Im September 2020 wurden die Versorgungsstrukturen Hämophilie-Betroffener geändert. Seit einem Jahr beliefern Apotheken – und nicht mehr Hämophiliezentren – die Patient:innen mit Faktorpräparaten. Apotheken, die nicht regelmäßig Faktorpräparate abgeben, stehen mitunter vor einigen Herausforderungen.
Hämophilie ist eine X-chromosomal-rezessiv vererbte Erkrankung. Deshalb sind fast ausschließlich männliche Personen von dem Gerinnungsdefekt betroffen. Behandelt wird das Leiden durch die Substitution der entsprechenden Faktoren. Bei der Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII, bei der Hämophilie B der Faktor IX. Die entsprechenden Präparate werden vom Patienten oder Angehörigen intravenös appliziert.
Neben der Beratung muss die Apotheke seit einem Jahr auch die Abgabe – und damit die richtige Zusammenstellung und Stückelung – übernehmen. Beim Präparat Hemlibra (Emicizumab, Roche) kann es hierbei zu Problemen kommen, denn das Medikament wird anders als die restlichen Faktorpräparate zusammengefasst.
Damit Patient:innen keine enorm hohen Beträge zuzahlen müssen, können Apotheken Faktorpräparate bündeln und eigenständig N1, N2 und N3 „Bündelungen“ zusammenstellen. Festgehalten ist diese Ausnahme in § 3 PackungsV: „Fertigarzneimittel, die nach § 47 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a des Arzneimittelgesetzes vom ausschließlichen Vertrieb über Apotheken freigestellt sind, und Arzneimittel zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie können, soweit sie nach § 5 entsprechend gekennzeichnet sind, auf Grund einer ärztlichen Verordnung im Rahmen der Messzahlen zusammengestellt werden. Die Abgabe dieser Packungen gilt im Sinne dieser Verordnung als Abgabe einer Einzelpackung.“
Hemlibra weist eine andere Normgrößen-Bündelung auf als die anderen Faktorpräparate. Normalerweise stellt ein Stück eine N1 Größe dar, bei Hemlibra definiert sich die N1-Größe in zwei Stück.
Faktorpräparate:
N1: 1 Stück, N2: 5 bis 6 Stück, N3: 29 bis 30 Stück
Hemlibra:
N1: 2 Stück, N2: 4 Stück, N3: 11 bis 12 Stück
Für Hemlibra ergibt sich somit folgendes Zuzahlungs- und Abgabeschema:
Verordnet 1 Stück: Abgabe 1x1Stück, Zuzahlung 10 Euro
Verordnet 2 Stück: Abgabe 1xN1, Zuzahlung 10 Euro
Verordnet 3 Stück: Abgabe 1xN1 und 1Stück, Zuzahlung 20 Euro
Verordnet 4 Stück: Abgabe 1xN2, Zuzahlung 10 Euro
…
Verordnet 10 Stück: Abgabe 2xN2 plus 1xN1, Zuzahlung 30 Euro
Verordnet 12 Stück: Abgabe 1xN3, Zuzahlung 10 Euro
Ist die Abgabe erfolgt, muss die Apotheke diese noch dokumentieren. Bereits vor der Abgabe muss der Lagerbestand mit Chargenbezeichnung dokumentiert werden. Gemäß § 17 Abs. 6a ApBetrO müssen Apotheken den Erwerb und die Abgabe „von Blutzubereitungen, Sera aus menschlichem Blut und Zubereitungen aus anderen Stoffen menschlicher Herkunft sowie Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie“ dokumentieren. Folgende Punkte sind festzuhalten:
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