Retax-Fallen

Muster-16-Formular ≠ Muster-16-Formular

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Berlin -

Auf den ersten Blick sehen die „rosa Rezepte“ alle gleich aus, doch der Teufel liegt im Detail. Denn für einige Verordnungen auf dem Formular zur Abrechnung bei der Kasse gelten Sonderregelungen. Wir haben einige zusammengefasst und eine Übersicht erstellt.

Das „Bürokratiemonster“ Entlassrezept:
Seit Oktober dürfen Klinikärzte Rezepte zu Lasten der Kassen ausstellen. Für die Formulare gelten strenge Anforderungen, Retaxationen sind vorprogrammiert. Entlassrezepte müssen als Originalverodnung ausgestellt werden, eine Kopie ist nicht zulässig. Auch Aufkleber beispielsweise mit den Patientendaten dürfen keinen Platz auf den Verordnungen finden. Das rosa Rezept muss außerdem mit dem Aufdruck „Entlassmanagement“ gekennzeichnet sein, um es von den ambulanten Verordnungen unterscheiden zu können.

Die Klinikverordnungen müssen binnen drei Werktagen in einer öffentlichen Apotheke eingelöst werden. Da Klinikärzte keine Lebenslange Arztnummer (LARN) besitzen und eine Krankenhausarztnummer erst 2019 in Sicht ist, muss die sogenannte Pseudoarztnummer aufgedruckt werden. Diese besteht übergangsweise aus 4444444 und in den Ziffern acht und neun aus dem Facharztgruppencode. Aufgedruckt wird sie im Feld der Arztnummer. Außerdem ist die versorgungsspezifische Betriebsstättennummer (BSNR) des Krankenhauses Pflicht. Für den „Vertragsarztstempel“ gelten die regionalen Vereinbarungen.

Verordnet werden dürfen neben Arzneimitteln auch Heil-, Verbands- und Hilfsmittel, Soziotherapie und häusliche Krankenpflege. Klinikärzte dürfen nur in der kleinsten im Handel verfügbaren Packungsgröße gemäß Packungsgrößenverordnung verordnen, so soll der Bedarf von sieben Tagen gesichert sein. Apotheken müssen bei der Abgabe den Rabattvertrag der Krankenkasse beachten. Betäubungsmittel müssen auf einem BtM-Rezept verordnet werden, diese sind nur am Status 4 als Entlassrezept zu erkennen und ebenfalls nur drei Tage gültig.

Isotretinoin-Verordnungen
Verordnungen über Isotretinoin-haltige Arzneimittel zur oralen Anwendung müssen innerhalb von sieben Tagen nach Ausstellungsdatum eingelöst werden, schreibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Jedoch wird über die Rezeptgültigkeit gefeilscht, ob nun sechs plus eins oder sieben plus eins Tage die Regel sind – wer auf Nummer sicher gehen will, liefert nach der Regel sechs plus eins. Fakt ist jedoch, dass für Frauen im gebärfähigen Alter lediglich der Bedarf von 30 Tagen verordnet werden darf.

§27a, künstliche Befruchtung
Krankenkassen übernehmen bei Kinderwunsch unter bestimmten Voraussetzungen die Hälfte der Arzneimittelkosten. Grundlage ist §27a Sozialgesetzbuch (SGB). Verweist der Arzt im Rahmen der Verordnung auf den Paragraphen, besteht keine Prüfpflicht und Kasse und Patient teilen sich die Kosten. Eine Zuzahlung wird dann nicht fällig. Die Apotheke muss dann die Sonder-PZN 09999643 und die Hälfte des Arzneimittelpreises auf das Rezept drucken. Im Zuzahlungsfeld findet die „0“ ihren Platz.

Fehlt der Hinweis auf §27a muss der regionale Liefervertrag beachtet werden und gegebenenfalls der Prüfpflicht nachgekommen werden. Da einige Arzneimittel auch in anderen Indikationen verordnet werden können, zahlen Patienten in diesen Fällen lediglich die gesetzliche Zuzahlung, es sei denn es liegt eine Befreiung vor.

BG-Rezept
Im Falle eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit können Rezepte zu Lasten der Berufsgenossenschaft ausgestellt werden. In diesem Fall können sowohl Heil- als auch Hilfsmittel verordnet werden. Auch Verband- und Hilfsmittel sowie apothekenübliche Waren, zu denen auch Körperpflegemittel und Medizinprodukte gehören, werden erstattet. Obacht ist jedoch bei der Abgabe von Hilfsmitteln geboten, denn diese dürfen nur nach entsprechender Präqualifizierung geliefert werden. Die Patienten zahlen keine Zuzahlung und sind in Einzelfällen auch von den Mehrkosten befreit. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise Aut-idem gesetzt ist oder die Notwendigkeit durch einen entsprechenden Vermerk bestätigt wurde. Apotheker müssen bislang keine Rabattverträge beachten, jedoch die üblichen Importregelungen.

Auf dem BG-Rezept müssen Unfallort und -tag sowie die BG als Kostenträger enthalten sein. Außerdem muss das Feld „Arbeitsunfall“ angekreuzt sein. Handelt es sich um eine Berufskrankheit, ist das Feld nicht anzukreuzen und stattdessen der Vermerk „BK“ vorzunehmen.

Sozialamtsrezept
Sozialamtsrezepte stellen die wohl größte Hürde der Versorgung dar. Einheitliche Regelungen in allen Bundesländern gibt es derzeit nicht. Apotheken müssen im Falle von SV-Rezepten den Kostenträger prüfen, denn ändert sich der Status der Versicherten, kann ein anderer Kostenträger zuständig sein – ein Fakt, den das Rezept nicht verrät. Daher sollte vor der Abgabe Rücksprache mit dem angegebenen Kostenträger gehalten werden. Die Kontaktdaten kann man bei Bürgerdiensten, Landratsämtern oder bei den Landesapothekerverbänden erfragen. Meist gibt es zwei unterschiedliche Anlaufstellen – einmal im Sozialamt selbst und einmal bei der Asylstelle. Dies ist jedoch mühsam und zeitaufwendig. Andernfalls kann die Verordnung bis zur endgültigen Klärung als Privatrezept behandelt werden.

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