Keine Stärkung für Substitutions-Apotheken: Mit Inkrafttreten des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) vom Mai 2017 wurde für Rezepturen ein Festzuschlag von 8,35 Euro eingeführt. Dieser gilt jedoch nicht für alle in der Apotheke hergestellten Arzneimittel. Zubereitungen mit Methadon und Levomethadon gehen leer aus.
Eine Apotheke in Schleswig-Holstein musste eine schmerzliche Erfahrung mit der AOK Nordwest machen. Die Kasse retaxierte den Festzuschlag von 8,35 Euro, den der Apotheker für die Herstellung der Methadon-Lösung im Rahmen der Substitutionstherapie berechnet hatte. Der Einspruch des Apothekers wurde abgelehnt.
Die AOK Nordwest bezieht sich für Methadon zur Substitution Opioidabhängiger auf die Anwendung der Hilfstaxe. „Für Methadon-Lösungen gelten die mit den Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverein vereinbarten Preise nach der Anlage 5 des Vertrages zur Hilfstaxe“, schreibt die Kasse. Methadon ist jedoch in Anlage 4 geregelt – Anlage 5 gilt für Levomethadon. Ein Blick in die Anlagen verrät: Die Preisberechnung für Methadon-Lösungen ist an keine Indikation gebunden, für Anlage 5 und Levomethadon gilt die Berechnung der Einzeldosen „im Rahmen der Substitutionsbehandlung“. Historisch bedingt setzt die Kasse die Verwendung der Anlage 4 ebenfalls für die Subtitutionsbehandlung voraus. Eine Gesetzeslücke, die bislang nicht nachgebessert wurde.
Die AOK Nordwest schreibt weiter: „Diese festgelegten Vertragspreise stellen einen Gesamtpreis dar und keine einzelnen Komponenten gemäß §5 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Methadon-Lösungen zur Substitution von Opiatabhängigen fallen nicht unter den §5 AMPreisV Absatz 3. Ein Fixentgelt von 8,35 Euro gemäß AM-VSG kann nicht berechnet werden. Bei Abgabe entsprechender Methadon-Lösungen an Versicherte der gesetzlichen Krankenkasse sind ausschließlich nur die vereinbarten Preise nach Anlage 5 der Hilfstaxe für Apotheken zwingend zu berücksichtigen“. Heißt demnach: Methadon-Zubereitungen, die nicht zur Substitution, sondern im Rahmen der Schmerztherapie angewendet werden, könnten nach der Äußerung der Kasse nach §5 AMPreisV plus Festzuschlag von 8,35 Euro abgerechnet werden.
Der Festzuschlag gilt laut §5 AMPreisV für „Zubereitungen nach Absatz 3, die nicht Absatz 6 unterfallen“. In Absatz 3 sind unter anderem die Herstellung von Tees und Lösungen ohne Anwendung von Wärme, das Mischen von Flüssigkeiten, die Anfertigung von Pulvern, Pasten, Salben, Mazerationen, Pillen und Zäpfchen sowie das Zuschmelzen von Ampullen aufgeführt. Hier darf der Festzuschlag abgerechnet werden. Ausgenommen in Absatz 6 sind Parenteralia wie Zytostatika, Lösungen mit monoklonalen Antikörpern oder Ernährungslösungen.
Der Apotheker findet den Fall ungerecht und „gegen den Willen der Gesetzgebung“, schließlich „sollten die Apotheken gestärkt werden“. Die Retaxation wird Folgen für die Versorgung haben: Der Apotheker wird künftig keine Substitutionspatienten mehr versorgen. Eine Hürde gibt es dabei jedoch: Denn Take-home-Patienten haben eine freie Apothekenwahl und somit gilt der Kontrahierungszwang. Anders sieht es bei der Sichtvergabe aus, denn hier muss zwischen Arzt und Apotheke eine entsprechende Vereinbarung bestehen, die schriftlich oder elektronisch festgehalten und dokumentiert wurde. Außerdem muss der Arzt das Apothekenpersonal in die Sichtvergabe einweisen und ein Ansprechpartner benannt werden. Gibt es diese Vereinbarung nicht oder wurde gekündigt, darf die Apotheke auch nicht mehr beliefern.
Die Zahl der gemeldeten Substitutionspatienten ist von 2002 auf 2010 kontinuierlich gestiegen. In den ersten Jahren der Meldepflicht stieg die Anzahl von etwa 46.000 auf etwa 77.400 Patienten. Seit 2011 gibt es kaum noch Veränderungen und die Zahl der Patienten ist weitestgehend stabil. Von 2014 auf 2017 gab es nur einen leichten Anstieg von 77.500 auf 78.800 – Stand 1. Juli 2017.
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