Unter Lifestyle-Arzneimitteln werden Präparate zur Steigerung der Lebensqualität verstanden. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem gewisse Mittel zur Gewichtsreduktion, Nikotinersatzpräparate, Präparate bei sexueller Dysfunktion und Mittel zur Verbesserung des Aussehens. Im Normalfall übernimmt die Kasse die Kosten für solch eine Behandlung nicht – doch es gibt Ausnahmen.
In der Anlage II der AM-RL sind Medikamente aufgeführt, die vornehmlich eine Erhöhung der Lebensqualität zum Ziel haben. Deshalb ist eine Abrechnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich. Da der Einsatz dieser Präparate meist durch die private Lebensführung bedingt wird, ist der Patient für die Finanzierung eigenständig verantwortlich. Generell erfolgt keine Erstattung durch die Krankenkasse – in gewissen Fällen ist ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse jedoch erfolgsversprechend.
Innerhalb der Anlage II AM-RL sind Unterteilungen in folgende Gruppen vorgenommen worden:
Einige dieser Mittel haben eine Ausnahmebedingung, sodass eine Abrechnung über ein rosa Rezept in gewissen Indikationen doch möglich ist. Dazu gehört beispielsweise der Wirkstoff Tadalafil. In einer Dosierung von 5 mg pro Tablette hat der Arzneistoff die Indikation benignes Prostatasyndrom bei erwachsenen Männern. Auch der Wirkstoff Alprostadil, ebenfalls in der Unterteilung sexuelle Dysfunktion gelistet, kann bei einer diagnostischen Anwendung abgerechnet werden. Einige Wirkstoffe haben zahlreiche Anwendungsgebiete und können nur innerhalb der in der Anlage angegebenen Indikation nicht zulasten der GKV verordnet werden. Hierzu zählen beispielsweise die beiden Glucocorticoide Triamcinolon und Betamethason. Zur Verbesserung des Haarwuchses übernimmt die Kasse die Kosten nicht, bei anderen Erkrankungen ist eine Verschreibung möglich.
Botulinumtoxin A wird in der ästhetischen Medizin zur Faltenbehandlung eingesetzt. Egal ob Marionettenfalten oder Krähenfüße, das Nervengift glättet alle Falten. Durch gezielte Einspritzung in den Kaumuskel lässt sich sogar die Gesichtsform verändern. Für einige Indikationen gibt es zugelassene Präparate außerhalb der ästhetischen Medizin. Präparate wie Azzalure (Galderma) besitzen ausschließlich die Indikation der Faltenglättung. Andere Hersteller halten hingegen Indikationen wie Blepharospastik oder Spastiken des Fußes und der oberen Extremitäten (Dysport, Ipsen und Botox, Allergan). Der Stoff scheint bei noch mehr Anwendungsgebieten wirksam zu sein und ist Teil zahlreicher Studien. So erwies sich Botox innerhalb der Indikationen Migräne, Hyperhidrose und Bruxismus als wirksam. Beim nächtlichen Zähneknirschen wird eine Kostenübernahme nur innerhalb strenger Rahmenbedingungen genehmigt. Anders bei Migräne – hier werden die Therapiekosten getragen, insofern es sich um eine chronische Migräne mit mindestens 15 Schmerztagen pro Monat handelt.
Für die Indikation einer Botoxtherapie bei Migräne hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) vorerst Eckpunkte verfasst. So hieß es im vorläufigen Stellungnahmeverfahren von 2018: „Vor Anwendung von Botulinumtoxin A zur Migräneprophylaxe sind alle anderen für den individuellen Patienten infrage kommenden prophylaktischen Maßnahmen sorgfältig durchzuführen. Aufgrund des nicht belegten größeren Nutzens einer Anwendung von Botulinumtoxin A im Vergleich zu anderen Maßnahmen ist für die Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit eines Einsatzes von Botulinumtoxin A (§ 12 SGB V) der Vergleich der Kosten der Behandlung ausschlaggebend.“ Dieses Verfahren zur Beurteilung einer Migränetherapie mittels Botulinumtoxin wurde jedoch eingestellt. Für den Patienten bedeutet das, dass Botox aktuell eine Variante darstellt, wenn zwei orale Therapien versagt haben. Laut Leitlinie soll Botox vor den CGRP-Antikörpern Anwendung finden. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist bei einem in der Indikation zugelassenem Präpart möglich.
Die Kosten für verschreibungspflichtige Kontrazeptiva werden von den Kassen bis zum 22. Geburtstag übernommen – sie zählen nicht zu den Lifestyle-Medikamenten. So heißt es in § 24a Absatz 2: „Versicherte bis zum vollendeten 22. Lebensjahr haben Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln.“ Dies gilt jedoch nicht für nicht verschreibungspflichtige Notfallkontrazeptiva, wenn diese ärztlich verordnet sind. Ab dem 18. Geburtstag wird die Zuzahlung fällig und beträgt maximal zehn Euro. Auch eventuell anfallende Mehrkosten für Pille, Verhütungsring & Co. müssen von den Versicherten übernommen werden. Für die Pille gibt es zudem Ausnahmen in der Beschränkung der Verordnungsfähigkeit, denn Kontrazeptiva können in begründeten medizinischen Ausnahmefällen auch für Frauen, die älter als 22 Jahre sind, zulasten der Kasse verordnet werden. Der Arzt ist jedoch nicht zur Angabe der Diagnose verpflichtet.
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