Ist die Abgabe von Teilmengen bei Grippeimpfstoffen erlaubt? Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Verordnet ist eine Impfdosis des saisonalen Grippeimpfstoffes. Die Apotheke hat jedoch nur Packungen zu zehn Stück erhalten. Es liegt der Gedanke nahe, die Packung zu öffnen, die Packungsbeilage zu kopieren und an den Kunden die verordnete einzelne Impfdosis abzugeben. Soviel vorab: So einfach ist es nicht.
Darf die Apotheke auseinzeln? Nach § 6 Absatz 2 Rahmenvertrag dürfen Teilmengen abgegeben werden. Das Gesetz besagt: „Die Abgabe einer Teilmenge aus einer Fertigarzneimittelpackung (Auseinzelung) ist nur auf ausdrückliche ärztliche Anordnung der Auseinzelung zulässig, soweit zwischen den Partnern des Rahmenvertrages nichts anderes vereinbart ist.“ Kurzum: Die Auseinzelung ist nur auf Anweisung des Arztes möglich und muss auf dem Rezept vermerkt werden. Ein Beispiel aus der Praxis ist die Abgabe der Spirale Mirena von Jenapharm.
Beim Auseinzeln handelt es sich klassisch um die Abgabe einer Teilmenge, denn das Arzneimittel wird in Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke nicht verändert. Die Teilmenge wird nicht nach § 4 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) abgerechnet – gleiches gilt für die Verblisterung. Die Apotheke hat also freie Preisgestaltung. Grundlage ist hier das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG), das die Ausnahmeregelung für die Preisbildung ermöglicht: Ausgenommen von der AMPreisV sind demnach „die Preisspannen und Preise der Apotheken, wenn es sich um eine Abgabe handelt von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt“.
Ein Beispiel: Vaxigrip Tetra (Sanofi) kostet als Einzeldosis etwa 23 Euro, die Packung zu zehn Stück kostet etwa 131 Euro. Einzelt die Apotheke auf Anweisung des Arztes aus, trägt sie das finanzielle Risiko, auf den anderen Impfdosen sitzen zu bleiben, und kann dementsprechend den Preis kalkulieren. Analog kann der Preis auch entsprechend der Nachfrage kalkuliert werden und angehoben werden, wenn die Nachfrage hoch und das Angebot knapp ist. Die Impfdosis kann also zwischen etwa 13 Euro und 131 Euro kosten. Im Klartext zahlen Privatpatienten am Ende drauf. Demgegenüber ist bei Kassenrezepten eine Preisvereinbarung mit der Kasse zu treffen und das Rezept mit der Sonder-PZN 02567053 zu bedrucken. Es sei denn, die Kassen führen eine Ausnahmeregelung ein.
Wie kann eine Abgabe von Teilmengen umgangen werden? Die einfachste Lösung wäre ein Kauf der Impfdosen zu zehn Stück durch den Arzt auf Privatrezept. Der Mediziner kann dann in der Praxis die Vakzine an seine Privatpatienten verimpfen und in der Praxis abrechnen. Dabei ist das Steuerrecht zu beachten. Der Arzt einzelt also selbst aus und trägt das finanzielle Risiko.
Wieso sind Einzeldosen knapp? In einigen Bundesländern haben die Impfstoffhersteller erst Einzeldosen ausgeliefert, Apotheken fehlten die Packungen zu 10 und 20 Stück für die Belieferung des Sprechstundenbedarfs. Einzelne Kassen wie die AOK Plus haben eine Ausnahmeregelung getroffen und die Abgabe der Einzeldosis zu Lasten des Sprechstundenbedarfs genehmigt und auf Retax und Regress verzichtet.
Was kann passieren wenn Privatpatienten keine Einzeldosis in der Apotheke bekommen? Es besteht die Möglichkeit, dass der Sprechstundenbedarf, der zur Impfung der Kassenpatienten vorgesehen ist, verwendet wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arzt einen Privatpatienten mit einer Vakzine aus dem GKV-Fundus impft und ihn dann mit einer Verordnung in die Apotheke schickt und dieser die Impfdosis in der Praxis wieder abgeben soll – aber die Apotheke den Patienten nicht beliefern kann. In diesem Fall zahlt die Kasse die Impfdosis des Privatpatienten und der Arzt bekommt die Impfdosis ein zweites Mal vom Patienten erstattet.
Wird ausgeeinzelt, muss die abgebende Apotheke gemäß § 14 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ihren Name und die Anschrift angeben. „Soweit es sich bei den Arzneimitteln um aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen handelt, sind neben der vom Arzneimittelgesetz geforderten Kennzeichnung Name und Anschrift der Apotheke anzugeben.“ Außerdem muss dem Patienten – vorausgesetzt, die entnommene Teilmenge ist zur Anwendung am Menschen bestimmt – gemäß § 11 Arzneimittelgesetz „die für das Fertigarzneimittel vorgeschrieben Packungsbeilage“ mitgegeben werden.
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