Retaxation

Fälschung oder nicht? Die Kasse entscheidet

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Berlin -

Rezeptfälschungen sind inzwischen so nah am Original, dass sie nur schwer als Manipulation zu erkennen sind. Auch wenn bei bestimmten Arzneistoffen die Alarmglocken läuten, kann im Alltag eine Fälschung durchgehen. Erkennt das Rechenzentrum diese oder äußert einen Fälschungsverdacht, hat die Apotheke den schwarzen Peter und bleibt auf den Kosten sitzen. Eine Versicherung gibt es nicht.

Rezeptfälschung ist kein Kavaliersdelikt. Im Gegenteil, hierbei handelt es sich um Urkundenfälschung. Den Tätern droht laut Strafgesetzbuch (StGB) eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe, in besonders schweren Fällen kann eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren verhängt werden. Für Apotheker gilt bei der Rezeptbelieferung eine Prüfpflicht. Verordnungen müssen wie Banknoten im Rahmen der Sorgfaltspflicht geprüft werden.

Erkennt der Apotheker die Fälschung nicht oder hätte diese erkennen müssen, verliert er seien Vergütungsanspruch. Denn eigentlich hätte das Rezept nicht beliefert werden dürfen. Laut Arzneiliefervertrag Hessen § 3 Absatz 9 verlieren Apotheker den Anspruch auf Vergütung. „Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, Lieferungen aufgrund gefälschter Verordnungen zu bezahlen, wenn die Fälschung bei Wahrnehmung der erforderlichen Sorgfalt erkennbar war. Liegen Anhaltspunkte vor, die den Verdacht einer Fälschung begründen oder ergeben sich sonstige Bedenken, ist die Apotheke verpflichtet, das Mittel vorerst nicht abzugeben und den Arzt zu informieren.“ Allerdings werden die erforderliche Sorgfalt oder die Erkennbarkeiten nicht genauer definiert. Das es keine näheren Bestimmungen gibt, hat die Apotheke das Nachsehen, wenn die Kasse oder das Rechenzentrum den Verdacht einer Fälschung haben und die Verordnung mit dieser Begründung retaxieren. Im Zweifel hilft nur noch die Klage gegen die Retaxation.

Der Apotheker verstößt gegen § 17 Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO): „Das pharmazeutische Personal hat einem erkennbaren Arzneimittelmissbrauch in geeigneter Weise entgegenzutreten. Bei begründetem Verdacht auf Missbrauch ist die Abgabe zu verweigern.“ Auch § 21 ApoBetrO zur Abwehr von Arzneimittelrisiken ist berührt.

Rezeptfälschungen können kopiert oder gedruckt sein. In einigen Fällen sind sie an Unstimmigkeiten in Bezug auf die Versichertendaten zu erkennen:

  • Adressangaben fehlen vollständig
  • das Geburtsjahr des Patienten ist nicht zweistellig aufgedruckt
  • der Versichertenstatus passt nicht zum Alter des Patienten
  • falscher Versicherungsstatus: Status 1 für Versicherungspflichtige und -berechtigte, 2 für Familienversicherte und 3 für Rentner.

Auch auf den Arztstempel muss besonderes Augenmerk gelegt werden. So kann es sein, dass die Telefonnummer nicht zur Praxis passt. Aktuell wurde in einer Apotheke in Neustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) eine Verordnung angeblich ausgestellt von „Doktor Quincy Hund” vorgelegt.

Außerdem kann die Magnetcodierung am rechten unteren Rand des Muster-16-Formulars fehlen. Rezeptfälscher versuchen ihr Glück bevorzugt an einem Mittwochnachmittag, im Notdienst, kurz vor Ladenschluss oder am Wochenende. Apothekenmitarbeiter haben dann meist keine Möglichkeit, mit dem Arzt Rücksprache zu halten und die Verordnung zu verifizieren. In einigen Fällen wird auch der Lagerstatus der Arzneimittel vorab telefonisch nachgefragt.

Zu den üblichen Verdächtigen gehören Schmerzmittel wie Tramadol, Tilidin, Pregabalin oder Opiate. Die Täter verschaffen sich Drogen sowohl zum Eigengebrauch als auch zum Verkauf. In diesen Bereich fallen beispielsweise Benzodiazepine wie Diazepam, Alprazolam oder Bromazepam, aber auch andere schlafanstoßende und angstlösende Substanzen wie Zopiclon und Zolpidem. Auch Psychopharmaka und Antidepressiva wie Haloperidol, Fluoxetin oder Amitriptylin fallen auf. Der Dopaminagonist Pramipexol, der zur Behandlung der Parkinson-Krankheit eingesetzt wird, besitzt ebenfalls ein Missbrauchspotenzial, denn der Arzneistoff besitzt psychotrope und libidosteigernde Eigenschaften.

Wer kein gutes Bauchgefühl hat und an der Richtigkeit der Verordnung zweifelt, kann zur Sicherheit die Patientendaten abfragen. Werden die Betrüger unsicher oder fordern ihr Rezept zurück, um schnell wieder zu verschwinden, konnte sich das mulmige Gefühl bestätigen.

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