Dokumentation

Fresh-Up: Blutegel Alexandra Negt, 10.08.2021 08:00 Uhr

Blutegel zählen trotz ihrer Anwendung und Ernährung nicht zu den Blutprodukten. Foto: Pixabay
Berlin - 

Eine Therapie mit Blutegeln soll Schmerzen und Entzündungszustände mindern. Durch die Abgabe von zahlreichen Substanzen ins Blut und die Ernährung der Tiere von Blut scheint das Tier zu den Blutprodukten zu gehören. Was muss die Apotheke bei der Abgabe von Blutegeln beachten?

Blutegel sollen bei Gelenkerkrankungen wie Arthrose und Gicht Schmerzen lindern. Auch bei rheumatischen Erkrankungen sollen die blutsaugenden Tiere Erleichterung verschaffen. Häufig werden Egel auch bei Venenerkrankungen eingesetzt, denn die Egel ernähren sich von menschlichem Blut. Während des Saugens geben sie zahlreiche Substanzen in den Körper ab. Die injizierten Proteine sollen verantwortlich für die Symptomlinderung sein. Die genauen Wirkungen der einzelnen Eiweiße sind wenig wissenschaftlich untersucht. Als Ausnahme kann Hirudin angesehen werden. Der Thrombin-Inhibitor wird bereits in der Medizin eingesetzt.

Blutprodukt oder Arzneimittel

Blutegel könnten aufgrund ihrer Ernährung und Wirkungsweise als Blutprodukt eingestuft werden. Als Blutprodukt würden bei der Abgabe auf die Apotheke strenge Dokumentationspflichten zukommen. Doch Blutegel fallen nicht unter das Transfusionsgesetz (TFG). Laut § 2 Abs. 3 TFG zählen die Tiere nicht zu den Blutzubereitungen. Blutegel gelten als apothekenpflichtige und zulassungspflichtige Fertigarzneimittel. Somit gelten alle Regeln des Arzneimittelgesetzes. Beispielsweise muss den Tieren eine Gebrauchsanweisung beigelegt werden.

Dennoch, ganz ohne Dokumentation geht es nicht. Der Hersteller und der Anwender müssen die jeweilige Egel-Charge dokumentieren. Für die Apotheke entfällt somit zwar jegliche Dokumentationspflicht, doch Apotheker:innen und PTA sollten bei der Abgabe auf die notwendige Chargendokumentation hinweisen. Als eine Charge wird die Gesamtheit aller Tiere gezählt, die in einem gemeinsamen Teich/Becken gehalten wurden und mit derselben Charge Blut gefüttert wurden.#

Das Besondere bei Blutegeln: Zwischen der letzten Fütterung und der ersten Anwendung beim Menschen müssen 32 Wochen vergehen. Egel können aufgenommenes Blut monatelang speichern. Der Verdauungsvorgang kann bis zu 1,5 Jahre dauern. Sollte das Tier Erreger aufgenommen haben, so verbleiben diese im Darm und der Blutegel kann für mehrere Monate infektiös sein. „Aus gepooltem Blutegelblut wurde der Nachweis von 11 verschiedenen pathogenen Bakterien und Hepatitis B-Virus erbracht. Blut von Wildegeln, die auf der Haut afrikanischer Fischer gesammelt worden waren, war positiv für HIV und Hepatitis B-Virus. Akute virale Hepatitiden von Menschen in Indien nach Kontakt mit Wildegeln sind beschrieben“, informiert das BfArM.

Dieses Wissen ist wichtig, denn wie bei jedem anderen Arzneimittel auch müssen Apotheker:innen und PTA den Kunden/die Kundin beraten. Hierzu zählt auch die Aufklärung über ein potenzielles Infektionsrisiko. Auch über Nebenwirkungen wie anhaltende Blutungen sollten die Kund:innen aufgeklärt werden. Diese sind Teil der Therapie und sollten nicht frühzeitig gestoppt werden. Erst, wenn die Blutung über längere Zeit anhält, sollte ein Arzt/eine Ärztin aufgesucht werden. Die Blutung dient der Wundreinigung.

Nach der Therapie dürfen die Egel nicht in den Garten oder Wald ausgesetzt werden. Dort könnten sie sich ungewollt vermehren oder andere Menschen oder Tiere beißen. Sie müssen sachgemäß entsorgt werden. Angst vor Schmerzen müssen die Anwender:innen nicht haben. Der Biss an sich kann mit einem Nadelstich verglichen werden. Sollte das Tier nicht sofort ansetzen, so kann der Arzt/die Ärztin oder der Heilpraktiker/die Heilpraktikerin die Hautstelle mit einer Lanzette piksen, um einen Tropfen Blut zu gewinnen. Dieser lockt das Tier an.