechende Erklärung abgegeben.