Medizinprodukte sicher abrechnen Eva Bahn, 13.06.2019 13:10 Uhr
Die korrekte Abrechnung von Medizinprodukten auf Kassenrezept ist nicht immer leicht. Welche Regeln gelten hier, und welche Unterschiede gibt es von Kasse zu Kasse? Wie ist die Definition eines Medizinproduktes und wie unterscheiden sie sich von Arzneimitteln oder Hilfsprodukten? Wann sind sie erstattungsfähig, und in welchen Fällen muss der Kunde selbst bezahlen? Welche Produkte müssen getrennt verordnet werden, und welche rechtlichen Grundlagen gelten bei der Abrechnung?
Ein Medizinprodukt wird definiert als ein Gegenstand, ein Stoff oder auch eine Software, die zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken für Menschen verwendet wird. Seine Hauptwirkung ist dabei physikalisch und nicht pharmakologisch. Bei der Abrechnung zulasten der Krankenkassen gilt zunächst grundsätzlich, dass Medizinprodukte grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Die Ausnahmen dieser Regel finden sich in der Arzneimittel- Richtlinie des G-BR in der Anlage V.
Dort wurde festgehalten, dass ein Medizinprodukt erstattungsfähig ist, wenn es:
- entsprechend seiner Zweckbestimmung nach Art und Ausmaß der Zweckerzielung zur Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V und § 28 geeignet ist,
- eine diagnostische oder therapeutische Interventionsbedürftigkeit besteht,
- der diagnostische oder therapeutische Nutzen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und
- eine andere, zweckmäßigere Behandlungsmöglichkeit nicht verfügbar ist.
Sobald ein Medizinprodukt also in der Anlage V zu finden ist, erstattet es die Kasse. Vorsichtig ist jedoch geboten, da manche der dort aufgeführten Produkte einer Befristung unterliegen. Ist diese abgelaufen und wird es abgegeben, so wird auch das Rezept retaxiert. Die Herstellerfirmen sind oft bemüht, diese zeitlichen Grenzen zu erweitern. Ein Beispiel für eine verlängerte Befristung ist „Serumwerk-Augenspüllösung BSS“, deren Frist vom „14. Dezember 2017“ auf den „14. Dezember 2019“ nur ein paar Wochen vor deren Ablauf ausgedehnt werden konnte. Daher ist es immer nötig, vor der Abgabe auf die neueste Fassung der Arzneimittel-Richtlinie zu achten.
Für Verbandmittel und Teststreifen wird die Verordnungsfähigkeit im § 31 des SGB V festgelegt. Zu den grundsätzlich verordnungsfähigen Verbandmitteln zählen
- Hydrokolloidverbände
- wirkstofffreie Hydrogele
- Alginatkompressen
- Schaumstoffverbände
- Saugkompressen
- antimikrobielle Wundauflagen
- Fettgazen
- sterile und unsterile Folie
Dazu muss allerdings ein Vertrags- oder Abrechnungspreis vom Hersteller mit der Krankenkasse vereinbart worden sein. Ist das nicht der Fall, so wird die Krankenkasse das Rezept retaxieren.
Teststreifen für Urin oder Blutzuckermessgeräte werden ohne Diagnose wie Arzneimittel auf Rezept verordnet und sind für den Patienten von der Zuzahlung befreit. Insulinpflichtige Diabetiker können sich die Blutzuckerteststreifen immer vom Arzt in der benötigten Menge verordnen lassen. Bei nicht-insulinpflichtigen Diabetikern sind die Blutzucker-Teststreifen ausschließlich bei instabiler Stoffwechsellage verordnungsfähig, und hier auch nur maximal 50 Teststreifen auf einmal. Da die Apotheke hier aber keiner Prüfpflicht unterliegt trägt der Arzt die Verantwortung für seine Verordnung. Auch hier gelten jedoch die Vertragspreise der jeweiligen Krankenkassen.
Die letzte Gruppe der Medizinprodukte, die für die Abrechnung in der Apotheke relevant ist, sind Hilfsmittel. Die Regeln der Abgabe werden im § 33 des SGB V definiert. Hier muss darauf geachtet werden ob mit der Krankenkasse ein Hilfsmittelliefervertrag besteht. Nicht immer kann diesem problemlos beigetreten werden, und manchmal muss auch individuell ein Kostenvoranschlag erstellt werden um das Hilfsmittel an den Patienten abgeben zu können. Cave: Hilfsmittel und Arzneimittel dürfen nicht auf demselben Rezept verordnet werden, der Arzt muss sie getrennt aufschreiben. Bei der Abgabe an den Patienten muss dieser auf der Rückseite der Verordnung samt Datumsangabe unterschreiben, sonst droht eine Retaxation.