Erbschaftsteuerreform

Weniger Steuerlast für Großapotheken Alexander Müller, 22.09.2016 14:22 Uhr

Berlin - 

Gute Nachricht für Apotheker: Künftig wird es leichter, größere Betriebe steuerfrei zu vererben. Bund und Länder haben sich endlich auf eine Reform der Erbschaftsteuer verständigt. Demnach wird der Faktor bei der Betriebsbewertung gedeckelt. Bundestag und Bundesrat müssen den Plänen allerdings noch zustimmen.

Umstritten war zuletzt noch die Unternehmensbewertung. Aktuell wird im sogenannten Ertragswertverfahren das Betriebsergebnis mit einem Faktor von 17,86 multipliziert. Dadurch entstehen deutlich überhöhte Unternehmenswerte, die bei der Erbschaftsteuer ins Gewicht fallen können.

Der Kapitalisierungszinssatz wird jährlich angepasst. Nach dem jetzt gefundenen Kompromiss wird daraus resultierend aber höchstens ein Faktor von 13,75 veranschlagt. Zuvor war sogar der Faktor von maximal 12,5 vorgesehen, das war den Kritikern aber zu wenig. Der Bundesrat lehnte diesen Entwurf mit den Stimmen der SPD-geführten Länder ab.

Von der jetzt geplanten Regelung können vor allem größere Apotheken profitieren. 85 Prozent des veranschlagten Unternehmenswertes können weiterhin steuerfrei vererbt werden. Für den Rest gibt es einen Freibetrag von 150.000 Euro. Dieser wird allerdings abgeschmolzen: Die Hälfte des Betrages oberhalb des Freibetrags wird von diesem abgezogen. Vereinfacht: Apotheken mit einem Wert von zwei Millionen kommen überhaupt nicht mehr in den Genuss des Freibetrags.

Daran soll sich auch nach der Reform nichts ändern. Doch wegen des geringeren Faktors wird der Wert höhere Wert nicht mehr so schnell erreicht. Die neu ermittelten Werte dürften die Realität zudem deutlich besser abbilden. Die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover veranschlagt bei der betriebswirtschaftlichen Bewertung – etwa vor einem Verkauf – zum Beispiel den Faktor 13.

Unabhängig von Faktor und Freibetrag können Apotheken auch künftig steuerfrei vererbt werden, wenn der Betrieb sieben Jahre fortgeführt wird. Allerdings müssen nach den Plänen des Gesetzgebers neuerdings auch kleinere Unternehmen belegen, dass innerhalb der gesetzlichen Frist der Personalstand gehalten wird. Die sogenannte Verschonungsregelung wird neu gefasst.

Nach der bisherigen Regel werden Nachfolger zu 85 oder 100 Prozent von der Erbschaftsteuer befreit, wenn sie das Unternehmen fünf beziehungsweise sieben Jahre fortführen. Allerdings müssen Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern dies bislang nicht belegen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte das bereits Ende 2014 für unzulässig erklärt.

Künftig sollen nur noch kleine Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern von diesem Nachweis befreit werden. Neu eingeführt wird eine Gruppe von Betrieben mit sechs bis zehn Mitarbeitern. Um von der Steuer befreit zu werden, muss der Erbe innerhalb von fünf Jahren 250 Prozent der Lohnsumme erhalten – also etwa die Hälfte der Mitarbeiter. Für Apotheken zwischen 11 und 15 Mitarbeitern sollte der neue Wert bei 300 Prozent der Lohnsumme liegen.

Das BVerfG hatte dem Gesetzgeber aufgetragen, bis Ende Juni 2016 eine Reform zu verabschieden. Der Gesetzgeber ließ diese Frist verstreichen – der von der Regierung zunächst vorgelegte Entwurf war für die Finanzminister der Länder nicht akzeptabel. SPD, Grüne und Linke hatten die Reform kritisiert. Nach langem Ringen haben sich Bund und Länder jetzt auf eine Erbschaftsteuerreform der verständigt.

Jetzt könnte es sehr schnell gehen: Bundestag und der Bundesrat könnten schon an diesem Freitag im Eilverfahren über den Vorschlag entscheiden. Das BVerfG hatte eine letzte Frist bis Ende September gesetzt. Danach hätten sich die Karlsruher Richter selbst der Sache angenommen. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer bringt dem Staat jährlich fünf bis sechs Milliarden Euro. Die Einnahmen stehen den Ländern zu.