Einzelimport: An alles gedacht? APOTHEKE ADHOC, 09.05.2018 09:11 Uhr
Apotheken dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Arzneimittel importieren. Dies kann beispielsweise notwendig sein, wenn das Medikament auf dem deutschen Markt nicht verfügbar ist. Wann ein Rezept nötig ist und wer zahlt, erklärt der folgende Apo-Tipp.
In deutschen Apotheken sind nur Arzneimittel zu finden, die eine nationale Zulassung haben. In Ausnahmefällen ist es jedoch nach § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) ein Einzelimport gestattet – vorausgesetzt, es handelt sich um eine Bestellung für eine Einzelperson und das Produkt wurde im Exportland rechtmäßig in den Verkehr gebracht. Gibt ein Apotheker ein Importarzneimittel ab, kann dieser haftbar gemacht werden, da die Gefährdungshaftung des Herstellers nicht greift. Der Apotheker muss Qualität und Identität des Arzneimittels garantieren sowie Arzt und Patient über ein bekanntes Risiko informieren.
Zum Import berechtigt sind Apotheken, wenn es in Deutschland für das Indikationsgebiet kein vergleichbares Arzneimittel in Bezug auf Wirkstoff und Wirkstärke gibt. In Zeiten von Lieferengpässen darf das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die zuständige Behörde ermächtigen, die Versorgungslücke über Importe zu schließen – auch wenn es in Deutschland ein zugelassenes Konkurrenzprodukt gibt. Dies ist bereits mehrfach geschehen. Apotheker dürfen jedoch nicht auf Vorrat importieren. Eine Ausnahmeregelung gibt es für Krankenhaus- und krankenhausversorgende Apotheken.
Ein Einzelimport ist für Arzneimittel möglich, die beispielsweise aus wirtschaftlichen Gründen vom deutschen Markt genommen wurden, weil ihnen ein Zusatznutzen abgesprochen wurde und sich daher die Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband schwierig gestalten können. Ein Importverbot gilt für Präparate, für die eine Dopingsperre verhängt wurde. Zudem muss die Verordnung über transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) erfüllt sein. Arzneimittel, deren Zulassung widerrufen wurde, dürfen ebenfalls nicht importiert werden.
Auf Kundenwunsch oder ärztliche Verschreibung können geringe Mengen, die den persönlichen Bedarf decken, importiert werden. Ein Rezept – Kassen- oder Privatrezept – ist nicht immer nötig. Wird ein Medikament aus einem EU-Land importiert, gilt die deutsche Arzneimittelverschreibungsverordnung. Ist das Medikament hierzulande nicht verschreibungspflichtig, benötigt der Patient kein Rezept, selbst wenn das Präparat im Ausland Rx ist. Gilt in Deutschland die Verschreibungspflicht, wird auch eine Verordnung benötigt. Wird das Produkt jedoch aus einem Land, das nicht zur EU oder zum europäischen Wirtschaftsraum gehört, importiert, ist immer ein Rezept erforderlich.
Einzelimporte können zu Lasten der Kassen abgerechnet werden, vorausgesetzt es wurde vor Abgabe ein Antrag auf Kostenübernahme gestellt und diese bestätigt. Fehlt die Zusage der Kostenübernahme zum Zeitpunkt der Abgabe, kann dies dem Apotheker teuer zu stehen kommen und dieser mitunter auf den Kosten sitzen bleiben. Daher empfiehlt es sich, bis zum Zeitpunkt der Zusage die Verordnung wie ein Privatrezept zu behandeln und den Kunden gegebenenfalls in Vorleistung gehen zu lassen. Im Nachgang kann sich bei erteilter Zusage um die Rückerstattung gekümmert werden. Die Rezeptgebühr von minimal fünf Euro und maximal zehn Euro muss jedoch in jedem Fall vom Kunden selbst geleistet werden, sofern keine Zuzahlungsbefreiung vorliegt.
Für Ersatzkassen gilt: Ein Einzelimport ist grundsätzlich nur dann erstattungsfähig, wenn eine Genehmigung vorliegt. Hat der Kunde diese noch nicht, kann sie auch von der Apotheke eingeholt werden. Auch wenn für die Primärkassen einzelne Regionalverträge gelten, ist eine Genehmigung zu empfehlen, um mögliche Retaxationen zu vermeiden. Die Erteilung der Genehmigung kann einige Zeit dauern, da die Krankenkassen mitunter den Medizinischen Dienst (MDK) mit der Prüfung beauftragen. Medikamente zum Dauergebrauch sollten daher rechtzeitig beantragt werden.
Die Genehmigung ist eine Einzelfallentscheidung. Die Kostenübernahme kann zum Zeitpunkt der Bestellung beantragt werden – gefordert sind meist drei Angebote von verschiedenen Importeuren, die spätestens bei der Rezeptabrechnung vorliegen müssen.
Der Preis des Importarzneimittels wird gemäß Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) berechnet. Dieser ergibt sich aus: Apotheken-Einkaufspreis (AEK) + 3 Prozent + 8,35 Euro + 0,16 Euro. Auf diesen errechneten Apotheken-Netto-Verkaufspreis werden 19 Prozent Mehrwertsteuer aufgeschlagen. Zuletzt war vor Gericht ein Streit darüber entbrannt, wie hoch der AEK bei Einzelimporten sein darf.
Wird das importierte Arzneimittel zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet, muss für verschreibungspflichtige Arzneimittel die Sonder-PZN 09999117 aufgedruckt werden. Wird ein nicht verschreibungspflichtiger Einzelimport beim Kostenträger abgerechnet, ist die Sonder-PZN 09999206 auf der Verordnung zu vermerken. In jedem Fall ist die Abgabe zu dokumentieren. Zugrunde liegt Paragraph 18 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO).
Protokolliert werden müssen: Bezeichnung des eingeführten Arzneimittels, Name sowie Anschrift des Herstellers sowie des Lieferanten, Chargenbezeichnung, Menge und Darreichungsform des Arzneimittels, Name und Anschrift des Patienten sowie des verschreibenden Arztes oder Tierarztes, Datum der Bestellung und Abgabe, Namenszeichen des abgebenden oder beaufsichtigendem Apothekers.