Ist ein Arzneimittel nicht lieferbar, so muss die Apotheke ein anderes Präparat abgeben. Kommt es zu einer Versorgung oberhalb des Festbetrages, so entstehen Mehrkosten. Diese müssen beglichen werden – je nach Grund der Alternativabgabe entweder von der Kasse oder vom Patienten selbst.
Nicht immer können Apotheken das rabattierte Arzneimittel abgeben. Hierfür kommen unterschiedliche Ursachen in Frage. Vorrangig sind Lieferengpässe der Grund. Innerhalb der letzten Monate kam es auch aufgrund der Corona-Pandemie zu Abgaben von nicht-rabattierten Arzneimitteln. Durch die Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung wurden Apothekern gewisse Spielräume bei der Belieferung eingeräumt, sodass Mehrfachkontakte zum einen zwischen Arzt und Patient und zum anderen zwischen Apotheker und Patient vermieden werden konnten.
Unter dem Festbetrag versteht man die vom GKV-Spitzenverband festgelegte Preisobergrenze für ein Arzneimittel. Diese Summe gilt als maximaler Betrag, den die Kassen für das Präparat zahlen. Festbeträge werden gebildet, wenn mehrere Arzneimittel als vergleichbar eingestuft werden und die Kassen eine niedrige Erstattungsobergrenze festlegen wollen – es werden Festbetragsgruppen gebildet. Etwa 80 Prozent der ärztlichen Verordnungen betreffen Arzneimittel aus Festbetragsgruppen, die 40 Prozent der Umsätze im GKV-Markt ausmachen. Geht das Preisniveau innerhalb der Festbetragsgruppe nach unten, senkt auch der GKV-Spitzenverband den Festbetrag.
Normalerweise zahlen Patienten entstehende Mehrkosten selbst. Wer nicht aus eigener Tasche zahlen will, der kann alternativ auch mit einem anderen Arzneimittel versorgt werden, für das keine Aufzahlungen fällig werden. Die Voraussetzung: Das Alternativpräparat ist als therapeutisch gleichwertig eingestuft.
Die meisten Arzneimittelrückrufe erfolgen auf Apothekenebene, dennoch kommt es ab und an vor, dass Medikamente auch auf Patientenebene zurückgerufen werden. Zuletzt trat dieser Fall im Februar ein, als der Emerade Notfallpen aufgrund eines defekten Auslösemechanismus zurückgerufen wurde. Liegt der Apotheke solch eine Ersatzverordnung vor, fallen für den Patienten weder Zuzahlung noch Mehrkosten an. Abgerechnet wird über die Sonder-PZN 06461067, ansonsten droht eine Retaxierung.
Gerade während der Corona-Pandemie kann es im Zuge der erleichterten Abgaberegeln zu einer Versorgung oberhalb der Festbetragsgrenze kommen – auch wenn der Rabattvertrag der Kasse stets Vorrang hat. Die Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung regelt die Ausnahmen während Pandemie. Folgende Voraussetzungen ermöglichen die Abgabe eines nicht-rabattierten Arzneimittels:
Weicht die Apotheke entsprechend der Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung von der im Rahmenvertrag festgelegten Abgaberangfolge ab und versorgt den Patienten mit einem vorrätigen wirkstoffgleichen Arzneimittel, dessen Preis über dem Festbetrag liegt, muss der Patient tiefer in die Tasche greifen und die anfallenden Mehrkosten selbst zahlen. Während der Pandemie hatten einige Kassen zeitlich befristete Übergangsregeln geschaffen, in denen eventuell anfallende Mehrkosten übernommen werden sollten. Auch hier gilt wie immer: Um einen Retax zu vermeiden, müssen Ergänzungen auf der Verordnung vorgenommen werden: Apotheken drucken den vollen Arzneimittelpreis auf und ergänzen die entsprechende Sonder-PZN mit zugehörigem Faktor (5 oder 6). Ein zusätzlicher handschriftlicher Vermerk „Corona“ ist ebenfalls sinnvoll.
Ist bei Rezeptvorlage kein rabattiertes Arzneimittel verfügbar, so ist die Apotheke zur Abgabe eines lieferbaren, wirkstoffgleichen Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB V) berechtigt. Der Patient soll hierdurch keinen finanziellen Nachteil erleiden. Somit ist innerhalb des Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetzes festgelegt, dass die Vertragspartner (Kasse und Unternehmen) eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln sicherstellen müssen. Ist kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt folglich die Krankenkasse die Mehrkosten und nicht der Patient. Dies ist seit Anfang August auch im Rahmenvertrag verankert.
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