Hebammen: Ich brauch das jetzt – ohne Rezept Deniz Cicek-Görkem, 21.09.2018 12:01 Uhr
Ärzte können unter bestimmten Bedingungen verschreibungspflichtige Medikamente ohne ein Rezept bekommen, dabei gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Ausbildung. So darf Veterinärmedizinern beispielsweise kein Insulin für den Eigenbedarf abgegeben werden. Auch Hebammen und Entbindungspfleger können einige Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung erhalten. Wie sieht die Rechtslage hierzu aus?
Die Verschreibungspflicht ist im Arzneimittelgesetz (AMG) und in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) geregelt. Nach § 48 AMG dürfen rezeptpflichtige Arzneimittel nur bei Vorliegen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden. Wenn die Mediziner jedoch selbst Kunde beziehungsweise Patient werden, können sie laut AMVV verschreibungspflichtige Medikamente ohne Rezept kaufen, vorausgesetzt sie legen einen gültigen Arztausweis vor oder der Abgebende hat Gewissheit über die Identität. Doch nicht alles ist erlaubt: Zahn- und Tierärzte etwa dürfen nur in im Rahmen ihrer Approbation verschreiben.
Aber auch Hebammen und Entbindungshelfer werden im Gesetz erwähnt. Sie sind in § 48 AMG Absatz 3 Satz 2 wiederzufinden. Hier ist verankert, dass sie bestimmte verschreibungspflichtige Mittel ohne Rezept erhalten können. „Die Rechtsverordnung [...] kann auf bestimmte Dosierungen, Potenzierungen, Darreichungsformen, Fertigarzneimittel oder Anwendungsbereiche beschränkt werden. Ebenso kann eine Ausnahme von der Verschreibungspflicht für die Abgabe an Hebammen und Entbindungspfleger vorgesehen werden, soweit dies für eine ordnungsgemäße Berufsausübung erforderlich ist.”
Der Anlage 1 der AMVV zufolge dürfen Hebammen und Entbindungspfleger daher vier Wirkstoffe ohne ärztliche Verordnung erhalten: Fenoterol, Lidocain, Methylergometrin und Oxytocin. Das β2-Sympathomimetikum Fenoterol darf diese Kundengruppe zur Hemmung vorzeitiger Wehen (Notfalltokolyse) in Zubereitungen von 25 µg zur Auflösung in 4 ml Infusionslösung zur langsamen Bolusinjektion in einer Packungsgröße von bis zu fünf Ampullen ohne Rezept erhalten.
Das Lokalanästhetikum Lidocain in Form einer subkutanen und intramuskulären Infiltrationsanästhesie dürfen sie zur Durchführung von Dammschnitten und zum Nähen von Dammschnitten und Dammrissen im Rahmen der Geburt in einer Konzentration von bis zu 1 Prozent, einer Einzeldosis von bis zu 10 ml und einer Menge von bis zu 10 ml je Ampulle bekommen.
Weiterhin darf Methylergometrin zur Anwendung bei Nachgeburtsblutungen in einer Konzentration bis zu 0,3 mg/ml und einer Einzeldosis bis zu 1 ml zur Abgabe an Hebammen und Entbindungspfleger für den Praxisbedarf abgegeben werden. Oxytocin darf diese Berufsgruppe ebenfalls zur Anwendung bei Nachgeburtsblutungen allerdings in einer Konzentration bis zu 10 I.E./ml und einer Einzeldosis bis zu 1 ml ohne Rezept erwerben.
Die Ausnahmeregelungen für Hebammen und Entbindungspfleger sind auch in ihrer Berufsordnung (HebBO) wiederzufinden. So sollen freiberuflich Tätige sicherstellen, dass sie diese Arzneimittel entsprechend dem von ihnen angebotenen Tätigkeitsspektrum jederzeit zur Verfügung haben. Die Nachfrage zu diesen Medikamenten dürfte in der Apothekenpraxis allerdings gering sein, da es im Vergleich zu Ärzten viel weniger freiberufliche Hebammen und Entbindungspflegern gibt.