Cystitis: Selbstmedikation und ihre Grenzen APOTHEKE ADHOC, 21.10.2019 14:54 Uhr
Brennen beim Wasserlassen und häufiger Harndrang mit nur geringen Urinmengen sind ein häufiges Problem bei Frauen. Eine Cystitis kommt meist plötzlich und ungelegen. Häufig versuchen Betroffene, sie in der Selbstmedikation zu behandeln. Doch wo liegen die Grenzen und wann droht eine rezidivierende Infektion? Ein Überblick.
Im Laufe des Lebens erkrankt jede zweite Frau mindestens einmal an einer Blasenentzündung, bei jeder vierten Betroffenen ist der Infekt sogar rezidiv. Die Beschwerden sind meist sehr typisch und leicht zu erkennen: Es kommt zu Brennen beim Wasserlassen und ständigem Harndrang – meist werden unter Schmerzen jedoch nur geringste Mengen Urin ausgeschieden. Oft werden die Beschwerden von krampfartigen Schmerzen im Bauch- oder Rückenbereich begleitet. Der Urin ist oft trüb, manchmal weist er auch einen unangenehmen Geruch auf.
Im schlimmsten Fall ist der Urin blutig, bei schweren Infekten kommt häufig auch Fieber hinzu. In diesen beiden Fällen sollten Betroffene nicht mehr selbst behandeln, sondern einen Arzt aufsuchen. Gleiches gilt für Schwangere. Bei solch schwerwiegenden Entzündungen ist meist die Verordnung eines Antibiotikums notwendig, um die Erreger in den Griff zu bekommen.
Ursache für eine Cystitis sind meist Bakterien: Escherichia coli kann unkomplizierte und komplizierte Infekte verursachen. Enterokokken, Staphylokokken und Pseudomonas lösen meist komplizierte Harnwegsentzündungen aus. Einige Faktoren erhöhen das Risiko, eine Cystitis zu entwickeln: Dazu zählen beispielsweise Diabetes, eine übertriebene Intimhygiene, bestimmte Arzneimittel, Östrogenmangel in den Wechseljahren oder Katheterisierung.
Auch häufiger Geschlechtsverkehr kann ein Risikofaktor sein. Bekannt ist in diesem Zusammenhang der Begriff der sogenannten „Honeymoon Cystitis“: Sie kann durch die Verwendung von Diaphragmen oder Spermizide verstärkt auftreten. Zur Vorbeugung kann es helfen, nach dem Geschlechtsverkehr zur Toilette zu gehen, um Bakterien aus der Harnröhre zu spülen.
Eine unkomplizierte Infektion, welche mit häufigem Wasserlassen und nur geringen Harnmengen einhergeht, kann in der Regel im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden. Grundlage dafür ist, dass keine funktionellen oder anatomischen Anomalien im Harntrakt vorhanden sind und keine Nierenfunktionsstörungen vorliegen. Im Rahmen der Selbstmedikation stehen verschiedene Präparate zur Verfügung. In die S3-Leitlinie wurden pflanzliche Arzneimittel und Mannose aufgenommen. Bei allen unkomplizierten Harnwegsinfekten steht neben der Schmerzlinderung, zum Beispiel mit Ibuprofen, vor allem die Durchspülungstherapie im Vordergrund. Diese wird mit Nieren- und Blasentees durchgeführt, um die Harnmenge zu erhöhen.
Im Rahmen der Phytotherapeutika stehen verschiedene Arzneipflanzen als Mono- und Kombipräparate zur Verfügung. Bärentraubenblätter enthalten die Substanz Arbutin: Diese besitzt antibakterielle und desinfizierende Eigenschaften. Bei längerer Anwendung kann es jedoch zu gastrointestinalen Beschwerden wie Magenreizungen oder Obstipation kommen. Arbutin wird im Körper zu Hydrochinon umgewandelt, welches als leberschädigend und krebserregend gilt. Daher sollte es nur kurzzeitig und nicht häufiger angewendet werden. Die Leitlinie beschränkt den Einsatz von Bärentraubenblättern auf maximal einen Monat pro Jahr. Die Gebrauchsinformationen enthalten einen Hinweis auf die Anwendungsbeschränkung. Die Produkte sollten nicht länger als eine Woche und nicht häufiger als fünfmal im Jahr angewendet werden.
Neben Bärentraubenblättern wird auch Goldrutenkraut zur Behandlung unkomplizierter Blasenentzündungen eingesetzt: Das Kraut besitzt diuretische, spasmolytische und antiphlogistische Eigenschaften und ist in Tees sowie verschiedenen Präparaten enthalten. Weitere Bestandteile können auch Tausendgüldenkraut, Liebstöckel oder Rosmarin sein. Die S3-Leitlinie empfiehlt außerdem den Einsatz der Kombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel: Den enthaltenen Senfölen werden antibakterielle und antivirale Eigenschaften zugesprochen.
2017 wurde auch der Zucker D-Mannose in die Empfehlung aufgenommen: Die Wirksamkeit wurde im Vergleich zu Nitrofurantoin bestätigt. Mannose konnte eine dem Antibiotikum gleichwertige Wirkung erzielen – mit signifikant weniger Nebenwirkungen. D-Mannose wird unverändert aus dem Körper wieder ausgeschieden und nicht resorbiert. Der Zucker soll die Bakterien ummanteln und somit verhindern, dass sich diese in den Schleimhäuten anheften können. Mit dem Urin werden dann D-Mannose und eingeschlossene Bakterien ausgespült. Mannose kann daher auch bei häufig rezidivierender Cystitis empfohlen werden.
Für Cranberry-Präparate wurde bisher keine Empfehlung ausgesprochen, da die Studienergebnisse widersprüchlich sind. Dennoch werden Cranberry-Präparate häufig als Kapseln, Pulver oder Saft bei unkomplizierten Blasenentzündungen eingesetzt.